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Das Innenraum-Design von Autos wird immer wichtiger

Von Thomas Geiger 15.08.2008, 07:20

Pforzheim/dpa. - Die Autohersteller entdecken die «inneren Werte». Nachdem die Designer in den vergangenen Jahren vor allem auf den «Aha»-Effekt einer hübschen Hülle setzten, gewinnt nun die Gestaltung des Innenraums an Bedeutung.

Weil die Menschen immer mehr Zeit im Auto verbringen und dort immer mehr Funktionen unter Kontrolle haben müssen, werden die Interieurs wohnlicher und die Schalttafeln bedienungsfreundlicher, sagt Designprofessor Lutz Fügener von der Fachhochschule Pforzheim.

«Von außen sieht man ein Auto nur kurz. Das reicht hoffentlich für Liebe auf den ersten Blick. Doch den Innenraum schaut man sich viel genauer an», sagt Mark Adams, der das Design von Opel in Rüsselsheim leitet und diese Erkenntnis beim neuen Topmodell Insignia umsetzen ließ. Nachdem die Hessen ihr Interieur bisweilen arg stiefmütterlich behandelten, durften die Designer beim Nachfolger des Vectra aus dem Vollen schöpfen. Statt kantiger Kunststoffe mit einfallslosen Formen und schlichten Farben gibt es ein Innenleben aus einem Guss, das viele Stilelemente des Karosseriedesigns aufnimmt.

Welche Mühe sich die Interieur-Designer mittlerweile auch bei Kleinwagen geben, belegen Autos wie der neue Seat Ibiza oder der Ford Fiesta. Beim Hoffnungsträger der spanischen VW-Tochter wurden nach Angaben von Seat-Chef Erich Schmitt selbst die Druckpunkte der einzelnen Schalter optimiert. Und beim neuen Ford-Kleinwagen hat sich Chefdesigner Martin Smith von Mobiltelefonen inspirieren lassen: Die Mittelkonsole ist so gestaltet wie die Tastatur eines Handys.

Die Suche nach neuen Bediensystemen hat einen Grund: Immer mehr Assistenz- und Multimediasysteme drängen ins Fahrzeug und müssen vom Fahrer einfach und ablenkungsfrei bedient werden. Als Konsequenz präsentiert Zulieferer Delphi aus Wuppertal eine neue Cockpitstudie, die auf minimale Ablenkung hin konzipiert ist. Alle Informationen werden mit Hilfe eines frei konfigurierbaren Bildschirms hinter dem Lenkrad, einem zweiten Monitor über der Mittelkonsole und einem farbigen Head-up-Display so aufbereitet, dass man den Blick nicht mehr außerhalb des Kernsichtfeldes von 20 Grad schweifen lassen muss.

Ebenfalls viele neue Ideen für das automobile Innenleben von Morgen zeigt die Studie X-Wave, die von den Zulieferern Visteon und 3M entwickelt wurde. Auch dort gibt es frei konfigurierbare Bildschirmfolien statt konventioneller Tachos. Und es gibt eine neuartige Mittelkonsole mit weitgehend verborgenen Schaltern für Radio und Klima, die erst bei Berührung aktiviert werden.

Andernorts werden Botschaften dagegen bewusst in die Peripherie ausgelagert. So experimentiert die VW-Forschung zum Beispiel mit einem Warnsystem, das den unscharfen und unterbewussten Wahrnehmungsbereich des Fahrers mit einer Lichtleiste im Rahmen der Frontscheibe nutzen will. «Der Fahrer muss so viele Informationen verarbeiten, das die konventionellen Kommunikationskanäle sehr belastet sind», sagt ein VW-Entwickler. «Mit Lichtsignalen in diesem peripheren Sichtbereich können wir ihn aber problemlos erreichen und ohne Ablenkung seine Aufmerksamkeit wecken.»

All diese Ansätze stützen Lutz Fügeners These von der wachsenden Bedeutung des Interieurs. Nicht nur mit einer gelungenen Skulptur auf Rädern, sondern eben auch mit dem richtigen Ambiente könnten sich Marken und Modelle differenzieren und Kunden gewinnen, bekräftigt der Experte. «Auch wenn es uns allen schwer fällt, die Gründe in Worte zu fassen: Wir merken doch sofort, in welchem Auto wir uns wohlfühlen oder nicht. Und das kann für den Kauf entscheidend sein.»