Motorrad Motorrad: Straßenbegrenzungen sollen sicherer werden

Köln/Essen/dpa. - Seit Jahrzehnten wird schon über mehr Sicherheit fürZweiradfahrer an den Planken debattiert. Nun könnte tatsächlich baldein Schritt nach vorn gemacht werden.
Die größte Gefahr der Planken für Motorradfahrer steckt gar nichtunbedingt in den Leitschienen. Vielmehr sind es die Pfosten, denenBiker häufig zum Opfer fallen. Besonders tückisch an den Pfosten ist,dass sie oft über scharfe Kanten verfügen. «Abgetrennte Gliedmaßenoder auch schwere innere Verletzungen sind bei solchen Unfällentypische Folgen», sagt Michael Lenzen, Sprecher des Bundesverbandesder Motorradfahrer (BVDM) in Mainz.
Nach Auskunft des Instituts für Zweiradsicherheit in Essen (ifz)werden fast 61 Prozent der Zweiradfahrer, die von einer Straße mitLeitplanke abkommen, schwer verletzt oder getötet. Bei Straßen ohneLeitplanken beträgt der Wert nur etwa 37 Prozent. Schon ein Aufprallmit Tempo 35 gegen einen «formaggressiven Schutzplankenpfosten» kannzu schwersten Verletzungen führen.
Erkannt ist das Problem längst, doch eine einheitliche Lösung hatsich bisher nicht durchgesetzt. Eine vergleichsweise einfacheMaßnahme sind so genannte Protektoren: weiche Ummantelungen derStützen. Sie werden teilweise von Motorradclubs mit finanziert und inEigeninitiative angebracht. Ihre Vorteile sind jedoch begrenzt. «DieSchutzwirkung wurde nur bei niedrigen Geschwindigkeiten getestet. Beihöherem Tempo ist zu vermuten, dass der Schutz gering ist», sagtVolker Meewes, Leiter des Verkehrstechnischen Instituts der DeutschenVersicherer (VTIV) in Köln.
Ein weiteres Problem ist, dass die Montage der Polster nichtSchutz für die Ewigkeit bietet. «Solche Schaumstoffummantelungenhaben eine nicht sehr lange Lebensdauer», sagt Rainer Hillgärtner,Sprecher des Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart. «Hinzu kommt, dasssie teilweise beim Mähen des Grases auf den Seitenstreifen im Sommerbeschädigt werden, das gleiche gilt bei der Schneeräumung im Winter.»
Zwar werden auch Pfosten verwendet, die weniger scharfkantig sind- ein wirkliches Mehr an Sicherheit bieten aber vor allem veränderteLeitplankenkonstruktionen. Das ergaben auch Crashtests derSachverständigen-Organisation Dekra in Stuttgart im Auftrag derBundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in Bergisch Gladbach. Dabeiwurde ein Motorrad, besetzt mit einem Dummy, gegen unterschiedlichePlanken-Konstruktionen gefahren.
Weiteres Testergebnis: Selbst unnachgiebige Betonschutzwände, wiesie an Autobahnbaustellen eingesetzt werden, bergen ein geringeresVerletzungsrisiko als Leitplanken - jedenfalls bei einem«streifenden» Anprall. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Bikernach der Kollision auf die Fahrbahn zurückgeschleudert wird.
Die besten Testergebnisse wurden mit einer von den Unfallforschernkonstruierten Schutzplanke erzielt. Dabei wurde das herkömmlicheLeitplankenprofil durch ein geschlossenes Kastenprofil ersetzt.Darunter montierten die Tester zusätzlich einen so genannten Unterzugaus Stahlblech. Der Dummy kollidierte nicht mit den Pfosten und glittan der Planke ab, ohne sich zu verhaken.
Zudem hielt der verhältnismäßig weiche Unterzug die Belastungen fürden Dummy niedrig. Das Motorrad wurde nicht auf die Fahrbahngeschleudert. Das Verletzungsrisiko war sowohl beim aufrechtenAnprall als auch bei rutschendem Motorrad deutlich geringer. LautVolker Meewes vom VTIV sind derartige Konstruktionen jedoch sehrteuer und nur bei kompletter Neumontage der Planken realisierbar.Denkbar wäre seinen Worten zufolge aber auch, bestehende Leitplankenmit elastischem Blech nachzurüsten, das den unteren Teil abdeckt.
Solche Sicherungen werden bisher nur an wenigen Straßenabschnitteneingesetzt, in naher Zukunft könnten sie jedoch größere Verbreitungfinden. «Wir haben derzeit ein Papier in Arbeit, das sich mit demThema beschäftigt», so Peter Meinefeld von der Forschungsgesellschaftfür Straßen- und Verkehrswesen in Köln. Am Ende, möglicherweiseAnfang kommenden Jahres, soll daraus ein Regelwerk entstehen und anden Bundesverkehrsminister geschickt werden.
Laut Meinefeld gehen die Empfehlungen in Richtung der Ergebnisseaus den Crash-Forschungen. Nach dem Weg durch die Instanzen könntedaraus eine Aufforderung beziehungsweise Bitte an die zuständigenVerkehrsbehörden entstehen, an gefährdeten Strecken entsprechendePlankenkonstruktionen einzusetzen.