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KFZ-Versicherung im Vergleich KFZ-Versicherung im Vergleich: Diese Anbieter knausern bei Unfall, Steinschlag & Co.

02.12.2017, 08:38
Nach einem Unfall wünschen sich Geschädigte eine schnelle Regulierung des Schadens. Doch manche Versicherungen lassen sich damit Zeit. (Symbolbild)
Nach einem Unfall wünschen sich Geschädigte eine schnelle Regulierung des Schadens. Doch manche Versicherungen lassen sich damit Zeit. (Symbolbild) imago stock&people

Hamburg - Die Regulierung von KfZ-Haftpflichtschäden hat sich nach der Beobachtung von Verkehrsanwälten in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Besonders der Marktführer HUK-Coburg falle negativ auf. Das hat eine Forsa-Umfrage ergeben, über die der "stern" in seiner am Donnerstag erscheinenden neuen Ausgabe berichtet.

72 Prozent der 1072 befragten Anwälte sagen, dass sich in den letzten fünf Jahren das Regulierungsverhalten verschlechtert habe, für 52 Prozent sogar deutlich, lediglich vier Prozent erkennen Verbesserungen. Vor allem die Bearbeitungszeiten haben sich offenbar deutlich verlängert. Außerdem wird der Einsatz von Verzögerungstaktiken kritisiert sowie die immer häufigere, meist unberechtigt erscheinende Kürzung bzw. Zurückweisung von Leistungen.

Regulierung im Schadensfall: Deutliches Gefälle zwischen den Unternehmen

Bei offener Abfrage benennen die Anwälte als Problemversicherer Nummer Eins spontan die HUK-Coburg, gefolgt von der Allianz und der VHV. Bei der Interpretation ist zu berücksichtigen, dass diese Unternehmen eine sehr große Zahl von Versicherungsverträgen haben und es dementsprechend ein höheres Potenzial für Streitfälle gibt. Doch die Forsa-Studie zeigt in einer Vielzahl von Frage-Komplexen ein deutliches Gefälle zwischen den Unternehmen.

Bei der Bewertung der 20 umsatzstärksten Versicherungsunternehmen sagen 68 Prozent der Verkehrsanwälte, dass es bei der HUK Coburg "häufig" Probleme bei der Regulierung von Haftpflichtschäden gebe. Dahinter folgen die VHV (46 Prozent) und die Allianz (44 Prozent). Die wenigste Kritik gibt es an der Gothaer, bei der lediglich neun Prozent von häufigen Problemen berichten.

Test: Allianz schneidet bei Bearbeitungszeit schlecht ab

In der Kategorie Bearbeitungszeiten schneidet die Allianz am schlechtesten ab. 50 Prozent der befragten Anwälte sagen, dass es bei ihr häufig zu unangemessen langen Bearbeitungszeiten komme. Dahinter folgen die HUK-Coburg (36 Prozent) und die VHV (33 Prozent).

Allianz und VHV wollten sich gegenüber dem "stern" nicht äußern. Die HUK-Coburg, Marktführer mit mehr als elf Millionen Verträgen, wehrt sich gegen die Kritik der Anwälte. "Unsere Kunden beschweren sich seltener als marktüblich, und wir führen seltener Prozesse mit Kunden oder Anspruchstellern", so Holger Brendel von der Unternehmenskommunikation des Versicherers gegenüber dem "stern".

„Der Geschädigte kann nicht darauf vertrauen, dass ihm freiwillig das gezahlt wird“

Der Gesamtverband der Versicherungen kritisiert, dass sich die Erfahrungen der Anwälte nur auf unzufriedene Kunden stütze. Dem widerspricht Jörg Elsner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein, der die Umfrage in Auftrag gegeben hat: "Der Geschädigte kann nicht darauf vertrauen, dass ihm freiwillig das gezahlt wird, was ihm zusteht."

Bei den Versicherern würde die Schadensregulierung heute nicht nach juristischen, sondern nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt. "Unsere regelmäßigen Umfragen zeigen, welche Versicherer hier besonders auffallen."

Das Forsa-Institut hat vom 6. Oktober bis 3. November 2017 insgesamt 1072 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein mithilfe eines Online-Fragebogens befragt.

