Meister der Innovation Meister der Innovation: Hersteller sammeln Ideen für Autos von morgen

Frankfurt/Main/dpa. - Die Automobilhersteller investieren in Zukunft und Fortschritt. Denn damit neue Fahrzeuge technisch auf der Höhe der Zeit oder dieser besser noch ein wenig voraus sind, leisten sich die Konzerne eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Mit einem Personalbestand, der manche Universität in den Schatten stellt, forschen diese an sparsamen und leistungsfreudigen Motortechnologien, künftigen Materialkonzepten, einfacheren Bediensystemen, besseren Lenkungen, optimierten Abgasreinigungssystemen oder auch nur an praktischeren Cup-Holdern und schmutzfesten Sitzbezügen.
Dabei hat die deutsche Automobilindustrie mittlerweile eine Vorreiter-Rolle übernommen. Denn nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) in Frankfurt haben die Konzerne in den vergangenen fünf Jahren mehr als 60 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung (F&E) investiert. Mit einem Jahresbudget von 14 Milliarden Euro bestritten sie 2001 knapp ein Drittel der deutschen F&E-Aufwendungen. Und mit jährlich etwa 3000 Patentanmeldungen sind sie nicht nur eine der innovativsten Branchen der Bundesrepublik, sondern vor Japan (1800 Patente), den USA (1500 Patente) und Frankreich (700 Patente) auch Weltmeister der Innovationen.
Entsprechend groß ist der Aufwand, der dahinter steht. So leistet sich beispielsweise BMW in München nach eigenen Angaben seit 1990 das Forschung- und Innovationszentrum (FIZ), in dem etwa 9500 Wissenschaftler, Techniker, Ingenieure und andere Experten über die Zukunft des Automobils grübeln und pro Jahr zwischen 550 und 600 Patente zur Anmeldung bringen. Bei VW in Wolfsburg arbeiten nach Unternehmensangaben im Hochsicherheitstrakt der Forschungs- und Entwicklungsabteilung rund 9000 Experten an den Volkswagen und den Modellen der Konzerntöchter von Morgen.
DaimlerChrysler forscht nach eigenen Angaben im weltweiten Unternehmensverbund mit fast 28 000 Mitarbeitern, die im Jahr rund 2000 patentierungswürdige Erfindungen machen. Opel beschäftigt im Internationalen Technischen Entwicklungszentrum in Rüsselsheim nach Angaben der Pressestelle über 8000 Entwickler, die sich mit Design und Technik künftiger Modelle von Opel, der Schwestermarke Vauxhall sowie Fahrzeugen für den weltweiten Einsatz im GM-Konzern befassen.
Selbst ein vermeintlich kleiner Hersteller wie Porsche leistet sich den Luxus einer Denkfabrik. Das Unternehmen betreibt in Weissach bei Stuttgart ein Entwicklungszentrum, in dem 2300 Ingenieure aller Sparten an Innovationen tüfteln. Allerdings bietet der Sportwagenhersteller dessen Leistungen auch anderen Firmen an. So stimmen die Porsche-Ingenieure nach Unternehmensangaben nicht nur Fahrwerke oder Getriebe für koreanische Kleinwagen und französische Limousinen ab oder übernehmen die Entwicklungsführerschaft bei gemeinsamen Fahrzeugprojekten wie dem Geländewagen-Doppel Porsche Cayenne und VW Touareg. Auf ihr Konto geht zum Beispiel auch das vielfach ausgezeichnete, flexible Sitzsystem im Opel Zafira.
Dabei geht durch den gesamten F&E-Bereich nach Angaben von Ford in Köln eine unsichtbare und nicht immer scharfe Linie, die Forscher und Entwickler trennt. Denn während die Forscher ihrer Zeit oft um Jahrzehnte voraus sind und häufig über künftige Grundlagen und schöne Visionen nachdenken, orientieren sich die Entwickler an der konkreten Produktplanung und sind damit allenfalls eine Modellgeneration von der Gegenwart entfernt. Die Personalverteilung ist dabei entsprechend der Aufgaben: So arbeiten im Entwicklungsbereich etwa bei Ford in Köln mehrere tausend Spezialisten, im Forschungszentrum in Aachen dagegen nur ein paar hundert Wissenschaftler.
So vielfältig wie die Aufgaben bei der Automobilentwicklung, so bunt zusammengewürfelt erscheint bei Forschern und Entwicklern auch das Personal. Zwar stellen nach Angaben von Volkswagen in Wolfsburg Ingenieure aus den technischen Fakultäten wie Maschinen- oder Motorenbauer, Materialwissenschaftler, Physiker und Chemiker das Gros der kreativen Köpfe. Doch auch Soziologen, Mediziner und Psychologen sind gefragt, wenn es um die Zukunft des Autos geht. Und weil bei Kunden mit einem neuen Fahrzeug buchstäblich alle Sinne angesprochen werden, gibt es bei den Herstellern im Entwicklungsteam sogar Tastexperten für die Oberflächenqualität, Akustiker für den passenden Sound und Spezialisten aus der Parfümindustrie, die mit empfindlichen Nasen auf den richtigen Geruch achten.