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MZ-Test Der Ford Explorer stößt als Plug-in-Hybrid schnell an seine Grenzen

Der fünf Meter lange SUV bietet auch als PHEV einen riesigen Laderaum und sieben Sitze. Aus Sechszylinder und E-Motor lassen sich 475 PS rausholen.

Von Hans-Ulrich Köhler 28.03.2022, 09:44
Der Ford Explorer PHEV
Der Ford Explorer PHEV huk

Halle/Saale - Der aktuelle Ford Explorer PHEV wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Er ist fünf Meter lang, zwei Meter breit, zweieinhalb Tonnen schwer, hat 475 PS, und nur selten kann man den Verbrauch auf 100 Kilometern unter die zehn Liter drücken. Bei sehr flottem Autobahntempo werden es meist über 12 Liter. Dabei hat er modernste Technik unterm Blech, denn der Sechszylinder-Motor erhält Hilfe von einem Elektromotor. Dieser Explorer ist ein Plug-in-Hybrid (PHEV), eine Technik, die derzeit als Brückentechnologie gilt auf dem Weg zu noch umweltschonenderen Antrieben.

Die elektrische Hilfe beim Spritsparen ist marginal, auch wenn Ford anderes behauptet. Denn der Hersteller gibt einen Normverbrauch von 3,1 Litern auf 100 Kilometer an. Dem stehen die im MZ-Test erreichten zehn bis zwölf Liter gegenüber. Bei langer, konstanter Autobahnfahrt mit Tempo 130 gelang es, den Verbrauch bei 11,2 Litern pro 100 Kilometer einzupegeln, allerdings ohne die Batterie aufzuladen, wenn sie unterwegs leer war. Würde man das machen, müsste man auf einer 200 Kilometer-Strecke wenigstens einmal an die Ladebox , will man weiter die Hilfe einer vollen Batterie abrufen. Sie ermöglichte im Test eine sehr leichte Verringerung de Verbrauchs, irgendwas um die 0,2 Liter. Exakt messbar ist das wohl nur unter Laborbedingungen.

Aber auch die hohen Verbrauchswerte verlangen nach sachlicher Einordnung: Für einen Sechszylinder mit fast 500 PS und 2,5 Tonnen Gewicht sind zehn, elf Liter kein schlechter Wert. Ob aber derartiger Leistungsüberfluss wünschenswert ist, steht auf einem anderen Blatt. Die Kraft wird beim Explorer PHEV durch ein Zehn-Gang-Automatik auf die Hinterachse geleitet. Nur bei Bedarf verteilt sich der Kraftstrom automatisch auch auf die Vorderräder und eröffnet so weite Räume für die Fahrt durch unwegsames Gelände. Fährt man den Explorer ausschließlich mit Elektroantrieb, reicht der Saft laut Norm nur für 40 Kilometer, ein Wert der im MZ-Test nie erreicht wurde, meist war bei 30 Kilometern Schluss. Das heißt, nach nicht mal einer Stunde ist bei rein elektrischer Fahrt der Akku, der den E-Motor antreibt, leer. Lässt man Verbrenner und E-Antrieb gemeinsam arbeiten, leert sich die Batterie nicht ganz so schnell. Dennoch: Will man den Hybrid-Explorer artgerecht fahren, müsste er sehr oft an eine leistungsfähige Ladestation (drei Stunden) oder gut sechs Stunden an eine Haushaltssteckdose - alles ziemlich praxisfern. Kein Wunder also, dass die meisten Plug-in-Hybrid-Autos den Löwenanteil ihrer Strecken ohne Stromhilfe zurücklegen, sondern Kraftstoff verbrennen und entsprechend viel Kohlendioxid ausstoßen.

Will man die Leistung des Hybrid-Explorers ausschöpfen, muss man raus aus der Stadt und rein in den hohen Spritverbrauch. Dann macht der Wagen mit seinem fulminanten Antritt (Drehmoment 850 Nm !) große Freude. Kraft ist immer da, egal in welchem Tempobereich man antritt (Spitze 245 km/h. Die Straßenlage bei hohen Tempo und die Stabilität in Kurven sind trotz einer Höhe von 1,80 Metern stets stabil und sicher. Man kann mit dem Explorer PHEV angenehm lautlos durch die Stadt gleiten und rangieren, verlässt man sich ausschließlich auf Strom. Aber in der Stadt fahren ist mit einem so unübersichtlich Dickschiff keine Freude (Wendekreis 12,7 Meter). Die deutschen Parklückenmaße bringen den wuchtigen Amerikaner ständig in Bedrängnis. Seine Anhängerkupplung kann bis zu zweieinhalb gebremste Tonnen Last ziehen.

Der Wagen punkten mit einem überbordenden Platzangebot. Es finden bis zu sieben Personen Platz. Mindestens vier von ihnen sitzen so komfortabel wie in einer großen Limousine, die (ausklappbare) dritte Reihe ist auch hier eher eine Kinderreihe. Die zwei hinteren Sitzreihen lassen sich zu einer ebenen Fläche umklappen und machen im Fond des Explorers gewaltige 2.274 Liter Kofferraumvolumen frei. Schiebt man den Beifahrersitz weit vor und neigt seine Lehne, passen Gegenstände von bis zu 2,30 Meter Länge in die rechte Hälfte des SUV. Platz bieten Ablagen an vielen Stellen, allein zwölf Becherhalter gibt es. Sehr schön das große Sonnendach mit schwarzer Stoffblende. Smartphone-Nutzer freuen sich über den WLAN-Hotspot und die USB-Lader auch für die Rückbank. Die gefahrene Platinum-Edition spiegelt das amerikanische Verständnis von Luxus - viel Leder, viel Holz und an Stellen, wo es nicht so auffällt Hartplastik. Der senkrecht stehende Zehn-Zoll-Infotainmentscreen funktionierte gut, übersichtlich, schnell, ist leicht handhabbar. Unproblematisch die Anbindung an Apple-Carplay und Android Auto. Ein Head-Up-Display bietet der Ford Explorer nicht. Die Assistenzsysteme funktionierene sehr sensibel. Man lernt besonders den Parkassistenten schätzen. Auch ein Toter-Winkel-Assistent mit Querverkehrswarner hilft. Das System warnt so vor Fahrzeugen, die sich dem Heck des Explorers seitlich nähern, und aktiviert zur Vermeidung einer Kollision notfalls auch die Bremse. Die Fahrassistenzen wie Fahrspur-Pilot, Stau-Assistent oder mit Stop-and-Go-Funktion arbeiten sehr gut.

Unterm Strich bleibt ein zwiespältiges Test-Fazit. Denn mit solch einer bescheidenen und nur kurz andauernde elektrischen Unterstützung werden derart leistungsstarke SUV leider nicht zu spürbar sparsameren, umweltfreundlicheren Autos. Dieser Explorer PHEV bietet viel Platz, hohen Fahrkomfort und schierer Kraft für sehr viel Fahrfreude. Er hinterlässt aber die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Antriebskonzepts in einem solchen Wagen.

Technische Daten Ford Explorer PHEV

Antrieb: Sechszylinder-Benziner mit 3,0 Liter Hubraum und Elektromotor, Leistung 457 PS, Schaltung: Zehn-Gang-Automatik, Drehmoment: 825 Nm, Höchsttempo:230 km/h, Testverbrauch: 11,2 l pro 100 km, Länge: 5,05 m Kofferraum: max. 2.724 l, Preis: ab 76.000 Euro