Autogeschichte Autogeschichte: Trabant Kombi erster Träger einer West-HU-Plakette

Dresden/dpa. - Herbert Wagner war nach der Wende in Dresden öftermal der Erste - der erste frei gewählte Oberbürgermeister, der Erstemit einem Bausparvertrag und nach eigenem Bekunden auch der Erste miteinem goldenen Sportabzeichen-West. Und Herbert Wagners Auto war daserste DDR-Fahrzeug mit einer Dekra-HU-Plakette nach West-Standard. Am1. Oktober 1990 - so sagt es das Archiv der Organisation - klebtendie Prüfer den Beweis für die bestandene Kfz-Hauptuntersuchung anWagners papyrusweißen Trabant Kombi.
«Das war eine Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen und die Dresdnerzu ermutigen», erinnert sich der damalige OB an den auch symbolischgemeinten Akt, mit dem ein weiteres Stück Westen im Osten Einzughielt. «Und es war ja auch sowieso nötig.» Für die Umstellung auf einneues Kennzeichen war die HU Pflicht.
An den Tag selbst kann sich der heute 61-jährige Wagner gar nichtmehr genau erinnern, wohl aber an das Gefühl, mit dem er seinen Wagendamals auf den Prüfstand lenkte. «Ich war neugierig, was da jetztwohl alles geprüft wird», sagt er. «Das war schon interessant.» Undalle Aufregung überflüssig: «Der Wagen war da erst eineinhalb Jahrealt und ging ohne Beanstandung durch.»
Die Prüforganisation hatte den OB gezielt ausgesucht. «Man wolltejemand Prominentes haben», erinnert sich Dekra-Vorstand ClemensKlinke, der nach der Wende am Aufbau der Ost-Filialen mitwirkte. Ehereine «Hauruck-Aktion» sei das mit der Hauptuntersuchung gewesen, sagter rückblickend. Für massenhafte Prüfungen habe die bestehendeInfrastruktur gar nicht gereicht. Also habe man mobile Prüfständeeingesetzt - möglichst in unmittelbarer Nähe der Zulassungsstellen.
«Die hatten da in der Stadt einfach ein Zelt aufgebaut», erzähltPremieren-Prüfling Herbert Wagner. Keine so ungewöhnliche Idee inNachwendezeiten, als Banken zur Not auch in Baucontainer einzogen.«Man hat ja damals viele Provisorien gemacht.»
Nicht nur Wagners Trabi, sondern auch die meisten anderen DDR-Autos kamen nach Klinkes Erinnerung überraschend problemlos durch diePrüfung. «Die Fahrzeuge sind ja ganz anders gepflegt worden», sagtder Dekra-Vorstand. Immer wieder gern erinnere er sich an einErlebnis mit einem Ost-Kollegen, der sein liegengebliebenes Auto inNullkommanix und mit blütenweißem Hemd wieder zum Laufen brachte. Erselbst sei schwer beeindruckt gewesen. «Das mache ich dochandauernd», habe der Kollege nur erklärt.
Wahrscheinlich sei es sogar schwieriger gewesen, einen damalsschnell im Westen gekauften Gebrauchtwagen durchzubringen, vermutetKlinke. Solche Fahrzeuge mussten schon seit dem Sommer 1990 eineHauptuntersuchung nach West-Regeln bestehen, erinnert sich GunterDettelmann, technischer Leiter beim TÜV Süd in Sachsen. Die hättenaber noch ein DDR-Kennzeichen und auch keine offizielle Plakettebekommen. Den Aufkleber habe es auch beim TÜV erst ab Oktober underst dann auch für Trabant und Co gegeben.
Wagner sagt, er habe die Menschen immer ermuntern wollen, nichtnur abzuwarten, sondern die neu entstandenen Chancen gleich zunutzen. «Es ist ja so viel über die Leute hereingebrochen. Da konnteman nur hin und wieder ein Zeichen setzen.» Seinen Trabi hat er erstJahre später verkauft, nachdem noch sein Sohn damit gefahren war. «Aneinen Sammler, der den unbedingt haben wollte - für eine Mark.»