StVO StVO: Spurwechsler auf Kollisionskurs

München/Stuttgart/dpa. - Dasheißt nicht, dass Verkehrsteilnehmer damit keineswegs ins Schleudernkommen. Zudem gibt es Verkehrssituationen, in denen dieStraßenverkehrsordnung (StVO) weit weniger klare Vorgaben macht. Dazugehören der zeitgleiche Spurwechsel auf Autobahnen und mehrspurigenStraßen sowie das gleichzeitige Auf- und Abfahren an Autobahnkreuzen.
Grundsätzlich gilt auch auf mehrspurigen Straßen in Deutschlanddas Rechtsfahrgebot. Das heißt: Nach dem Überholen eines langsamerenFahrzeugs müssen Autofahrer sobald wie möglich wieder auf die rechteSpur wechseln, erklärt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer in München.Links bleiben dürfen sie nur, wenn innerhalb von 10 bis 20 Sekundenkein Einscheren nach rechts ohne Tempoverringerung möglich ist.
Auf dreispurigen Fahrbahnen darf laut Maurer auch auf dermittleren Spur gefahren werden, wenn ganz rechts «hin und wieder»Fahrzeuge auftauchen. Zu überholende Fahrzeuge und der nachfolgendeVerkehr dürfen beim Ein- und Ausscheren nicht behindert werden.Gegebenenfalls muss der Spurwechsler mit seinem Manöver warten. LautStVO darf ein Fahrstreifen nur dann gewechselt werden, wenn dabeiniemand gefährdet oder wesentlich behindert wird.
Wer aber hat Vorfahrt, wenn auf einer dreispurigen Fahrbahn zweiAutofahrer gleichzeitig auf die Mittelspur wechseln wollen - der einevon links, der andere von rechts? «Das ist ein Problem, das derGesetzgeber nicht gelöst hat», sagt ADAC-Sprecher Maurer. In solcheiner Situation habe ein Autofahrer nur dann klares Vorfahrtsrecht,wenn er einen deutlichen Vorsprung hat. Ansonsten müssten sich dieAutofahrer untereinander verständigen, zum Beispiel per Handzeichen.
Gleiches gilt laut Maurer an Autobahnkreuzen, an denen die Aus-gleichzeitig die Auffahrtspur in eine Richtung ist und sich ein Auf-und ein Abfahrender auf einander kreuzenden Kursen begegnen.Ansonsten ist hier die Vorfahrtsfrage klar: «Auffahren darf man aufdie Autobahn nur dann, wenn dadurch der Verkehr nicht behindertwird», erklärt Maurer. «Der Autobahnverkehr hat Vorrang. DerAuffahrende darf sich nicht einfach dazwischendrängeln.» Notfallsmüsse er am Ende der Auffahrtsspur anhalten und eine Lücke abwarten.
Maurer erinnert daran, die Beschleunigungsspur beim Auffahren aufeine Autobahn auch tatsächlich als solche zu nutzen: also kräftig Gaszu geben, um schnell auf Geschwindigkeit zu kommen, und erst am Endeder Spur auf die Autobahn zu wechseln - und nicht etwa mit Tempo 50sofort 'rüberzuziehen.
Solche «notorischen Ignoranten» gebe es unter den Spurwechslernviele, beklagt Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE) inStuttgart: «Sie wechseln ohne jede "Rück"-Sicht und ohne zu blinkenplötzlich den Fahrstreifen. Andere Kraftfahrer werden dadurch böseüberrascht, müssen häufig scharf bremsen und sich selbst gefährden.»Schließlich müssten sie seitlich ausweichen, um eine Kollision mitdem Spurwechsler zu vermeiden. Bei viel Verkehr kann das aber zuUnfällen mit Fahrzeugen auf der anderen Nebenspur führen.
Hillgärtner und Maurer plädieren daher für Rücksichtnahme beimSpurwechsel. Auf mehrspurigen Straßen in Städten seien Ortsfremdeohne das Entgegenkommen anderer Verkehrsteilnehmer oftaufgeschmissen, sagt Hillgärtner. In der Ferienzeit gilt Ähnlichesauf den Fernstraßen, wo dann viele ungeübte Autobahnfahrer unterwegssind. Nicht nur mit Spurwechseln haben sie wenig Erfahrung undverhalten sich daher oft entsprechend unsicher.
Gegenseitige Rücksichtnahme ist in einer anderenSpurwechsel-Situation sogar vorgeschrieben: Nämlich dann, wenn sichauf der Autobahn etwa vor einer Baustelle eine Fahrspur verengt. Dannmuss nach Angaben des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) in Bonnnach dem Reißverschlussverfahren eingefädelt werden. Dabei fahrenimmer abwechselnd Fahrzeuge der frei bleibenden und der einfädelndenSpur.
Wichtig ist laut DVR, dass die Fahrzeuge erst unmittelbar vor demEnde der blockierten Spur einfädeln. «Für den Verkehrsfluss ist eshinderlich und falsch, sich weit vor einer Verengung einzuordnen»,heißt es. Im Gegenzug muss der fließende Verkehr das Einfädeln auchermöglichen: «Entgegen der immer noch weit verbreiteten Meinungverhalten sich nicht diejenigen verkehrswidrig, die bis zurEinmündung vorziehen, sondern diejenigen, die diese Fahrer nichteinfädeln lassen», so der DVR. Diesen Fahrern drohe eine Geldbuße.
Um Spurwechsel-Situationen generell zu entschärfen, empfiehltMaximilian Maurer vom ADAC, immer zuerst in die Rückspiegel zuschauen sowie den Schulterblick zu der Seite, zu der man wechselnmöchte, zu beherzigen. Ist die Bahn frei, wird der Blinker gesetzt -erst danach die Spur gewechselt. «Auf keinen Fall sollte man sich aufdas verlassen, was die Mitfahrer sagen. Deren Einschätzung ist oftganz anders.»
