Motorrad Motorrad: Die Welt ist eine Kurve

Hannover/Mainz/dpa. - Viel Leistung und vor allem auch vielTempo - das wünscht sich ein Großteil der Motorradfahrer. Dochwährend das Verlangen nach den bärenstarken Maschinen weiter anhält,tut sich ein neuer und völlig anderer Trend auf: Supermoto. Statt aufdicke Motoren und extreme Höchstgeschwindigkeiten wird hier im Grundeauf das Gegenteil gesetzt. Die PS-Zahl ist eher zweitrangig,wichtiger sind geringes Gewicht und Handlichkeit. Denn bei denSupermotos geht es um den puren Spaß am Fahren - und der findet sichvor allem auf Landstraßen, wo sich eine Kurve an die Nächste reiht.
«Diese Motorräder sind sehr leicht und wendig, erlauben außerdemenorme Schräglagen in den Kurven», sagt Michael Lenzen, Sprecher desBundesverbandes der Motorradfahrer (BVDM) in Mainz. «Daher hat manextrem viel Spaß, besonders auf verwinkelten Straßen.»
Supermoto ist einer jener Trends, die nicht in den Köpfen vonMarketing-Strategen entwickelt wurden. Vielmehr hatte die Idee schoneine lange Geschichte hinter sich, bevor die Konstrukteure der großenHersteller den Befehl zur Entwicklung entsprechender Zweiräderbekamen. «Begonnen hat es im Grunde schon 1979 in den USA», weißGeorg Dutzi, Sprecher des Motorradherstellers KTM in Mattighofen(Österreich).
Der amerikanische Fernsehsender ABC wollte demnach den bestenMotorradfahrer der Welt küren - ließ die Profis daher auf einerStrecke starten, die sowohl aus Straßenabschnitten als auch ausunbefestigten Teilen bestand.
In den achtziger Jahren wurde die Idee dann nach Europaexportiert, wo ebenfalls zunächst Rennfahrer an den Start gingen -unter anderem in Paris. Aus dem französischen Wort Supermotard - alsoetwa Super-Motorradfahrer - entstand dann laut Dutzi Supermoto.
Das Spannende an dem Mix aus Straßen- und Geländerennen waren fürviele Zuschauer aber vor allem die ausgefallenen Motorräder. «DieFranzosen waren auch die ersten, die sich entsprechende Fahrzeuge fürdie Straße gebaut haben», erläutert Roger Eggers, Motorrad-Expertedes TÜV-Nord in Hannover. Im Grunde setzten sie dabei um, was auchheute noch die Serien-Supermotos ausmacht: Ein Geländemotorrad wirdmit einigen Teile für den Einsatz auf der Straße umgebaut.
«Basis waren in der Regel leichte Enduros mit Einzylindermotoren»,so Eggers. Die bekommen dann statt der groben Stollenreifen solchemit normalen Straßenprofil. Der Tausch geht meist einher mit denEinsatz kleinerer Räder, da es Straßenbereifung für die großen Räderder Geländemaschinen oft nicht gibt. «Dadurch ergibt sichgleichzeitig ein niedrigerer Schwerpunkt der ganzen Maschine.»
Viele Jahre war dieser Fahrspaß jedoch vor allem etwas fürHobbybastler, die ihre Maschinen entsprechend umbauen konnten. Nachden Anfängen auf den Rennstrecken sollte es noch viele Jahre dauern,bis auch die Hersteller die Fahrspaß-Lücke erkannten. Undüberraschenderweise waren es nicht die großen japanischen Hersteller,sondern ein bis dahin vor allem für reinrassige Gelände-Maschinenbekannter europäischer Motorradbauer: KTM stellte 1998 nach eigenenAngaben die weltweit erste in Serie gebaute Supermoto vor.
Danach vergingen wieder einige Jahre, bis zur Saison 2005 auch diegroßen Motorradbauer auf den Zug der Spaßmaschinen aufgesprungensind. «Wohl jeder Hersteller hat mittlerweile ein entsprechendesModell im Programm», bestätigt Karlheinz Vetter, Sprecher von Yamahain Neuss. Bei Yamaha heißt das so gestaltete Motorrad XT 660 X undwird als «radikale urbane Straßenmaschine» beworben.
Honda in Offenbach bei Frankfurt/Main wiederum hat den BegriffSupermoto für das eigene Produkt leicht entfremdet, um zu zeigen,worum es geht: Die FMX 650 trägt die Zusatz-Bezeichnung Funmoto.Suzuki wiederum benutzt im Zusammenhang mit der DR-Z 400 SM denBegriff «Spaßbiken».
Mit Worten wie Spaß und Fun verfolgt man auch ein bestimmtes Ziel:Die Supermotos sollen helfen, die langsam vergreisende Schar derMotorradfahrer zu verjüngen. Honda hat eine Werbeaktion rund um dieFMX 650 gestartet, sagt Sprecher Aaron Lang. Eine begrenzte Anzahl anKäufern bekommt einen Zuschuss für die Finanzierung desMotorradführerscheins. Auch Karlheinz Vetter sieht die Supermotos alsFahrzeuge für die jüngere Klientel - allerdings spricht er von den30- bis 35-Jährigen, die ja schon als Youngster in der Szene gelten.
Den Spaß mit den Supermotos sollten gerade Einsteiger in dasSegment jedoch nicht gleich übertreiben - das gilt vor allem für dieauf vielen Motiven gezeigten Drifts, bei denen die Maschinen mitrutschendem Hinterrad um die Kurve stürmen. «Das muss man lernen»,warnt Roger Eggers. «Außerdem ist das nichts für öffentliche Straßen,sondern für abgesperrte Rennstrecken oder Übungsplätze.» Denn beieinem Sturz ist der Spaß auch mit einer Supermoto schnell vorbei.

