"Rostlaube" und "Plastebomber" "Rostlaube" und "Plastebomber": Als der letzte Wartburg und Trabant vom Band liefen

Eisenach/Zwickau - Noch tuckern Wartburg und Trabant über Deutschlands Straßen, doch 26 Jahre nach dem Produktionsstopp im April 1991 werden es immer weniger. Selbst in Ostdeutschland, wo die beiden DDR-Autos bis zum Mauerfall zu Hunderttausenden unterwegs waren, sorgt ein vorbeifahrender Trabi oder Wartburg nun für Aufmerksamkeit - nicht nur, weil die Abgase ungewöhnlich riechen. Die betagten Gefährte sind eine Rarität - und werden als Oldtimer auch wirtschaftlich interessanter.
Der drastische Schwund, der vor allem den DDR-Mittelklassewagen Wartburg seit dem Produktionsstopp am 10. April 1991 traf, ist vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg dokumentiert. Exakt 7.394 Autos mit der kantigen Blechkarosse waren im Januar 2016 noch zugelassen. „Ich sehe im Straßenbild so gut wie keinen Wartburg mehr“, sagt ein Eisenacher. „Die ungepflegten Exemplare sind verschwunden, die anderen sind zu schade, um gefahren zu werden.“
Vom Trabi, dessen Aus am 30. April 1991 kam, sind derzeit noch 33.550 Exemplare fahrbereit. Zehn Jahre nach dem Ende der Produktion im thüringischen Automobilwerk Eisenach (AWE) und bei Sachsenring in Zwickau waren immerhin noch rund 52.000 Wartburg und 160.000 Trabis zugelassen. Aber die Zahlenreihen aus Flensburg zeigen auch: Der Schwund scheint nun gestoppt. Seit 2011 liegen die Zulassungszahlen beim Wartburg recht konstant um 7.300, beim Trabi um 33.000.
Warum DDR-Autos bei Oldtimersammlern gefragt sind
Viele, darunter die elegant geschwungenen frühen Wartburg-Modelle 311 und 312, sind mehr als 30 Jahre alt - eine Voraussetzung für den Oldtimer-Status. Weitgehend originalgetreue und gut gepflegte Exemplare haben ihren Preis. Harald Lieske, Ex-Betriebsrat im AWE und dann bei Opel, hat als Kuratoriumsmitglied des Automobilmuseums in Eisenach diese Erfahrung gemacht. „Wir haben versucht, für das Museum einen Wartburg Camping zu kaufen. Ein gutes Exemplar sollte 15 000 Euro kosten.“
Autos, die früher Alltagsfahrzeuge waren, seien zunehmend bei Oldtimersammlern gefragt, sagt Peter Mair vom Verband der Automobilindustrie (VDA). „Sie haben zum Teil Kultstatus.“ Klassisches Beispiel sei zwar der VW Käfer. „Aber auch viele Wartburg und Trabant werden gehegt und gepflegt. Sie über 25 und mehr Jahre durchzubringen, das kostet auch was.“ Und der Markt für historische Autos wächst. Die Zahl der als Oldtimer mit einem H-Kennzeichen zugelassenen Autos in Deutschland hat sich laut TÜV Thüringen in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt.
Diesen Status hat der letzte, knallrot lackierte Eisenacher Wartburg, der vor 25 Jahren vom Montageband direkt ins Museum rollte, noch nicht. Am 10. April 1991 war die Stimmung in dem riesigen Werk, in dem von 1955 an bis zu 8.000 Menschen das Mittelklasse-Pendant zum Trabi bauten, auf dem Tiefpunkt. In die Wehmut mischte sich Wut, ein 29 Jahre alter Lackierer brach vor laufenden Kameras in Tränen aus und verlangte für sich und seine Familie eine Perspektive. Auch der Einbau eines Viertaktmotors mit VW-Lizenz ab 1988 konnte weder Wartburg noch Trabant retten.
Die einst volkseigenen Autowerke in Thüringen und Sachsen wurden von der Treuhand abgewickelt. „Damals standen selbst Straßen in Eisenach mit unverkäuflichen Autos voll“, erinnert sich Lieske. Von der Autoschmiede AWE, deren Geschichte bis ins Jahr 1898 zurückgeht, stehen heute noch das denkmalgeschützte Backsteintor und einige Hallen, manche nutzt das Museum.
Trotzdem ist Eisenach ebenso wie Zwickau Autostadt geblieben. Zulieferer haben sich angesiedelt, BMW baut Werkzeuge. Um Opel den Weg nach Eisenach zu ebnen, hatte sich die AWE-Spitze Monate vor der Wiedervereinigung rebellisch gezeigt und das DDR-Automobilkombinat verlassen. Lieske: „Der Alleingang hat letztlich unsere Zukunft gesichert.“
Die Geschichte des Wartburgs
Die Geschichte des Trabants
(dpa)
