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Zehn Tipps Probefahrt, Tachobetrug, Unfallwagen: Was Sie beim Kauf eines Gebrauchtwagens beachten müssen

Von René Kohlenberg 19.02.2016, 11:03
Regel Nummer eins: Niemals alleine ein Auto kaufen! Ein Bekannter oder ein Fachmann sollten stets dabei sein.
Regel Nummer eins: Niemals alleine ein Auto kaufen! Ein Bekannter oder ein Fachmann sollten stets dabei sein. dpa Lizenz

Im Internet sind die meisten inserierten Fahrzeuge zu finden. So kann sich der Käufer auch einen Überblick über die Preise verschaffen. Inserate in regionalen Zeitungen oder lokalen Anzeigeblättern sind für Fahrzeuge im unteren Preissegment meist besser. Ein Geheimtipp sind oft Kleinanzeigen in regionalen Internetbörsen.

Tipp 1: Vergleichen Sie Fahrgestellnummer und Fahrzeugpapiere

Der Autohändler vor Ort hat ein großes Interesse daran, Neukunden in seinem Einzugsbereich zu gewinnen. Mit einem guten Wagen kann er Kunden langfristig binden und zudem Werkstattaufträge generieren. Eine gute Adresse also für den Gebrauchtkauf. „500 Kilometer weit für ein günstiges Angebot zu fahren, lohnt sich aber meistens nur für Autos der oberen Klassen, meint TÜV Süd.
Grundsätzlich gilt: Autos sollten niemals allein angeschaut werden. Als erstes muss die Fahrgestellnummer mit den Fahrzeugpapieren verglichen werden. Das zeugt von Sachverstand und erzeugt Respekt. Ehrliche Verkäufer sorgen für klare Verhältnisse.

Tipp 2: Fragen Sie nach dem Serviceheft

Alle im Inserat genannten Angaben sollten hinterfragt werden. Beispielsweise die Aussage „alle KD“, was so viel bedeutet wie: Alle Kundendienste sind regelmäßig durchgeführt worden. Hier hilft nur das lückenlos und nachvollziehbar ausgefüllte Serviceheft. Rechnungen der Servicearbeiten sind noch besser. Selbsteinträge sind ohne Belang.
Vorher also nach dem Serviceheft fragen. Das gilt auch für den letzten Prüfbericht, der für die Zulassung benötigt wird. Dort können außerdem geringe Mängel aufgeführt sein.

Tipp 3: Vermeiden Sie Regentage

Zu den nächsten Kontrollpunkten gehört die Außenhaut – am besten bei gutem Wetter und unter freiem Himmel – niemals bei Regen. Um Korrosions-Schäden zu entlarven, sollte man vor allem die Kotflügel, die Kanten und Falze an den Türen, die Türschweller, die Bodenbleche im Innenraum (Teppiche oder Matten hochheben), die oberen Aufhängungen der Federbeine (Domlager) und auch den Unterboden ins Visier nehmen. Dazu gehört ebenfalls die Reserverad-Wanne.

Gebrauchtwagen-Experte Det Müller der RTL 2-Sendung „GRIP das Motormagazin“ erklärt: „Den Lack unbedingt bei gutem Licht kontrollieren, nicht im Dunkeln oder wenn er nass ist. In Kratzern setzt sich schnell der Rost fest: Entweder sie werden ausgebessert oder ich schraube am Preis. Ich schaue auch nach Beulen im Lack, denn darunter ist oft der Rost. Hat der Wagen Sonnenbrand, also Verfärbungen im Lack, stand er draußen und wurde nicht gepflegt.“

Versierte Käufer sollten sich zudem die Technik genauer anschauen. Im Motorraum zählen der Zustand der Schläuche und der Stand der Flüssigkeiten bei Öl, Kühlmittel, Bremse, Servolenkung und Batterie – alle Gradmesser für Pflege und Wartung. Weißer Schaum am Öldeckel oder Ölmessstab deuten auf einen Defekt der Zylinderkopfdichtung hin.

