Opel Opel: Der Kadett B machte dem Käfer Konkurrenz
Rüsselsheim/dpa. - Doch schon der Kadett A hatte gezeigt, dass mit ihm ordentliche Stückzahlen zu erzielen waren. Der Nachfolger mit Zusatzbezeichnung B machte das noch besser. Den Modellbezeichnungen bei Opel fehlte schon immer eine klare Linie. Während manche Hersteller durch Durchnummerieren oder Klassen von A bis S Zusammengehörigkeit demonstrieren, bekam man dies in Rüsselsheim nie hin. Zwar hören sich Corsa, Astra und Vectra noch ähnlich an. Signum aber schlägt aus der Richtung. In den sechziger Jahren war das nicht anders. So lässt sich zwar vom Kadett über den Kapitän bis zum Admiral mit etwas Fantasie eine Karriereleiter vorstellen - der dann in der Mitte aber Sprossen fehlen, weil dort je nach Zeitraum Modelle wie Rekord, Manta oder Ascona zu finden waren.
Der Kadett immerhin trug einen Namen, der ihn als Basis der Modellpalette identifizieren ließ. Der Name aus dem Militärjargon hat seinen Ursprung im französischen Wort «cadet». Dies kennzeichnet ihn als den «Jüngeren» oder als jungen Spross einer adligen Familie, der zum Offiziersdienst bestimmt ist. In der österreichisch-ungarischen Armee gab es den Rang für Offiziersanwärter.
Das alles dürfte den Interessenten aber egal gewesen sein, als der Kadett B 1965 erstmals zu sehen war. Sie sprachen lieber darüber, dass der Neue nicht mehr so fitzelig aussah wie der zerbrechlich wirkende Vorgänger. Die Hinterachskonstruktion wurde aber vom Vorgänger übernommen und sorgte weiterhin dafür, dass ein Kadett beim Gas geben schon mal das Hinterteil hob. Auch der Innenraum wahrte das Andenken mit lackiertem Blech statt elegant gepolsterter Flächen.
1967 wurde der Kadett B dann zu einem wirklich neuen Auto. Äußerlich änderte sich zwar nicht viel - in erster Linie fielen die größeren Leuchten am Heck auf. Wichtiger war, dass man es geschafft hatte, eine neue Hinterachse zu konstruieren, die mit Schraubenfedern arbeitete. Das hob das Fahrverhalten des Kadett auf ein neues Niveau. Innen gab es nun auch ein leicht gepolstertes Armaturenbrett.
Nicht geändert wurde im gesamten Lauf der Bauzeit das Grundprinzip der verwirrenden Modellvielfalt. «Den» Kadett B gab es nämlich nicht. Vielmehr musste sich der Kunden bei der Bestellung durch eine Vielzahl an Möglichkeiten ackern, um seinen Wagen zusammenzustellen. Es gab den Kadett zweitürig und viertürig, auch ein Kombi mit der Bezeichnung Caravan war im Angebot - den gab es drei- oder fünftürig.
Weil das den Herren in Rüsselsheim aber noch nicht genug war, fand sich auch ein sportliches Coupé im Angebot. Das wiederum gab es zunächst als so genantes Kiemencoupé - ein Name, der drei Lüftungsschlitzen in der hinteren Dachsäule zu verdanken war. Später folgte dann noch eine weitere Coupé-Version ohne Kiemen, die in zweitüriger ebenso wie in viertüriger Ausführung erhältlich war.
Auch die Ausstattungsvariante musste gewählt werden. Neben dem Basismodell waren da noch die Varianten «L» und «LS», die mit Details wie Chromschmuck, Teppich, beleuchtetem Handschuhfach oder Stoßstangenhörnern aufwarteten. War auch das noch nicht genug an Komfort, konnte der Prospekt des Modells Olympia gewälzt werden, hinter dem sich ein besonders «aufgerüschter» Kadett verbarg.
Und dann gab es noch den Kadett Rallye. Mit ihm hatte Opel im November 1966 einen echten kleinen Sportwagen auf die Räder gestellt. Zur Coupé-Form kam ein leistungsgesteigerter Motor mit 60 PS. Später wurde sogar der 90 PS starke 1,9-Liter-Motor aus dem Opel Rekord eingebaut und sorgte für Spitzengeschwindigkeiten von knapp 170 km/h.
Seine Sportlichkeit zeigte der Kadett Rallye äußerlich durch mattschwarz lackierte Flächen auf der Motorhaube und Rallyestreifen an den Seiten. Für das richtige Ambiente im Innenraum sorgten Details wie ein schwarzer Dachhimmel oder ein Lenkrad aus Holzimitat. Natürlich rollte die Fuhre auf breiten Reifen im Format 155-SR-13. Die Zahl von rund 100 000 gebauten Fahrzeugen zeigt, dass der Kadett Rallye B das war, was sportlich orientierte Kunden sich in den sechziger Jahren wünschten. Und nicht nur auf der Landstraße wurde Gas gegeben: Auch im Renngeschehen war der Kadett oft vorne dabei.
Auch insgesamt nahm der Kadett in den Zulassungsstatistiken immer vordere Ränge ein. Zeitweise wurde sogar der VW Käfer auf die Plätze verwiesen. Als 1973 der Kadett C den Dienst antrat, waren vom Modell B rund 2,6 Millionen Exemplare gebaut worden - Zahlen, von denen man in der Oberliga zwischen Kapitän und Diplomat nur träumen konnte.