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Radfahrschulen für Erwachsene Radfahrschulen für Erwachsene: Mit Gefühl und Geduld in den Sattel

16.05.2006, 09:53
Nicht jeder radelt seit seinen Kindertagen - mittlerweile gibt es Möglichkeiten, es unter fachkundiger Anleitung auch später noch zu lernen. (Foto: dpa)
Nicht jeder radelt seit seinen Kindertagen - mittlerweile gibt es Möglichkeiten, es unter fachkundiger Anleitung auch später noch zu lernen. (Foto: dpa) ADFC/Kirsch

Bremen/Berlin/dpa. - Zwar wird es als fastselbstverständlich angesehen, dass ein Erwachsener mit dem Zweiradumgehen kann - tatsächlich gibt es aber eine ganze Reihe vonMenschen, die nie Fahrrad fahren gelernt haben. Und je älter siewerden, desto höher wird die Hemmschwelle, sich als Nicht-Radler zuerkennen zu geben. Mittlerweile gibt es jedoch Wege, unterfachkundiger Anleitung doch noch den Umgang mit dem Rad zu lernen.

Für einen Großteil der Erwachsenen gehört es zu denKindheitserinnerungen: die ersten Versuche auf dem Kinderrad imGarten oder auf dem Feldweg, bei denen die helfenden Hände der ElternStürze verhinderten. Doch gibt es auch Menschen, die solche Momentenie erlebt haben. Wie viele es tatsächlich sind, darüber existierenkeine Statistiken. «Uns überrascht es aber immer wieder, wie vieleLeute nicht Rad fahren können», sagt Karsten Klama, Sprecher desAllgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Bremen.

Das zeigt sich daran, wie schnell Schulungskurse ausgebucht sind.Radfahrschulen für Erwachsene sind zwar immer noch selten, doch dortwo Kurse angeboten werden, gibt es eine rege Nachfrage. Denn somancher hat bereits einige fruchtlose Radfahrversuche hinter sich.«Viele private Trainings enden oft in einem Sturz», weiß Klama. Undnicht jedem fällt es leicht, im privaten Umfeld zuzugeben, nicht Radfahren zu können. «Es heißt immer, Rad fahren kann jedes Kind», sagtKlama. «Kaum ein Erwachsener möchte sich outen.»

Hinzu kommt eine weitere Schwierigkeit. «Ein Kind geht an dieSache unbefangen heran», erläutert Wolfgang Lukowiak, Betreiber einerRadfahrschule in Berlin (www.radfahrschule.de). «Bei den Erwachsenenbesteht dagegen ein Problem in der vorherrschenden Angst.» Über dieJahre hat sich die Furcht vor dem vermeintlich kippeligen Fahrgerätimmer weiter verstärkt.

Die Radfahrschulen gehen daher andere Wege als es vom kindlichenFahrkurs im Garten gewohnt ist. Zunächst bleibt das Fahrrad stehen.«Wir beginnen erstmal mit einem Gleichgewichtstraining», so Lukowiak.Die Teilnehmer müssen beispielsweise auf einem Bein stehen.Anschließend absolvieren sie zu Fuß einen Geschicklichkeits-Parcours.

Auch die Fahrübungen beginnen Schritt für Schritt. Lukowiak setztzunächst kleine Tretroller ein, mit denen die Schüler kurze Streckenzurücklegen und sich an das Fahrgefühl gewöhnen können. DerFahrlehrer gibt Hinweise über Funktion und Handhabung der Bremse. Istdies geschafft, kommt ein größerer Sitz-Roller zum Einsatz, der statteiner Bremse gleich zwei hat. «Danach hat man sich schon fast allesangeeignet, was man für das Fahrrad braucht.» Bei den ersten Übungenauf dem Rad wird der Sitz tief eingestellt. «Kein Anfänger möchtesich ergonomisch richtig setzen», weiß Lukowiak. Wichtiger ist denSchülern der sichere Kontakt mit den Füßen zum Boden.

Verkehrsexperten halten solche Fahrversuche unter Anleitung fürden richtigen Weg. «Man bekommt von den Fachleuten Tipps, kann Dingeausprobieren», sagt Marion Steinbach, Sprecherin der DeutschenVerkehrswacht (DVW) in Bonn. «Außerdem geschieht dies alles in einemverkehrsfreien und daher ungefährlichen Raum.» Der ist in der Regelrecht abgeschieden und vor fremden Blicken geschützt: GeradeErwachsene mögen es nicht, wenn Unbeteiligte sie bei ihren ersten undwahrscheinlich noch ungeschickten Versuchen beobachten.

Männer sind bei den späten Fahrübungen in der Minderheit. «Neunvon zehn Teilnehmern bei solchen Fahrkursen sind weiblich», sagtKarsten Klama. Was nicht unbedingt daran liegen muss, dass mehrMänner Fahrrad fahren können - vielmehr wird vermutet, dass Frauensich eher dazu bekennen, es nicht zu können.

Wer einen solchen Kurs absolviert hat, sollte trotzdem noch etwasvorsichtig sein - niemand ist sofort ein Fahrrad-Profi. «Man fährtanfangs besser auf ruhigen Strecken, auf denen auch wenigeSpaziergänger oder andere Radfahrer unterwegs sind», rät MarionSteinbach. So lässt sich in aller Ruhe Routine gewinnen.

«Außerdem sollte man bequeme Kleidung mit langen Hosen und auchlangen Ärmeln tragen», empfiehlt Steinbach. Wer trotz aller Vorsichteinmal ins Straucheln gerät, ist dadurch etwas vor Verletzungengeschützt. Und auch wenn das Übungsrad mit dem niedrig eingestelltenSattel sich sicher anfühlte - im Alltag ist dies nicht die richtigeAnordnung. Steinbach rät, den Sattel so einzustellen, dass mit beidenFußspitzen der Boden berührt werden kann.