MZ-Test: Volkswagen Touareg V 6 MZ-Test: Volkswagen Touareg V 6: Grenzen sind weit gezogen
Leipzig/MZ. - Der Dreh am Knopf schiebt die Grenzen des Machbaren weit hinaus, aber nach dem Losfahren müssen wir doch sehr fest daran glauben: Keine Bange, der kippt nicht hinten über - haben wir gelesen und er tut es natürlich nicht. Oben angekommen, baut sich der bullige Kühler bedrohlich vor einem auf. Doch sanft kippt der Wagen nach vorn und sacht geht es abwärts - 50 Meter steil in ausgefahrenen Schlammspuren und unten wartet ein zehn Meter langes Wasserloch, gar nicht so tief, haben wir gehört. Noch mal tief Luft holen, aber schon weniger angespannt, der Wagen wird es schon richten. Der Touareg macht mutig.
Sind das hier 30, 40, 50 Grad Gefälle? Rutschpartie bergab? Der Druck auf "Low Range" hat die Frage nach der Machbarkeit schon beantwortet. Mit extremer Geländeuntersetzung tastet sich der Zweitonner gaaanz langsam bergab, ohne zu rutschen, ohne aus der Spur zu brechen. Dann knirscht der Kies, das Wasser spritzt, der Fahrer hofft: Wie tief sind 58 Zentimeter? So tief kann der Toureg nämlich durchs Wasser waten, ohne ein Problem zu bekommen. Dann wühlt sich der Wagen schräg an einem Grashang nach oben. Räder drehen durch im glitschigen Grün, aber es geht vorwärts, irgendein Rad greift, weil das Differenzial alle Kraft darauf lenkt, es geht aufwärts, was sonst.
Kaum eine Disziplin, die der Touareg nicht mit stoischer Gelassenheit bewältigt. Allradantrieb, elektronische Differenzialsperre, Getriebeuntersetzung, regulierbare Bodenfreiheit sorgen dafür. Wer es kann und mag, kann seinen Touareg quälen in extremem Gelände, stecken bleibt man wohl nur, wenn man Fahrfehler macht. Aber auch mit dem Touareg ist es wie mit allen Geländewagen in dieser Spitzengruppe: Sie wühlen in ihrem Leben höchst selten im Schlamm. Zu 90 Prozent wird auch der VW Touareg über glatte Pisten gejagt und wohl höchstens, wenn der Fahrer mal zeigen will, was sein Auto kann, wird es auf die Wildbahn geschickt. Der Touareg kommt drinnen daher wie ein Phaeton - edles Ambiente, alles vom Feinsten. Nur dass man zwei Etagen höher sitzt als in der Wolfsburger Top-Limousine. Von hier oben schaut man gelassen auf das Ringsherum, den gewaltigen Bug vor Augen und ringsum Platz jede Menge, eine rollende Burg. Der V 6 im Testwagen brachte es auf 220 PS. Es gab keine Situation, wo der Fahrer das Gefühl hatte, er sei untermotorisiert unterwegs. Man weiß aber auch, dass VW dem automobilen Wahnsinn erlegen ist: Schon gibt es den Touareg mit 10-Diesel-Zylindern, 313 PS und 750 (!) Newtonmeter Drehmoment! Wofür?
Dort, wo der Touareg am meisten bewegt wird, auf der Straße, fährt er sich wie eine Limousine, handlich, übersichtlich, agil und mit einer vorzüglichen Straßenlage, geradezu sportlich lässt es sich unterwegs sein. Die Lenkung ist präzise, die Federung je nach Fahrbedürfnis härter oder weicher stellbar, gleichwohl die Unterschiede nur in Grenzbereichen wirklich spürbar werden.
Nichts schaukelt sich trotz großer Bauhöhe auf, treibt man den Offroader durch schnelle Kurven. Wenn es sein muss, kann schon der V 6 mit seiner Sechs-Gang-Automatik fast jeden Ampelsport gegen fast jedermann gewinnen, besonders, wenn man das Sportprogramm eingelegt hat oder mit den Schaltwippen per Hand nach vorn schießt. Spaß macht es, aber spätestens beim Blick auf den Verbrauch legt man sich im Alltag Zügel an.
Im Stadtverkehr waren wir im Test mit 19 Litern unterwegs. Da tröstet es wenig, dass der V 8 ganz locker die 20-Liter-Grenze knackt. Etwas Schockierendes hat die Verbrauchsanzeige auch, wenn man mal bei Tempo 180, 190 unterwegs sein kann: 20, 21, 22 Liter. Und im Schnitt? 14 etwa gibt VW an, aber den haben wir nie erreicht, das geht wohl nur, wenn man mit 90 über die Autobahn kullert. Wichtige Erfahrung: Der Touareg reagiert äußerst sensibel auf den Gasfuß. Lange Autobahntouren mit moderater Beschleunigung und Tempo 140 standen durchaus auch einmal mit 14,5 Litern zu Buche. Kein Sparmobil freilich, aber zum Sparen ist ein Touareg auch nicht erfunden worden.