Tipp 4: Was die Reifen über das Auto aussagen

Ebenfalls sollte ein Blick auf die Reifen geworfen werden. Ein unregelmäßig abgefahrenes Profil kann auf Schäden am Fahrwerk hindeuten. Risse und Schrammen in den Felgen zeugen von Randstein-Treffern – ebenfalls dem Fahrwerk nicht zuträglich.

Det Müller: „Kommt das Reifenprofil der Mindestverschleißgrenze von 1,6 Millimeter nahe, ist Schluss. Die Kosten für neue Reifen ziehe ich vom Verkaufspreis ab oder ein neuer Satz ist dabei. Außerdem zeigen mir die Reifen den Zustand der Vorderachse an: Dazu wird die Lenkung voll eingeschlagen und ich schaue auf das Profil. Sind die Reifen einseitig abgefahren, stimmt etwas nicht. Also die Finger von dem Wagen lassen und lieber weitersuchen.“

Tipp 5: Magnetkarte und Kugelschreiber einstecken

Zudem zeigt ein Blick auf die Spaltmaße von Türen, Kofferraumklappe und Motorhaube ob der Wagen schon einen Schaden gehabt hat. Sind die Spalte unterschiedlich breit, hat das Auto mit großer Wahrscheinlichkeit einen Unfall gehabt. Unbedingt sollte nach Vorschäden und Unfällen gefragt werden.

Um selbst herauszufinden, ob es ein Unfallwagen ist, gibt es einen einfachen Trick. Det Müller erklärt: „Mit der Magnetkarte prüfe ich Türunterkanten und Kotflügel auf Unfallschäden und Rost. Die Frage ist: Hält er oder fällt er? Hält der Magnet, sind die Karosserieteile im besten Fall noch im Originalzustand. Fällt er, ist Spachtel aufgetragen oder Unfallschäden sind schlecht repariert worden. Ich taste auch sämtliche Kanten mit der Hand nach Rost ab. Dasselbe Spiel bei Türen und Scharnieren.“

Auch ein sogenannter Spaltmaßkugelschreiber kann helfen. Mit diesem kann man beispielsweise die Fugen zwischen Motorhaube und Kotflügel überprüfen. Wenn das Spaltmaß variiert, gab es vermutlich einen Unfall und die Teile wurden ausgetauscht.  

Tipp 6: Achten Sie auf die Formulierungen

Die Formulierungen „Unfallfreiheit“ und „ohne Vorbeschädigungen durch Unfall oder sonstige Beschädigungen“ sind am besten schriftlich im Kaufvertrag festzuhalten. Der Hinweis „ohne erkennbare Unfallschäden“ reicht nicht aus, warnt TÜV Süd. Bei Vorschäden sollte sich der Käufer die Reparaturbelege aushändigen lassen – zur Vorlage beim Wiederverkauf. Weicht der Verkäufer beim Unfallthema schon am Telefon aus, sollte man sich von vorn herein abwenden.

Wird der Verkäufer bei der Frage danach, warum das Fahrzeug verkauft werden soll, nervös oder gibt fadenscheinige Antworten, sollte auch hier Abstand genommen werden. Wichtig ist auch, dass der Anbieter mit dem letzten eingetragenen Vorbesitzer identisch ist – sonst handelt es sich womöglich um einen Händler, der die Gewährleistungspflicht umgehen will. Winterreifen sollten mindestens vier Millimeter Profil haben.

Tipp 7: Vor der Probefahrt kommt der Zwei-Finger-Trick

Der potentielle Käufer zunächst einmal „nur“ als Beifahrer testet. So kann sich der Interessent innen umsehen und ins Fahrzeug „hineinhören“. Als Beifahrer kann auf Unregelmäßigkeiten oder beispielweise Klopfgeräusche geachtet werden. Auch besondere Schaltgeräusche können so besser wahrgenommen werden. Brennen irgendwelche Kontrollleuchten? Funktionieren Tacho und Drehzahlmesser einwandfrei?

