Opel Opel: Der Diplomat mit dem Blitz
Halle/MZ. - Zwar haben die krisengeschüttelten Hessen mit dem Insignia einen großen Coup gelandet und wieder ein wenig zur gehobenen Mittelklasse aufgeschlossen. Doch der Premium-Zug ist für sie schon so lange abgefahren, dass selbst Schlusslichter wie der Senator und der Omega so langsam von der Straße verschwinden.
Dass es auch einmal anders war, belegt ein Blick in den historischen Fuhrpark der Hessen, in dem ein auch nach 30 Jahren noch taufrischer Diplomat B V8 von längst vergangenen Zeiten träumt. Denn als Opel die zweite Auflage des Flaggschiffs in Stellung brachte, musste sich die GM-Tochter noch nicht verstecken.
Aufstrebenden (West-)Deutschen hatte Opel mit dem Diplomat viel zu bieten: Für 20 260 Mark gab es einen stolzen Straßenkreuzer von stattlichen 4,92 Metern Länge. Seine Fahrer wurden mit amerikanischen Annehmlichkeiten wie einer Klimaanlage, Servolenkung und Automatik sowie einem kleinen Heer elektrischer Helfer verwöhnt.
Auch unter der Haube zeugt der Diplomat von einer Zeit, in der das Image von Opel noch groß und der Preis für Benzin noch klein war. Denn schon der Basismotor war ein Sechszylinder mit 2,8 Litern Hubraum und 165 PS. Und wer sich etwas gönnen wollte, bekam als schönen Gruß aus Detroit den Achtzylinder der legendären Corvette. Entwickelt für die Mutter aller US-Sportwagen holte er aus 5,4 Litern Hubraum 230 PS und maximal 427 Nm, mit denen er auch heute so agil wirkt, als wären Helmut Schmidt noch immer Bundeskanzler und Smokie im Radio das höchste der Gefühle.
Zwar kann man den Diplomat V8 mit laufendem Motor kaum voll tanken, unken die Kritiker über den rekordverdächtigen Verbrauch. Doch vergehen keine zehn Sekunden, bis der Oldtimer auf Tempo 100 beschleunigt. Und wäre da nicht der Respekt vor dem hohen Alter, der butterweichen Federung, der schwammigen Lenkung und der Handlichkeit eines Kreuzfahrtriesen - man könnte munter bis deutlich jenseits von 200 km / h auf dem Gaspedal bleiben.
Zwar war der V8 ein Luxus, den sich immerhin mehr als die Hälfte aller Kunden leisten wollten. Doch die von diesem Erfolg ermutigte Langversion wurde zum Ladenhüter. Auch wenn der gestreckte Diplomat mit 15 Zentimetern mehr Radstand im Fond so viel Platz bot wie ein kleiner Tanzsaal, war der Bogen mit einem Preis von 36 600 Mark offensichtlich überspannt. Deshalb wurden bis zum Ende des Jahres 1977 nur wenige Dutzend Exemplare gebaut.