Geschichte Geschichte: Im Geburtsland der vier Ringe
Halle/MZ. - Rosemeyers Wagen war eines der Marke Auto Union. In den dreißiger Jahren war die Auto-Union nach Opel die größte deutsche Automobilfirma. Ihr Marktanteil: mehr als 25 Prozent. Zum noch jungen Konzern, der seinen Sitz in Chemnitz hatte, gehörten die legendären Marken Horch, Audi, DKW und Wanderer. Mehr als hunderttausend Motorräder und Autos verließen damals Jahr für Jahr die sieben Werke in Sachsen, in denen rund 23 000 Menschen arbeiteten.
Der Rennsport sollte die Bekanntheit steigern und das Geschäft ankurbeln. Die sportlichen Erfolge waren aber auch Teil der NS-Propaganda: Technikverehrung und Heldenmythos passten den Nazis bestens ins Konzept.
Angefangen aber hatte alles mit August Horch. Der war 1868 in Winningen an der Mosel auf die Welt gekommen. Nach Schmiede-Lehre und Studium des Maschinen- und Motorenbaus, nach Tätigkeiten in Rostock, Mannheim und Köln, kam er schließlich nach Sachsen. Am 10. Mai 1904 machte sich der damals 35-Jährige auf den Weg ins Zwickauer Amtsgericht. Dort ließ er die "A. Horch & Cie. Motorenwerke AG" ins Handelsregister eintragen. Das war vor 100 Jahren. 1904 nahm die neue Firma die Produktion auf, Autopionier Horch konstruierte damals erfolgreich robuste Vierzylinder. Allerdings zerstritt er sich bald mit den im Aufsichtsrat sitzenden Geldgebern und verließ das eigene Unternehmen bereits fünf Jahre später wieder. Das Horch-Werk blieb dennoch auf Erfolgskurs. 1938 kam die Hälfte aller im Deutschen Reich verkauften Achtzylinder aus dem Zwickauer Werk. Horch selbst gründete in unmittelbarer Nachbarschaft eine neue Firma mit einem neuen Namen.
Ein Gericht hatte entschieden, dass die Rechte am Namen Horch bei der AG verbleiben mussten. Gewitzt, wie er war, übersetzte Horch seinen Familiennamen ins Lateinische. Der neue Markenname: Audi. Horch trieb die Entwicklung im Automobilbau weiter voran und präsentierte als erstes deutsches Unternehmen ein Serienfahrzeug mit Linkssteuerung. Wirtschaftlich aber ging es bergab. Seine Audis verkauften sich einfach nicht. 1928 wurde das wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen von DKW geschluckt, dem in Zschopau ansässigen größten Motorradbauer der Welt. Auch bei anderen kriselte es, so hatte Wanderer in Chemnitz Absatz-Probleme und auch bei Horch lief es nicht rund. 1932, vier Jahre später, schlossen sich schließlich Horch, Wanderer und die DKW-Fabriken, zu denen Audi bereits gehörte, zur Auto Union AG zusammen. Markenzeichen: die vier Ringe. Sitz des Konzerns: Chemnitz. Von da an ging's bergauf. Die Autoproduktion vervierfachte sich in sechs Jahren.
Die 1949 gegründete Auto Union GmbH, Vorläufer der heutigen Audi AG, setzte schließlich die Tradition der vier Ringe fort. Zunächst wurden vor allem Nutzfahrzeuge gebaut, bald folgten auch Personenkraftwagen wie der IFA F 8. Mit dem P 70 ging 1955 das erste Auto mit Kunststoff-Karosserie in Serie. Zwei Jahre später rollte der erste Trabant vom Band, im April 1991 verließ der letzte Trabant das Zwickauer Sachsenring-Werk, es war der 3 096 099. insgesamt.
Nach dem Mauerfall erlebte der Automobilbau in Sachsen eine Renaissance. Die Ausgangssituation war günstig: An Fachkräften herrschte kein Mangel. Den Grundstein legte 1990 das Engagement von VW. Der frühere Konzernchef Carl Hahn, gebürtiger Chemnitzer, machte sich dafür stark, dass in Mosel bei Zwickau wieder Autos vom Band rollen. In Chemnitz betreibt Europas größter Autobauer zudem eine Motorenfabrik, in Dresden werden die VW-Luxusautos "Phaeton" montiert. Porsche und BMW folgten in Leipzig, Hunderte Zulieferer siedelten sich an.
Heute arbeiten in Sachsen wieder 60 000 Menschen in der Autobranche. Von der einstigen Bedeutung ist der Automobilbau aber noch ein ganzes Stück entfernt: Immerhin stammte in der Vorkriegszeit fast jedes dritte in Deutschland gefahrene Auto aus Sachsen.