Ausbildung Ausbildung: Nur mit den Händen heilen

Wiesbaden/Hamburg/dpa. - «Diagnose und Therapie erfolgen ausschließlich mitden Händen», bekräftigt Brigitte Siegerist, Leiterin derGeschäftsstelle des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) inWiesbaden. Bis sie ihre Fähigkeiten anwenden dürfen, habenOsteopathen jedoch eine lange Ausbildung hinter sich.
In Deutschland darf die zur Heilkunde zählende Osteopathie nur vonÄrzten, Heilpraktikern und Physiotherapeuten sowie von so genanntenMasseuren mit manueller Medizin angewandt werden, erklärt JakobSetzwein, Geschäftsführer des Berufsverbandes Deutsche RegisterOsteopathischer Medizin (DROM) in Eching (Bayern). Damit sind auchdie wichtigsten fachlichen Voraussetzungen für den Beruf genannt.Allerdings ist der Beruf nicht geschützt. «Insgesamt rund 40Ausbildungseinrichtungen gibt es in Deutschland», erklärt Siegerist.In den meisten Schulen dauere die Ausbildung 500 bis 600 Stunden.
An den nach den Kriterien des VOD arbeitenden Schulen zieht sichdie Ausbildung sogar über einen Zeitraum von fünf Jahren hin. Dabeistehen insgesamt 1350 Stunden auf dem Plan - berufsbegleitend. DieLänge der Ausbildung ist Siegerist zufolge schon deshalb angemessen,weil Osteopathen ganzheitlich arbeiten. Sie verstehen den Körper alseine Einheit und müssen lernen, Zusammenhänge zu verstehen.
Entsprechend umfangreich ist der Lehrplan: An derOsteopathieschule Deutschland in Hamburg, die nach den Maßgaben desVOD lehrt, stehen beispielsweise Physiologie, Biomechanik,Embryologie, Radiologie sowie Parietales System und Anatomie auf demProgramm. «Der Osteopath muss den Menschen in seiner Ganzheiterfassen können», erklärt Jakob Setzwein vom DROM.
Die moderne Osteopathie wurde durch den amerikanischen Arzt AndrewTaylor Still Ende des 19. Jahrhunderts begründet. Still suchte nacheinem neuen Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Bis heutebilden seine Erkenntnisse die Grundlage der osteopathischen Medizin.England und Frankreich gelten als europäische Vorreiter. WichtigsteVoraussetzung für die Ausübung der Osteopathie ist im wahrsten Sinnedes Wortes Fingerspitzengefühl. «Wer nichts fühlen kann, ist zumOsteopathen nicht geeignet», sagt Siegerist.
Die Osteopathieschule Deutschland lässt zur Ausbildung Ärzte,Heilpraktiker, Physiotherapeuten sowie Masseure mit manueller Medizinzu. Die fünfjährige Ausbildung umfasst neun Seminare à drei Tage. Imzweiten und vierten Lehrjahr finden zudem sechstägige Seminare an derEuropean School of Osteopathy (ESO) in Maidstone in Großbritannienstatt.
Die Ausbildung sei «als Bachelor of Science von der UniversitätWales validiert», erklärt Torsten Liem, Leiter der Schule. DieBewerber müssen neuerdings auch ein persönliches Auswahlverfahrendurchlaufen. Dabei wird auch ihre Motivation hinterfragt. «Ein großerTeil der angehenden Osteopathen sind Physiotherapeuten, die von ihrerTätigkeit nicht mehr erfüllt werden», sagt Liem. Das Einstiegsalterliege meistens zwischen 25 und 45 Jahren.
Das College Sutherland in Schlangenbad bei Wiesbaden bildet einfünfjähriges Vollzeitstudium zum Osteopathen an. Vom neunten Semesteran können die Studenten praktische Erfahrung in der Tagesklinik derSchule sammeln. Abgeschlossen wird die Ausbildung mit dem Titel«Osteopath D.O.» - die Abkürzung steht für Diplom der Osteopathie.
Osteopathie ist eine alternativmedizinische Behandlungsform, dievon den Krankenkassen in der Regel nicht übernommen wird. Die Kostenfür die Ausbildung müssen angehende Osteopathen selbst tragen. «Dasist verhältnismäßig teuer», sagt Brigitte Siegerist: 15 000 bis 20 000 Euro. Wie viele Osteopathen es in Deutschland gibt, lasse sichnicht sagen. Es gebe keine Übersicht über die von den verschiedenenSchulen und Verbänden ausgebildeten Osteopathen. Der VOD selbst hat1300 Mitglieder.
Die Chancen, seinen Lebensunterhalt mit der Ostepathie bestreitenzu können, hält Siegerist für gut. In vielen Fällen wisse dieSchulmedizin nicht mehr weiter. Für die Patienten seien Osteopathendann eine Alternative. Aber auch ihnen sind Grenzen gesetzt: «DieOsteopathie ist keine Wundermedizin», sagt Torsten Liem.