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Au-Pair Au-Pair: Autowaschen soll der Gastvater

Von Thorsten Wiese 14.09.2005, 08:13
Hinaus in die weite Welt: Au Pairs lernen fremde Länder und Kulturen kennen. Als Gegenleistung betreuen sie Kinder und helfen bei der Hausarbeit. (Foto: dpa)
Hinaus in die weite Welt: Au Pairs lernen fremde Länder und Kulturen kennen. Als Gegenleistung betreuen sie Kinder und helfen bei der Hausarbeit. (Foto: dpa) Cultural Care

Bonn/Frankfurt/Main/dpa. - «Beim Au-Pair geht es darum, Sprache und Kultur eines fremdenLandes kennen zu lernen», sagt Beatriz Liebich vom katholischenVerein In Via, einem Fachverband der Caritas mit Sitz in Freiburg. Die Gastfamilie erhalte im Gegenzug Hilfe im Haushalt und bei der Kinderbetreuung. So lässt sich der Jahrzehnte alte Grundgedanke von Au-Pair zusammen fassen.

Aber nicht immer werden die Wünsche beider Seiten erfüllt: «Beieiner meiner Freundinnen stellte sich heraus, dass die Familieeigentlich nur eine billige Putzkraft suchte», erzählt Teresa. Arbeit und Freizeit seien kaum zu trennen gewesen, die junge Frau musste im Kinderspielzimmer übernachten. Derartigen Missbrauch gebe es selten, aber immer wieder, berichtet die Gütegemeinschaft Au-Pair in Bonn.

Um Au-Pairs zu schützen, wurden nun Qualitätsstandards entwickelt. Von Oktober an soll ein von unabhängigen Gutachtern vergebenes Gütezeichen helfen, seriöse von unseriösen Vermittlern zu unterscheiden. «Das Problem ist, dass jede Familie sich über das Internet anbieten und Vermittler nennen kann», sagt Reinhard Schwalbach, Geschäftsführer der Gütegemeinschaft. Es gebe viele Internetseiten, die nicht astrein seien.

Die zertifizierten Vermittler verpflichten sich dazu, bei denGastfamilien auf die Einhaltung von Arbeits- und Wohnstandards zu achten, erläutert das Familienministerium in Berlin. So sollen Au-Pairs täglich nicht länger als sechs Stunden arbeiten, maximal 30 Stunden pro Woche ableisten und für ihre Arbeit ein Taschengeld von 260 Euro im Monat erhalten. Das Gütezeichen gelte jedoch nur für Deutschland. Eine vergleichbare Sicherheit für deutsche Au-Pairs, die ins Ausland gehen, fehlt nach Angaben der Gütegemeinschaft bisher.

Besonders beliebt bei deutschen Au-Pairs sind die USA undAustralien, mit einigem Abstand folgen Großbritannien und Frankreich. Die einzelnen Länder bieten sechs- bis zwölfmonatige Programme für Mädchen und Jungen im Alter von 17 bis 30 Jahren an, erklärt Liebich.

Je nach Programm variierten Arbeitszeit und Umfang der Aufgaben,sagt Thomas Fricke, Präsident des Rings Deutscher AuPair Vermittler (RDAV) in Friedrichshafen. Autowaschen, Gartenarbeit und Großputz gehörten aber nicht dazu. Auch Ausgehsperren seien ein Unding, klare Absprachen darüber, wann ein Au-Pair nach Kneipen- oder Discobesuchen nach Hause kommt, hingegen wichtig. «Sonst machen sich die Gasteltern Sorgen.» Zum Wohnstandard gehörten ein eigenes, abschließbares Zimmersowie freie Unterkunft und Verpflegung.

Ob die Arbeit dann letztlich mehr aus Putzen oder Spielen besteht, hänge vor allem vom Alter der Kinder ab, sagt Teresa. Ältere Kinder müssten weniger betreut, sondern eher beaufsichtigt werden. Wichtig sei, sich früh um eine Stelle kümmern – am besten schon ein Jahr vor Antritt der Au-Pair-Zeit.

An erster Stelle stehe die Entscheidung, in welches Land einAu-Pair gehen will. Dann müsse geklärt werden, ob eine Groß- oder Kleinstadt bevorzugt wird, sagt Liebich. Laut RDAV benötigen Au-Pairs eine so genannte Au-Pair-Versicherung, ein Paket aus Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung, das je nach Anbieter zwischen 30 und 50 Euro pro Monat kostet. Für Länder außerhalb Europas werde ein spezielles Au-Pair-Visum gebraucht, um das sich in der Regel aber die Vermittlungsagenturen kümmerten.

Vor Ort sollten die Au-Pairs ein paar Regeln beachten, damit derAufenthalt ein Erfolg wird. «Natürlich muss man in einer fremdenFamilie Kompromisse eingehen. Aber man darf sich auch nicht alles gefallen lassen», rät Teresa. Ein wichtiges Alarmzeichen sei, wenn sich Au-Pairs nicht anerkannt oder aufgenommen fühlten, sondern ständig beobachtet und kontrolliert. Dann sei es wichtig, die Probleme schnell und offen anzusprechen. «Und wenn es nicht besser wird, muss ich eben gehen.»

Unterstützung bietet in solchen Fällen laut RDAV diePartneragentur der deutschen Au-Pair-Organisation vor Ort. Meist sei ein Wechsel der Familie möglich. Zum Abbruch des Aufenthalts komme es in der Regel nur, wenn ein Au-Pair merkt, «dass das insgesamt die völlig falsche Wahl war», erzählt Fricke.

Literatur: Corinna Nitsche, Abenteuer Au-Pair – USA, Australien,Neuseeland, Südafrika. Erlebnisberichte, Tipps, Adressen,Interconnections Verlag, ISBN 3-86040-025-8, 15,90 Euro.