Straßenverkehr Straßenverkehr: Bei 18 Punkten gibt es die Rote Karte
Halle (Saale)/MZ. - Leider ist die erzieherische Wirkung nach einer Verkehrssünde meist höher, wenn ein Delikt mit Punkten statt nur mit Geld bestraft wird. Der drohende Verlust des Führerscheins ist sehr nachhaltig. Bestraft werden kann ein Vergehen mit ein bis sieben Punkten gleichzeitig. Für Ordnungswidrigkeiten (Parkverstöße, Handytelefonate, technische Fahrzeugmängel) kann es einen bis vier Punkte geben, für Straftaten (Alkoholfahrten, schwerwiegende Fahrerflucht) fünf bis sieben Punkte.
Gesammelt und registriert werden die Punkte seit 1951 im Verkehrszentralregister beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg. Eingetragen werden alle rechtskräftigen Ordnungswidrigkeiten ab 40 Euro und rechtskräftige Straftaten. Verwarnungen, die mit bis zu 35 Euro geahndet werden können, werden nicht in die Verkehrssünderkartei eingetragen.
Für belehrbare Kraftfahrer hat der Gesetzgeber eine Brücke gebaut: Mit einem Bonussystem können sie durch den Besuch von Aufbauseminaren Strafpunkte abbauen. Dabei führt die freiwillige Teilnahme zum Punkteabzug. Die Schulung umfasst vier Sitzungen a 135 Minuten und eine 30-minütige Fahrprobe. "Das Manöver hat allerdings seinen Preis", wie Bärbel Dreyer, Leiterin der Führerscheinstelle in Halle, betont. Etwa 100 bis 300 Euro müsse man für den Besuch eines solchen Aufbauseminars in der Region schon einplanen.
Empfehlenswert ist ein Aufbauseminar, das in besonders autorisierten Fahrschulen angeboten wird, bei einem Kontostand ab acht Punkten. Bei diesem Limit erhält der Autofahrer von der Fahrerlaubnisbehörde kostenpflichtig eine Verwarnung zugeschickt und wird auf die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme hingewiesen. Wer das Seminar erfolgreich absolviert, der wird mit dem Abzug von vier Punkten belohnt. Die Teilnahme und der Punkterabatt werden im Verkehrszentralregister gespeichert.
Bonus nach Seminar
Wer schon neun bis 13 Strafpunkte gesammelt hat, kann sich im Seminar nur einen Bonus von zwei Punkten erarbeiten. "Ein Punkte-Guthaben kann sich der Autofahrer allerdings nicht anlegen", sagt Dreyer. Im Paragraph 4, Absatz 4, des Straßenverkehrsgesetzes sei festgelegt, dass ein Punkteabbau nur bis zum Erreichen von null Punkten zulässig ist. Und: Der Besuch eines freiwilligen Aufbauseminars oder einer verkehrspsychologischen Beratung führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punkteabzug. Es nützt also nichts, wenn jemand kurz hintereinander die Schulbank drückt in dem Glauben, er könne so die doppelte Punktezahl tilgen. Keine Wahlmöglichkeit bleibt Verkehrssündern, die in der Flensburger Kartei 14 bis 17 Punkte vermerkt haben. Ihnen wird die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet, ohne dass deshalb Punkte abgezogen werden.
Nachsitzen ist teuer
Punkte abbauen können betroffene Autofahrer nur, wenn sie freiwillig zu einer verkehrspsychologischen Beratung gehen, die etwa 300 Euro kostet. "Wer zwischen 14 und 17 Strafpunkte angehäuft hat, kann mit der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung immerhin zwei Punkte tilgen", erklärt Antje Döhner, Tüv-Süd-Pluspunkt-Gebietsleiterin Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.
Wer die Fahrerlaubnis aufgrund eines übervollen Flensburger Punktekontos verliert, gibt auf dem Weg zurück zum Führerschein durchschnittlich rund 7 500 Euro aus. Das hat eine Befragung des Tüv Süd unter 120 Betroffenen ergeben. "Diese Summe enthält die primären Kosten wie Geldstrafen, Gebühren, Verdienstausfall, Kosten für Anwalt und die Medizinisch-Psychologische Untersuchung", sagte Döhner.
Wer durch die Bestrafung mit Punkten geläutert ist und sich im Straßenverkehr nichts mehr zuschulden kommen lässt, der kann ganz gelassen sein: Punkte im Zentralregister werden gelöscht. "Wenn nach bis insgesamt höchstens sieben Punkten wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit keine neuen Punkte hinzukommen, werden sie nach zwei Jahren automatisch gelöscht", erklärt Bärbel Dreyer. Die Strafe habe ihren Sinn erfüllt, der Fahrer habe innerhalb von 24 Monaten bewiesen, dass sein Fehlverhalten ein Ausrutscher war und er ansonsten diszipliniert und regelgerecht am Straßenverkehr teilnimmt.
Die Frist für die mögliche Punktetilgung beginnt immer am Tattag. Wer beispielsweise am 15. November 2008 wegen zu schnellen Fahrens erstmals zwei Punkte gefangen hat und sich danach nichts mehr hat zu Schulden kommen lassen, der kann davon ausgehen, dass diese Punkte am 15. November 2010 automatisch gelöscht werden.
Wenn allerdings ein Gericht die Erteilung einer Fahrerlaubnis auf Zeit untersagt oder ein Fahrverbot angeordnet hat, so bleibt diese Tatsache fünf Jahre lang im Verkehrszentralregister eingetragen. Erst danach werden die Punkte getilgt. Die Frist beträgt gar zehn Jahre, wenn ein Verkehrssünder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist.
Der Beginn der Tilgungsfristen ist im Paragraph 29 Absatz 4 des Straßenverkehrsgesetzes geregelt. Die Frist beginnt bei strafgerichtlichen Verurteilungen mit dem Tag des ersten Urteils. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis beziehungsweise der Anordnung einer Sperre beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens nach fünf Jahren nach der Entscheidung. Bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten beginnt die Frist mit dem Tag der Rechtskraft. Bei Aufbauseminaren und verkehrspsychologischen Beratungen beginnt die Frist mit dem Tag der Ausstellung der Bescheinigung.
Überliegefrist
Wer sich nach seinem Punkte-Konto erkundigt und eine vermutete Löschung vermisst, muss die sogenannte Überliegefrist bedenken. Nach ihr müssen die Eintragungen im Verkehrszentralregister nach Ablauf der Tilgungsfristen noch ein Jahr "aufbewahrt" werden. Damit soll verhindert werden, dass Eintragungen aus dem Register getilgt werden, obwohl bereits eine erneute Zuwiderhandlung begangen wurde, die noch nicht angezeigt war.