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Hindustan Ambassador Hindustan Ambassador: Indiens Taxifahrer trauern um ihr Kultauto

21.07.2014, 14:00
Ein fabrikneuer Oldtimer: Der Hindustan Ambassador basiert auf dem Morris Oxford von 1948 und ist das Standardtaxi in Indien. In Deutschland gibt es ihn nicht.
Ein fabrikneuer Oldtimer: Der Hindustan Ambassador basiert auf dem Morris Oxford von 1948 und ist das Standardtaxi in Indien. In Deutschland gibt es ihn nicht. dpa Lizenz

Von seinem letzten Urlaub in Indien sind Christopher Starke vor allem die Taxen in Erinnerung geblieben. Als Autofan hat sich der Getränkehändler aus Mittelhessen weniger am Taj Mahal oder der Altstadt von Delhi erfreut als am Hindustan Ambassador. Schließlich ist die barocke Limousine so etwas wie ein fabrikneuer Oldtimer. Denn das Standardtaxi auf dem Subkontinent basiert auf dem englischen Morris Oxford und wurde mehr als 50 Jahren nahezu unverändert gebaut.

„Der Wagen hatte so viel Charme, dass ich am liebsten einen mit nach Hause genommen hätte», schwärmt Starke. Noch immer trauert er der verpassten Gelegenheit ein wenig hinterher. Doch im Prinzip ist er froh, dass er die Schnapsidee nicht verwirklicht hat. Denn wer als Urlaubssouvenir ein Auto mitbringt oder einen Exoten importieren will, um aufzufallen, der hat reichlich Papierkram zu erledigen. Vor allem dann, wenn das Auto in Europa sonst nirgends zu haben ist.

Keine Konkurrenz im eigenen Land

Und auch in Indien dürfte der Oldtimer jetzt immer seltener werden. Im Mai wurde die Produktion eingestellt. Dennoch ist die Geschichte des Hindustan Ambassador eine unerwartet erfolgreiche.

Das einst von den Engländern regierte Indien begann in den 1940er Jahren die Herstellung von britischen Lizenzfahrzeugen. Während des zweiten Weltkrieg brach der Transportweg zwischen England und dem Subkontinent nahezu komplett zusammen, die indische Wirtschaft entwickelte sich.

1959 kam in England der neue Morris Oxford auf den Markt, Indien hingegen war mittlerweile unabhängig und Hindustan Motors sicherte sich die Rechte an dem Vorgänger-Modell – dem Morris Oxford Serie III von 1956. Aus diesem Modell entstand der Hindustan Ambassador. Vor allem als Taxi und Behördenlimousine erfreute er sich schnell großer Beliebtheit. Und dank der hohen Zoll-Hürden – die ausländische Konkurrenz fern hielt – stieg Hindustan zum erfolgreichsten Autohersteller Indiens auf.

Kein Sicherheits-Klimbim

Lange Zeit gab es den Viertürer nur als Benziner, doch längst sind auch zwei Diesel-Modelle mit 1,5- und 2.0-Liter-Maschine auf dem Markt. Viele der Autos sind mittlerweile auch auf Gas-Antrieb umgerüstet worden. Der Wagen wird durch ein Fünfgang-Getriebe mit Hinterradantrieb gesteuert.

Das Kultauto ist gute 4,30 Meter lang und von innen sehr geräumig. Auf störenden Sicherheits-Klimbim wie Kopfstützen, Sicherheitsgurte oder Airbags wird verzichtet. Dank der häufig an den Seitenfenstern angebrachten Gardinen und der Teppiche auf dem Boden fühlen sich die Taxi-Gäste dennoch gut aufgehoben.

Mittlerweile ist der Marktanteil von Hindustan jedoch stark zurückgegangen. Laut „Spiegel online“ hat das Werk in Uttarpara (Westbengalen) über 2300 Angestellte, die 2013 pro Arbeiter nur ein Auto produziert haben. Indischer Durchschnitt bei Autobauern seien 365 Autos pro Arbeiter und Jahr.

Immer mehr Hersteller aus Europa und Asien kommen auf den indischen Markt und umgehen die hohen Zölle, indem sie vor Ort produzieren. Die Herstellung des Kultautos rechnete sich nicht mehr und wurde daher eingestellt. Der Ambassador dürfte also seltener werden, sein Wert aber eher steigen.

Andere Länder, andere Taxen: Sehen Sie in der Bilderstrecke, wie sich die Welt fahren lässt.

Handkarren und der Ambassador gehören bis heute zum Stadtbild vieler indischer Großstädte.
Handkarren und der Ambassador gehören bis heute zum Stadtbild vieler indischer Großstädte.
dpa Lizenz