Auto Show Detroit Auto Show Detroit: In «Motown» werden neue Töne angestimmt
Detroit/dpa. - Zwar stehen auf der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit (bis 27. Januar) wie eh und je Pick-ups, Geländewagen und Muscle-Cars im Rampenlicht. Daneben aber werden immer mehr der vorgestellten Modelle von umweltfreundlichen Motoren angetrieben. Und auffällig viele kompakte oder gar kleine Autos sind zu sehen.
«Wir haben erkannt, dass Größe längst nicht mehr alles ist», sagt Chrysler-Vorstand Tom La Sorda. Rick Wagoner von General Motors kündigt eine Flut von Hybrid- und Ethanol-Fahrzeugen an, und Ford-Vorstand Allan Mulally enthüllt eine neue Generation sparsamer Benzinern mit Turbolader und Direkteinspritzung. Die meisten dieser Neuheiten werden allerdings vorerst nicht nach Europa kommen.
Besonders die europäischen Hersteller haben neben den USA jedoch auch den Rest der Welt im Blick - und zeigen fast ein Dutzend Premieren. So stellt Mercedes den «modellgepflegten» SLK und den fast serienreifen Geländewagen GLK auf der technischen Basis der C-Klasse vor. Ab Herbst soll das Modell die Offroad-Palette nach unten ergänzen.
VW wiederum enthüllte den Passat CC - verkauft wird der Viertürer mit Coupé-Silhouette schon ab dem Frühjahr. Der Wagen ist vor allem auf den US-Markt zugeschnitten, der für VW-Vorstand Martin Winterkorn «zentrale Bedeutung hat» und künftig mehr spezifische Modelle bekommen soll. Trotzdem setzt man auch in Europa große Hoffnungen auf den ersten Passat der gehobenen Mittelklasse.
Ebenfalls den Spagat zwischen US-Geschmack und kontinentalen Vorstellungen versucht BMW mit dem X6. Der ist in Detroit nun als Serienversion zu sehen und geht im Sommer an den Start. Ähnlich wie der Passat CC soll der technische Bruder des X5 ein Coupé mit vier Türen sein - bei dem aber die SUV-Verwandtschaft zu erkennen ist. Daneben erlaubt BMW einen ersten Blick auf das Cabrio der 1er-Reihe und feiert die US-Premiere des Mini Clubman.
Besonders sportlich stellt sich Audi vor. Hier wird zum zehnjährigen Geburtstag des TT eine leistungsgesteigerte Version als TTS mit 200 kW/272 PS gezeigt. Als Studie mit «guten Chancen auf eine Serienfertigung» steht daneben der erste Supersportwagen mit Diesel-Motor: Die Techniker haben den R8 mit einem 368 kW/500 PS starken V12-TDI bestückt. Damit soll eine Höchstgeschwindigkeit von über 300 Stundenkilometern möglich sein, während der Verbrauch von weniger als zehn Litern «auf dem Niveau einer Mittelklasse-Limousine» liegt.
Eine Absage an alte amerikanische Ideale kommt aus England und Schweden: Mit den Studien LRX und dem 9-4X zeigen Land Rover und Saab, dass «Big is beautiful» nicht die einzige Schönheitsformel ist. Beide Geländewagen sind für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlich kompakt - und gehen selbst in Europa noch als Einstiegs-Offroader durch. Es soll konkrete Produktionsabsichten geben.
Die wichtigsten Neuheiten der US-Hersteller zeigen sich dagegen noch in bekanntem Großformat. Bei Ford steht im Mittelpunkt die neue Generation des Pick-up F-150, der seit drei Jahrzehnten die Zulassungsstatistik anführt und laut Marktforscher Ferdinand Dudenhöffer als «Golf der Amerikaner» gilt. Zum Start gibt es ausschließlich V8-Motoren mit 4,6 bis 5,4 Litern Hubraum. Das gilt auch für den Konkurrenten Dodge RAM, der nach dem Chevrolet Silverado auf dem dritten Platz der Pick-up-Zulassungen steht und in Detroit ebenfalls in die nächste Generation geht. Auch diesen Pritschenwagen gibt es zunächst nur mit V6- und V8-Motoren, von denen der größte 5,7 Liter Hubraum hat und 283 kW/385 PS erreicht.
Trotzdem hat bei allen drei Konzernen das Umdenken eingesetzt: Chevrolet zeigt den Silverado auf der Messe mit Hybrid-Antrieb. Chrysler-Entwicklungschef Frank Klegon kündigt für den Dodge RAM eine Hybrid-Version und einen Bluetec-Diesel an. Und auch Ford stellt sparsamere Motoren in Aussicht. Der Konzern baut vor allem auf neuen «EcoBoost»-Aggregate: Sie kombinieren Turboaufladung mit Benzindirekteinspritzung und sollen Verbrauchsvorteile von bis zu 20 Prozent ermöglichen.
Bei den Studien gehen die Amerikaner noch deutlich weiter. So zeigt Chrysler drei Konzeptfahrzeuge mit einem unterschiedlich konfigurierten Elektroantrieb, der mal ausschließlich aus einer Batterie gespeist wird und mal als «zusätzliches Kraftwerk» eine Brennstoffzelle oder einen Bluetec-Diesel zur Steigerung der Reichweite einsetzt.
General Motors konzentriert sich auf den Einsatz von Ethanol, weil das laut Rick Wagoner die umweltfreundliche Technik ist, mit der man am schnellsten die größte Wirkung erzielen könne. Schon heute biete das Unternehmen 25 Modelle für den sogenannten E85-Kraftstoff an. Allein sechs Millionen Autos in den USA könnten E85 tanken. Diese Flotte soll bis 2012 deutlich größer werden, so Wagoner. Bis dahin könnte es auch die Studie Hummer HX in die Serie schaffen und so als Geländewagen mit geschrumpftem Format und gezügeltem Durst einen Hauch von Umweltfreundlichkeit zeigen.
Zwar wird es auch dann mit Autos wie einer 456 kW/620 PS starken Corvette ZR1 oder der ähnlich hoch motorisierten Dodge Viper noch immer genügend Kandidaten für den «Schwarzen Peter» unter den wenig umweltschonenden Modellen geben. Doch selbst auf Supersportwagen wie einem Ferrari prangt in Detroit heute schon der Schriftzug «Bio-Fuel».