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Digitale Daten  Digitale Daten : Diese Dinge weiß Ihr Auto schon über Sie

10.02.2015, 14:37
Moderne Pkw sind mit einem großen Infotainment-Paket und zahlreichen Assistenz-Systemen ausgestattet. Diese sammeln viele Daten über Auto und Fahrer.
Moderne Pkw sind mit einem großen Infotainment-Paket und zahlreichen Assistenz-Systemen ausgestattet. Diese sammeln viele Daten über Auto und Fahrer. dpa Lizenz

Kaum jemand kramt heutzutage noch einen Stadtplan hervor. Wer die Route nicht kennt, lässt sie sich vom Navi berechnen. Auch Unfälle werden schon heute durch einen Notbremsassistenten, die Fußgängererkennung, das Stabilitätsprogramm ESC oder den Fernlichtassistenten verhindert.

Ab Oktober 2015 soll zudem ein automatisches Notrufsystem in allen neu zugelassenen Pkw-Modellen installiert sein. Beim sogenannten E-Call registrieren Sensoren im Auto den Unfall. Das System wählt daraufhin automatisch die europäische Notrufnummer 112 und stellt über das Mobilfunknetz eine Telefonverbindung zur zuständigen Notrufzentrale her.

Zusätzlich zu der Sprechverbindung überträgt das Notfallsystem auch die Positionsdaten des Unfallautos sowie Informationen zu Unfallzeitpunkt, Fahrzeugtyp und Fahrtrichtung. So kann gegebenenfalls sogar bewusstlosen Unfallopfern schnell geholfen werden. Den automatischen „Hilferuf“ können Käufer von Fahrzeugen des Premiumsegments schon länger als kostenpflichtige Sonderausstattung ordern.

2020 schon 250 Millionen vernetzte Fahrzeuge

Nach Einschätzung von Marktforschern der Analysefirma Gartner dürften bis zum Jahr 2020 etwa 250 Millionen vernetzte Fahrzeuge unterwegs sein. Das wäre rund jedes fünfte Auto weltweit. Damit könnten auch die vielen Daten, die von den Sensoren der Fahrzeuge gesammelt werden, weitergefunkt werden. In Entwicklung sind unter anderem Systeme, bei denen sich Fahrzeuge automatisch vor Unfällen, Staus oder Behinderungen wie Glatteis und Nebel warnen können.

Zudem stehen Versicherer in den Startlöchern mit Geschäftsmodellen, bei denen Tarife an die Auswertung des Fahrverhaltens angepasst werden. Werkstätten wollen Service-Angebote an Daten über den tatsächlichen Verschleiß von Teilen anbinden. Gleichzeitig arbeiten Autobauer und Internet-Firmen an selbstfahrenden Fahrzeugen, die noch stärker auf digitale Informationen angewiesen sind.

70 Geräte im Auto sammeln Daten

Doch die zahlreichen Assistenzsysteme sammeln kontinuierlich Daten – ob Navi oder Scheinwerfer, das Außenthermometer oder die Wischwasseranzeige. Dass im modernen Auto bis zu 70 Steuergeräte Informationen speichern, ist der Mehrheit der Verbraucher nicht bekannt, wie eine repräsentative Verbraucherbefragung im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) ergeben hat.

Die Palette der Informationen, die von den elektronischen Bauteilen im Auto registriert werden können, ist beeindruckend. Deutlich machte dies auch Dipl.-Ing. Jürgen Bönninger, Geschäftsführer der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH. Ihm zufolge kann die Auto-Elektronik bereits heute schon folgende Dinge erfassen:

„Wer die Daten hat, hat die Macht“

Und die Datenspeicherung ist noch längst nicht ausgeschöpft. Selbst die Politik drängt die Autokonzerne dazu, mehr Informationen zu sammeln: „Wer die Daten hat, hat die Macht. Und Autos und Autofahrer liefern besonders attraktive, wertvolle Daten“, sagte EU-Digitalkommissar Günther Oettinger beim Neujahrsempfang des Verbands der Automobilindustrie (VDA) in Berlin. „Aus Daten Dienstleistungen zu machen, Daten europäisch zu verwerten – das muss nicht nur in Kalifornien (wo Internetkonzerne wie Google sitzen, Anm. d. Red.) gehen, sondern Kern einer digitalen europäischen Strategie sein.“

Datenschützer sehen die zunehmende Digitalisierung kritisch. Denn die Computer und Steuergeräte in den Kraftfahrzeugen von heute können nicht nur Informationen technischer Art aufzeichnen, also etwa zum Zustand oder der Funktionstüchtigkeit von Fahrzeugteilen. Zunehmend werden auch Angaben zum Fahrverhalten und zum Profil der Fahrer gespeichert. Solche Auskünfte sind nicht nur für Polizei und Versicherungen von großem Interesse, sondern auch für die Werbebranche.

Was passiert mit den Daten?

Die Frage ist also: Was passiert mit den gesammelten Daten? Die Hersteller erklären regelmäßig, dass sie die Informationen nicht weitergeben. Überprüfen kann dies jedoch niemand. Klar scheint, dass Autofirmen die Daten dazu nutzen, um zu überprüfen, wie der Fahrer seinen Wagen behandelt hat. Wer das Auto tagtäglich von 0 auf 100 tritt, ohne den Motor vorher warmlaufen zu lassen, und anschließend auf einem neuen Motor besteht, der kann seinen Garantieanspruch getrost vergessen.

Werden wir zum gläsernen Autofahrer?

„Autofahrer müssen selbst entscheiden können, welche Daten erhoben und an wen diese übermittelt werden“, forderte Justizminister Heiko Maas (SPD) anlässlich des „Safer Internet Days“ am Dienstag.

Multimediasysteme, Sensoren oder Positionsempfänger erzeugten immer mehr Daten. Dies bringe Vorteile, etwa wenn Opfer bei Unfällen schneller zu erreichen seien. „Was wir nicht wollen, ist aber der 'gläserne' Autofahrer, für den Bewegungsprofile erstellt und Daten über den Fahrstil gesammelt werden“, sagte Maas.

Der Minister forderte die Hersteller zur Datensparsamkeit auf. Für ein automatisches Notrufsystem sei es zum Beispiel nicht erforderlich, dass permanent die Geschwindigkeit gespeichert werde. (mit Material der dpa und Ampnet)

Ab Oktober 2015 soll das neue E-Call-System in allen neu zugelassenen Pkw-Modellen installiert sein. Es kann für schnelle Hilfe sorgen, gibt jedoch auch viele Daten preis.
Ab Oktober 2015 soll das neue E-Call-System in allen neu zugelassenen Pkw-Modellen installiert sein. Es kann für schnelle Hilfe sorgen, gibt jedoch auch viele Daten preis.
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