Das Unfall-ABC: Ruhe bewahren und nichts überstürzen

Nach einem Unfall sind Ärger und Aufregung oft groß. «Das ist eine klassische Stresssituation, in der selten benötigte Handlungen nicht so einfach abrufbar sind», erklärt der Verkehrspsychologe Thomas Wagner von der Dekra. Es sei durchaus verständlich, dass viele Autofahrer zunächst etwas planlos reagierten. «Dann ist es ratsam, einen kurzen Break zu machen, einmal richtig durchzuschnaufen und langsam von 30 herunterzuzählen.» Das sorge für etwas Beruhigung und helfe, die Gedanken zu sortieren.

Das Wichtigste ist zunächst, die Unfallstelle abzusichern

Hilfreich ist, im Handschuhfach eine Kurzanleitung für die wichtigsten Schritte nach einem Verkehrsunfall griffbereit zu haben. Die werde sowohl von der Dekra und vielen Autoclubs angeboten.

Das Wichtigste ist zunächst, die Unfallstelle abzusichern. «Das bedeutet: Warnblinklicht einschalten, Warnweste anziehen und danach das Warndreieck 50 bis maximal 100 Meter entfernt vom Fahrzeug aufstellen», sagt Hannes Krämer vom Auto Club Europa (ACE). Bei einem Unfall auf der Autobahn sollten alle Fahrzeuginsassen den Wagen unverzüglich mit größter Umsicht verlassen und sich hinter der Leiplanke in Sicherheit bringen. «Erst dann sollte der Notruf abgesetzt werden.» Verletzten muss Erste Hilfe geleistet werden.

Polizei muss nicht zu jedem Unfall kommen

Bei Verletzten, einem hohem Sachschaden, wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind oder auch wenn sich der Unfallgegner einfach vom Unfallort entfernt, sollte immer die Polizei gerufen werden. Eine Verpflichtung, zu jedem Unfall zu kommen, hat die Polizei jedoch nicht. Bei kleineren Bagatellschäden sei dies in der Regel auch nicht notwendig: «Hier haben Autofahrer vielmehr die Pflicht, sofort die Straße zu räumen, um den nachfolgenden Verkehr nicht weiter zu beeinträchtigen», sagt Krämer. Ein typischer Bagatellschaden sei beispielsweise ein oberflächlicher Lackschaden. Wer bei so einem Kleinschaden dennoch auf die Polizei wartet und den Unfallort nicht räumt, riskiere ein Bußgeld von 30 Euro.

Liegt ein Sachschaden vor und die Unfallgegner sind sich einig, reicht es aus, Adresse und Versicherungsdaten auszutauschen, sagt Philipp Sander vom Automobilclub Mobil in Deutschland. Die Versicherungsnummer sollte immer im Fahrzeug mitgeführt werden, praktischerweise in Form der Grünen Versicherungskarte.

„Versicherungen haben natürlich ein Interesse daran, die Rechnungen klein zu halten“

Die Verkehrsrechtsanwältin Daniela Mielchen rät dazu, nicht unüberlegt alles Weitere der gegnerischen Versicherung zu überlassen. Denn damit schade sich der Autofahrer möglicherweise selbst: «Die Versicherungen haben natürlich ein Interesse daran, die Rechnungen klein zu halten.» Wer nicht selbst an einem Unfall schuld ist, habe jedoch beispielsweise die freie Werkstattwahl sowie das Recht auf einen freien Gutachter und einen Ersatzwagen. «Werden diese Dinge gleich von der Versicherung geregelt, fährt der geschädigte Autofahrer möglicherweise deutlich schlechter.» Denn gerade bei Unfallgutachten sei der Ermessensspielraum groß. Rechtsanwaltskosten müssen bei einem unverschuldeten Unfall von der gegnerischen Partei bezahlt werden.

Autofahrer sollten bei einem Unfall immer nach Zeugen Ausschau halten. Denn diese können gerade bei strittigen Situationen entscheidend sein. «Ideal ist natürlich, gleich vor Ort Name und Adresse zu notieren. Im Zweifelsfall aber kann auch schon das Kennzeichen eines Zeugen ausreichen», sagt Mielchen. Ein wichtiges Beweismittel sind Fotos oder Videos der Unfallsituation aus möglichst vielen Perspektiven.

Passiert ein Verkehrsunfall im Ausland, rät Sander dazu, immer die Polizei zu informieren, damit sei der Autofahrer auf der sicheren Seite: «In Bulgarien, Kroatien, Polen, Tschechien oder Ungarn beispielsweise müssen auch Bagatellschäden offiziell von der Polizei aufgenommen werden, nur dann kann der Schaden im Nachhinein auch über die Versicherung reguliert werden.» (mz)