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Entwicklung Entwicklung: Bibbern für die Typgenehmigung

Von Thomas Geiger 07.03.2006, 11:05

Flensburg/Köln/dpa. - «Erst wenn der Hersteller all das lückenlos nachweisen kann, gibt es Brief und Siegel von den Zulassungsbehörden», sagt Frank Wrobel vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg.

Mehr als 16 000 Typgenehmigungen werden dort pro Jahr abgewickelt. Das Gros davon dreht sich um Einzelkomponenten wie Räder, Felgen oder Elektronikbauteile. Neue, «Whole Vehicle Type Approvals» macht mit 102 EG-Gesamtgenehmigungen und 154 nationalen Fahrzeuggenehmigungen im vorigen Jahr nur einen kleinen Teil aus.

Diese Genehmigungen ziehen jedoch viele Einzelgenehmigungen nach sich. Deshalb kostet ein solches Verfahren den Hersteller allein an Gebühren laut KBA bis zu 5000 Euro. «Der größte Anteil an den Kosten für solch eine Genehmigung entsteht durch die Prüfungen bei den Technischen Diensten wie TÜV oder Dekra», sagt Wrobel.

Äußeres Zeichen des amtlichen Segens sind eine 15-stellige Genehmigungsnummer und die «Übereinstimmungsbescheinigung», die jedem Neuwagen beigelegt wird. «Erst gegen Vorlage dieser Papiere stellt die Zulassungsbehörde den Fahrzeugschein aus», sagt Wrobel. Dieses Verfahren lasse sich nur mit einer «Einzelabnahme» umgehen, die bei den Prüfstellen vor Ort vorgenommen wird und mehr Geld kostet.

Der Weg zu Brief und Siegel kann sehr lang sein. «Denn die Genehmigungsbehörden verlangen von uns kein einzelnes Gutachten für jedes neue Modell, sondern mehr als 50 so genannte Systemgutachten», sagt Hans Lutsch von Peugeot Deutschland in Saarbrücken. So müsse der Hersteller etwa nachweisen, dass die Sicherheitsgurte richtig funktionieren oder die Außenspiegel das vorgeschriebene Sichtfeld erschließen.

Die so genannte Homologation bindet viel Zeit und Personal, sagt Jörg Arend von Ford in Köln. «Unser Team hat rund 45 Mitarbeiter und ist pro Fahrzeugtyp etwa ein halbes Jahr beschäftigt.» Fehlt eine Einzelgenehmigung, hat ein Neuwagen keine Chance auf die Zulassung.

Je größer die Vielfalt bei den Karosserievarianten, desto größer ist auch der Aufwand bei den erforderlichen Crashtests. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein für Millionenstückzahlen vorgesehener Wagen oder ein exotischer Spitzensportler gecrasht wird. «Deshalb mussten wir bei der Entwicklung des Maybach 30 Exemplare der Luxuslimousine im Dienst der Sicherheit opfern», sagt Maybach-Sprecher Stefan Diehl.

Rund um die Verfahren hat sich in den Neunzigern ein gewisser Behörden-Tourismus entwickelt. «Weil seitdem die Typgenehmigung von einem EU-Staat in jedem anderen EU-Staat anerkannt wird, spielt es keine Rolle mehr, ob der Hersteller seine Typgenehmigung beim KBA in Flensburg oder bei der entsprechenden Behörde in London beantragt», sagt Hans Lutsch von Peugeot.

Doch auch wenn die Vereinheitlichung in Europa funktioniert, ist der Weltmarkt von gemeinsamen Standards offenbar weit entfernt: «Wenn wir einen in Europa geprüften und zugelassenen Wagen nachträglich auch nach Japan oder nach Australien bringen wollen, müssen wir dafür zahlreiche zusätzliche oder komplett neue Normen erfüllen», sagt Arend. «Dann geht die ganze Arbeit quasi wieder von vorne los.»