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Soundsystem Soundsystem: Bass-Gewummer bis zum Knall

28.03.2006, 13:48
Laute Musik lenkt vor allem im Stadtverkehr ab - das Unfallrisiko steigt deutlich. (Foto: dpa)
Laute Musik lenkt vor allem im Stadtverkehr ab - das Unfallrisiko steigt deutlich. (Foto: dpa) DVR

Freiburg/München/dpa. - Viele Fahrer bedenken nicht, dasssie dadurch ihren Ohren schaden und sich Verkehrsrisiken aussetzen.

«Wer sich auf Dauer im Auto "zudröhnt", dem droht, dass er einenbleibenden Gehörschaden davonträgt», warnt Michael Deeg, Sprecher desDeutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte in Freiburg.Selbst die ab Werk eingebauten Anlagen erreichten Lärmpegel «deutlichüber dem Gehör schädigenden Maximum». Das schafft zwar auch dasSystem zu Hause. Das Risiko, Hörschäden zu erleiden, sei aber im Autopotenziell viel größer: «Der Raum ist kleiner und in sichabgeschlossen. Dadurch wird ein viel größerer Schalldruck aufgebaut.»

Dieser Druck trifft im Ohr nahezu ungemindert auf die Hörzellen.Auf Dauer kommt dabei es laut Deeg zum «Schwellenschwund-Phänomen»:Die Betroffenen nehmen auch bei Stille ein permanentes Rauschen wahr.«Die Sinneszellen haben durch die Einwirkung der Schallwellen einenSchaden erlitten.» Mögliche Folgen sind dann Schwerhörigkeit oderdauerhafte Ohrgeräusche, so genannter Tinnitus.

Für Hubert Paulus vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg (Bayern)sind leistungsstarke Audio-Anlagen längst das Hauptproblem, wenn esum die Lärmbelastung geht. «Das Lärmniveau der Fahrzeuge ist heuteinsgesamt deutlich niedriger als noch vor einigen Jahren.» Seit dieMotoren gekapselt und Dämmmaterialien eingebaut werden, sei derMotorlärm im Innenraum kaum noch eine gesundheitliche Belastung.

Um Hörschäden vorzubeugen, rät Michael Deeg, die Anlage im Auto soeinzustellen, dass die Lautstärke noch als angenehm empfunden wird.Das dürfe auch einmal etwas lauter sein - «aber nicht so laut, dasses knallt.»

Während Deeg mit dem Wort «knallen» hier Hörschäden umschreibt,versteht es Almut Schönermarck wörtlich: Durch laute Musik steige dieGefahr, dass es knallt - also das Unfallrisiko - deutlich, sagt dieLeiterin der Verkehrsmedizin beim ADAC in München: «Je lauter dieMusik im Auto ist, desto schlechter ist die Reaktion des Fahrers.»

Gerade im Stadtverkehr ist das Schönermarck zufolge riskant. Sokann es zum «Informationsstau» im Gehirn kommen. Außerdem sei dieAlarmierungsfunktion des Gehörs eingeschränkt. Diese Erkenntnisse hatdie Expertin in ihrer Zeit als Notärztin oft erlebt: In Musikvertiefte Autofahrer hätten ihren Rettungswagen überhört. Wer so lautMusik hört, dass er selbst ein Martinshorn nicht wahrnimmt, hört eineHupe schon gar nicht, und im Zweifel ist ein Crash unvermeidlich.

Von den Unfallfolgen abgesehen, kann das für Musikfans teuerwerden. Schönermarck berichtet von einem Autofahrer, der wegenFahrerflucht verurteilt wurde. Er hatte ein anderes Auto gerammt undwar weitergefahren - weil er das Radio so laut gestellt hatte, hatteer von dem Zusammenprall nichts mitbekommen. Daher rät Schönermarck,in kniffligen Situationen eines zu tun: «das Radio ausschalten.»