Danach empfiehlt sich, die Klimaanlage ausprobieren, denn wenn es irgendwie muffig im Auto riecht, könnte das ein Hinweis auf undichte Stellen sein.

Nach dem Check als Beifahrer, sollte sich der Kaufinteressent selbst hinter das Steuer setzen und im Standbetrieb sich den Motor anhören. Danach werden alle wichtige Funktionen getestet: Funktionieren Scheibenwischer, Lüftung, Radio und CD-Player? Am besten ist es, alle Schalter in Ruhe im Auto ausprobieren. Wie reagiert das Lenkrad, gibt es ungewöhnliche Vibrationen? Der ADAC empfiehlt, auch einmal eine schlechtere Straße für einen Teil der Probefahrt sowie enge Kurven zu wählen. Auf diese Weise kann die Reaktion des Autos gut überprüft werden.

Außerhalb der Stadt sollte man kurz auf circa 100 km/h beschleunigen und dann dosiert immer stärker bremsen. Dabei lässt sich erkennen, ob der Wagen in der Spur bleibt oder sich ungewöhnlich verhält. Das Lenkrad darf nicht flattern und das Bremspedal nicht pulsieren.

Auch das Einparken ist ein guter Test: Geräusche, die von den Antriebssträngen des Autos stammen, sind beim langsamen Vor- und Zurückfahren besser zu hören.

Det Müllers Experten-Tipp: „Vor der Probefahrt lege ich den ersten Gang oder den Rückwärtsgang ein. Kann ich das nicht mit zwei Fingern tun oder höre ein fieses Kratzen, dann trennt die Kupplung den Motor nicht mehr sauber vom Getriebe. Während der Probefahrt achte ich darauf, ob ich einfach runterschalten kann. Höre ich beim zügigen runterschauten vom dritten in den zweiten Gang ein knarzen, sind die Synchronringe des Getriebes hin. Automatikgetriebe checke ich, indem ich im Leerlauf den Rückwärtsgang einlege. Macht der Wagen dann einen Ruck nach hinten, ist das Getriebe verschlissen. Wenn das Getriebe während der Fahrt nicht sauber nach oben schaltet, ist es ohnehin in keinem guten Zustand mehr.“

Tipp 8: Was der Innenraum über den Kilometerstand sagt

Der Tacho zeigt gerade mal 20.000 Kilometer. Doch das Lenkrad ist abgenutzt, die Sitze sind stark eingesessen und die Pedalauflagen verschlissen. „Das sind Indizien, die auf eine Manipulation hindeuten“, sagt Philipp Schreiber. Andererseits kann auch eine einwandfreie Innenausstattung täuschen. „Viele Betrüger ersetzen Bauteile wie das Lenkrad vor dem Verkauf“, so Schreiber. 

Tipp 9: Achten Sie auf den Ölwechsel-Aufkleber 

Unter der Motorhaube kann ein Aufkleber über den nächsten Ölwechsel informieren. „Wenn das Öl bei 180.000 Kilometern ausgetauscht werden muss und der Tacho 100.000 Kilometer zeigt, stimmt etwas nicht“, so Schreiber. In der Regel muss Motoröl alle 30.000 Kilometer gewechselt werden. Dass der Tacho zurückgedreht wurde, liegt in diesem Fall nahe.

Tipp 10: Bestehen Sie auf einen Gebrauchtwagencheck 

Interessenten sollten auf einen Gebrauchtwagencheck bestehen, wenn der Verkäufer keine Gebrauchtwagen-Garantie vorweisen kann. Werkstätten, der ADAC oder Prüforganisationen wie Dekra und TÜV bieten solche Inspektionen an. Begutachtet werden unter anderem Innenraum, Motor und Getriebe, Abgas- und Bremsanlage, Unterboden sowie Räder und Achsen. Ob der Zustand des Fahrzeugs zum Kilometerstand passt, lässt sich relativ zuverlässig ermitteln. (mit Material von ampnet und dpa/rk)