Extra Extra: Unterwegs ohne Pedale und Lenkrad
Halle/MZ. - Wernach einem Unfall früher im Koma lag odertot war, der landet heutzutage im Rollstuhl!"Lakonisch sagt Ingenieur Stefan Mücke, warumer vom Auto ohne Lenkrad und Pedale überzeugtist. Airbags haben zwar die Kopfverletzungen"entschärft", aber die Verletzungsgefahr anBrustkorb und Beinen blieb. Wer jedoch nichtvor einem Lenkrad sitzt, kann sich im Falleeines Unfalles auch nicht die Beine oder denBrustkorb daran verletzen. Und wer kein Pedalvor sich hat, kann sich auch nicht mit demFuß dahinter verhaken. Aus diesem Grunde könntenach Ansicht einiger Automobilhersteller einkleiner Steuerknüppel auf der Arm- und inder Mittelkonsole Unfallfolgen verringern,s>denn er könnte in ein paar Jahren Lenkradund Pedale ersetzen. Wenn der Fahrer solcheinen Steuerknüppel, "Sidestick" genannt,nach vorn drückt, dann beschleunigt er dasAuto, und er bremst, wenn er ihn nach hintenzieht. Mit einem Druck zur Seite lenkt erdas Auto, und zwei Druckknöpfe links und rechtssetzen den Blinker in Gang. Die Hupe betätigtman mit einem Knopf an der Vorderseite.
Die Idee der Sidesticks ist nicht neu: Schon1959 konzipierte General Motors einen, mitdem der Fahrer Gas geben, bremsen und lenkenkonnte, und auch Saab stellte 1991 einen fürdie Lenkung her, seit 1996 beschäftigt sichDaimler-Benz mit der neuen Lenkungsart. Erforschtwerden die Ergonomie (Wie viele s>soll esgeben? Wo müssen sie angebracht werden? Undwie stark muss der Fahrer drücken, um dasAuto zu bewegen?), und auch die Fahralgorithmen(Wie viel Widerstand muss der Fahrer spüren?),das Handling (Kann man damit gut umgehen?)und natürlich die Technologie. Noch sind Sidesticksvom Gesetzgeber nicht erlaubt, denn ein Automuss mechanisch zu lenken sein. Sidesticksjedoch funktionieren durch eine elektronischeSteuerung. Diese ersetzt sowohl die mechanischeVerbindung zwischen Lenkrad und Lenkung alsauch die hydraulische, d.h. mit Flüssigkeitsdruckbetriebene Verbindung zwischen Pedalen undAntrieb bzw. Bremse. "In drei bis fünf Jahrenfällt die Hürde durch den Gesetzgeber", sagtStefan Mücke. "Die Autoindustrie muss nachweisen,dass es mindestens die gleiche Ausfallsicherheitgibt wie bei einer mechanischen Verbindungzwischen Lenkung und Rädern. Die Serienreifewäre zwar in etwa fünf bis zehn Jahren gegeben- technologisch. Doch wann es wirklich losgeht, das ist wohl auch eine politische Frage."
DaimlerChrysler hat inzwischen mehrere Versuchsfahrzeugemit Sidestick gebaut. Das Neueste hat sogarzwei. Erstens kann der Fahrer dann abwechselnddie linke und die rechte Hand nutzen, zweitensist eine erhöhte Ausfallsicherheit gegeben.Auch sonst haben die Forschungsingenieurein den letzten Jahren einiges verändert. Sosind die Steuerknüppel nicht mehr nach vornund hinten beweglich, sondern nur noch nachlinks und rechts: Beschleunigung und Bremsungfunktionieren isometrisch, die Knüppel erkennenDruck, bewegen sich aber nicht. Vorher hattendie Fahrer "herumgerührt", und sie konntennicht mehr zwischen Lenken und Bremsen bzw.Beschleunigen unterscheiden. Inzwischen aberfunktioniert diese Schnittstelle zwischenMensch und Maschine sehr gut, wenn man demHersteller glauben darf: Der Konzern setztezwei Gruppen von Fahranfängern in Fahrsimulatoren.Die eine Gruppe lernte das Fahren mit Lenkradund Pedalen, die andere mit Sidesticks. Die17 Sidestick-Schüler lernten die Koordinierungvon Brems-, Gas- und Lenkbewegungen innerhalbvon einer bis drei Stunden und "sie hattenkaum Probleme in kritischen Situationen",hieß es im Protokoll.