Sicherheitskleidung Sicherheitskleidung: Biker haben nur ihren Körper als Knautschzone

Düsseldorf/Essen/dpa. - Doch das ändert nichts daran,dass ein Motorrad keine Knautschzone hat. Das einzige, was Fahrer undBeifahrer beim Sturz vor Verletzungen bewahrt, ist eine vollständigeSchutzkleidung. Gleichzeitig gibt es aber immer wieder Diskussionen,ob Kleidungsstücke aus Textil oder Leder die bessere Wahl sind.
Untrennbar mit dem Motorrad verbunden ist die Lederkombi.Traditionell stellen Jacken und Hosen aus gegerbten Tierhäuten dietypische Kleidung für Zweiradfahrer dar. Seit geraumer Zeit bekommtder Klassiker jedoch Konkurrenz. «Man kann sagen, dass es derzeiteinen Trend zur Textilbekleidung auf dem Motorrad gibt», sagtRuprecht Müller, Motorrad-Experte des ADAC-Technikzentrums inLandsberg (Bayern).
Zwar gibt es keine Gesamtzahlen über den Anteil von Leder undTextil bei den Verkäufen. Doch zumindest die Statistiken der großenAnbieter bestätigen den Trend deutlich. So kommt die Zubehör- undBekleidungskette Polo aus Düsseldorf nach eigenen Angaben auf einenAnteil von 65 Prozent für Textilkleidung. Leder macht nur noch 35Prozent der Verkäufe aus.
Die Vorliebe für Textilfasern hat allerdings in der Regel wenigermit dem Gedanken an die Folgen möglicher Unfälle zu tun. «Es gehtdabei vor allem um den Komfort», erklärt Müller. So sind nach Angabendes Institutes für Zweiradsicherheit (ifz) in Essen gerade dieAtmungsaktivität und der Kälteschutz besser als beim Leder. Hinzukommt, dass der Einsatz moderner Materialien gleichzeitig eineWasserdichtigkeit gewährleisten kann. Bei Polo weist man zusätzlichdarauf hin, dass Textilbekleidung leichter als Leder ist.
Die Lederkleidung auf der anderen Seite bietet manche dieserVorzüge nicht: Im Sommer schwitzt der Motorradfahrer in seiner engenTierhaut spätestes beim Ampelstopp, bei Kälte schützt das Leder meistauch nicht lange. Und Regen ist ohnehin ein Feind des Naturmaterials:«Zu den Nachteilen der Lederbekleidung zählt sicher, dass man fürschlechtes Wetter immer eine zusätzliche Regenkombi dabei habenmuss», erklärt Michael Lenzen, Sprecher des Bundesverbandes derMotorradfahrer (BVDM) in Mainz.
Aber Bequemlichkeit ist auf dem Motorrad eben nicht alles. «Lederhat eine höhere Abriebfestigkeit als Stoff», sagt Lenzen. Dasbedeutet: Wer stürzt, ist bei der folgenden Rutschpartie über denAsphalt in der Lederhaut meist besser geschützt. Ruprecht Müllerstellt den Unterschied so dar: «Von den Schutzeigenschaften herentspricht ein Sturz mit Textilbekleidung bei Tempo 60 etwa einemUnfall in Lederbekleidung bei Tempo 100.»
Trotzdem wurde aber auch die Schutzfunktion der Textilfasern inder Vergangenheit weiter verbessert. Nach Angaben des ifz sindaktuelle Textilanzüge nicht mehr mit den zum Teil gefährlichen«Plastikanzügen» vergangener Zeiten zu vergleichen: Heute bestehekaum noch die Gefahr, dass die Unfallfolgen sich durch Einschmelzendes Materials in die Haut als Folge der Reibungshitze beim Rutschennoch verschlimmern. Vielmehr würden jetzt abriebfeste Materialien wieCordura oder Armacor verwendet.
Und die Entwicklungen gehen weiter. «Mittlerweile erreicht manauch mit hochwertiger Textilkleidung vergleichbare Abriebwerte wiebeim Leder», meint Mathias Krone, Vertreter der finnischenTextilkleidungsmarke Rukka in Hamburg. Dafür ist dann aber auch einhoher Aufwand erforderlich. So kann laut Krone mit Kevlarfaserngearbeitet werden. Die müsse man allerdings in Cordura-Faserneinhüllen, da Kevlar empfindlich gegenüber UV-Licht ist. «Kevlar istrissfester als Stahl. Wir erreichen damit Abriebswerte wie bei gutemLeder.» Der Aufwand hat aber auch seinen Preis.
So schwer die «Glaubensfrage» bei der Materialwahl auch zuentscheiden ist, in einem Punkt sind sich alle Experten einig: Ohnekomplette Schutzkleidung mit Jacke, Hose, Handschuhen, Stiefeln undHelm sollte niemand starten. Und Geld sollte an anderer Stellegespart werden - nicht bei der Fahrerausstattung.
INFO-KASTEN: Protektoren sorgen für zusätzlichen Schutz
Protektoren bieten Schutz an gefährdeten Stellen wie Knien,Ellenbogen oder auch am Rücken in der Motorradkluft. Bei denzusätzlichen Polstern und Schalen haben Motorradfahrer die Wahlzwischen harten oder weichen Protektoren. Die weiche Variante hat denVorteil, dass sie bei einem Sturz Energie besser abbauen, sagtRuprecht Müller, Motorrad-Experte des ADAC-Technikzentrums inLandsberg (Bayern). Harte dagegen schützen davor, dass spitzeGegenstände eindringen.
«Man sollte auf jeden Fall auf den richtigen Sitz achten», mahntMichael Lenzen, Sprecher des Bundesverbandes der Motorradfahrer(BVDM) in Mainz. Denn ein Protektor kann nur dann schützen, wenn ergenau an der richtigen Stelle sitzt und bei einem Unfall nichtverrutscht.
