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Arztbesuch im Ausland Arztbesuch im Ausland: Reicht im Ausland die Chipkarte?

02.08.2015, 09:41
Im Ausland ist ein privater Krankenschutz unerlässlich. Allerdings müssen Senioren dafür sehr viel tiefer in die Tasche greifen als jüngere. Nur ein Teil der privaten Versicherungsunternehmen versichert überhaupt ältere Menschen.
Im Ausland ist ein privater Krankenschutz unerlässlich. Allerdings müssen Senioren dafür sehr viel tiefer in die Tasche greifen als jüngere. Nur ein Teil der privaten Versicherungsunternehmen versichert überhaupt ältere Menschen. dpa Lizenz

Halle (Saale) - Paula K., Halle: Ich habe gelesen, dass für Urlaub in einem EU-Land meine Europäische Krankenversicherungskarte ausreicht. Warum wird bei einer Auslandsreise aber immer eine private Auslandsreisekrankenversicherung empfohlen?

Antwort: Mit Ihrer Europäischen Krankenversicherungskarte der gesetzlichen Krankenkasse (Chipkarte) erhalten Sie in einem EU-Land bei einem Vertragsarzt medizinisch notwendige Leistungen. Andere Leistungen, die die gesetzliche Krankenkasse nicht oder nicht in vollständiger Höhe übernimmt, können mit einer privaten Auslandsreise-Krankenversicherung abgesichert werden. Beispielsweise hohe Zuzahlungen, die generell nach den Rechtsvorschriften des Aufenthaltslandes erfolgen. Mit der gesetzlichen Chipkarte würden Ihnen nur die in Deutschland üblichen Kosten beziehungsweise Erstattungssätze erstattet werden. Ebenfalls nicht übernommen wird von den gesetzlichen Krankenkassen ein aus medizinischen Gründen sinnvoller Kranken-Rücktransport. Die private Auslandsreise-Krankenversicherung deckt einen solchen Krankenrücktransport entsprechend den vereinbarten Bedingungen vom Ausland in die Heimat nach Deutschland ab.

Jens F., Salzlandkreis: Wir haben im Frühjahr eine Kreuzfahrt innerhalb Europas gemacht. Auf Nachfrage sagte uns unsere gesetzliche Krankenversicherung, dass wir dafür keine private Zusatzversicherung benötigen. Nun wurde meine Frau auf dem Schiff leicht krank. Die Arztrechnung über rund 330 Euro haben wir bei unserer Krankenkasse eingereicht. Die will aber nur einen Anteil von etwa 30 Euro übernehmen. Ist das rechtens?

Antwort: Ja. Da Sie für Ihre Reise lediglich gesetzlich krankenversichert waren, erstattet Ihre Krankenkasse nur jene Kosten, die bei der gleichen Behandlung in Deutschland angefallen wären. In Ihrem Fall die rund 30 Euro. Da Ihnen nun höhere Kosten aus der medizinischen Behandlung entstanden sind, müssen Sie die Differenz selbst tragen. Wir empfehlen daher bei jeder Reise ins Ausland eine private Auslandsreise-Krankenversicherung. Diese hätte in Ihrem Fall gegebenenfalls die Kosten komplett getragen. Und noch ein Tipp: Achten Sie bei einer Kreuzfahrt immer darauf, unter welcher Flagge das Schiff unterwegs ist. Denn auch wenn das Schiff auf europäischen Gewässern kreuzt, kann es sich um ein anderes Hoheitsgebiet außerhalb der EU handeln. Und für solche Reisen in Nicht-EU-Länder ist dringend eine private Auslandsreise-Krankenversicherung anzuraten.

René W., Halle: Wir fahren in die Türkei. Reicht unsere deutsche Krankenkassenkarte hier aus?

Antwort: Türkeireisende benötigen nach wie vor einen Urlaubskrankenschein. Die europäische Krankenversicherungskarte gilt dort nicht. Kontaktieren Sie vor Reisebeginn Ihre Krankenkasse, die Ihnen das Formular zusendet. Mit dem Urlaubskrankenschein erhalten Sie im Notfall medizinische Leistungen und müssen dafür nicht bezahlen. Empfehlenswert ist dennoch eine zusätzliche private Auslandsreise-Krankenversicherung, um im Zweifelsfall die Kosten einer medizinischen Behandlung nicht aus eigener Tasche bezahlen zu müssen.

Isabella H., Halle: Ich habe von Bekannten gehört, dass sie bei einem Arzt in Polen die Rechnung sofort bezahlen mussten. Andere wiederum nicht. Wovon hängt das ab? Alle hatten eine private Zusatzversicherung. Außerdem dachte ich, dass die Chipkarte in der EU ausreicht?

Antwort: Ob eine Rechnung sofort vor Ort bezahlt werden muss, hängt stark vom behandelnden Arzt beziehungsweise dem Krankenhaus ab. Einige Ärzte auch in der EU akzeptieren die Europäische Krankenversicherungskarte nicht. Daher ist es in der Regel so, dass auch bei einer Behandlung in einem EU-Land vom Arzt sofort Vorkasse verlangt wird. Aber: Das Geld erhalten Sie von Ihrem gesetzlichen oder privaten Krankenversicherer zurück. Wenn Sie gesetzlich versichert sind, werden die in Deutschland üblichen Kosten beziehungsweise Erstattungssätze erstattet. Bei einer privaten Auslandsreise-Krankenversicherung - soweit die Bedingungen das hergeben - alle anderen Kosten.

Gerd F., Mansfelder Land: Ich bin auf dem Kreuzfahrtschiff erkrankt und musste mich an Land behandeln lassen. Wer übernimmt die Kosten für das Taxi vom Hafen bis zum Arzt? Ich habe eine Auslandskrankenversicherung.

Antwort: Jegliche Transportkosten zu einem Arzt oder einem Krankenhaus während einer Urlaubsreise müssen die Betroffenen selbst übernehmen. Auslandsreise-Krankenversicherungen decken diese Kosten in der Regel nicht ab.

Roland P., Burgenlandkreis: Ich habe eine private Auslandskrankenversicherung. Im Urlaub musste ich wegen einer Blutung im Auge behandelt werden. Doch meine private Versicherung will nicht zahlen. Sie will von meinem Augenarzt erst eine Bescheinigung, dass keinerlei Vorerkrankung vorliegt. Der Arzt weigert sich jedoch, die Bescheinigung auszustellen, weil ihn das zu viel Zeit kosten würde. Wie verhalte ich mich?

Antwort: Grundsätzlich sind Sie gegenüber Ihrer Versicherung in der Nachweispflicht, dass tatsächlich keine Vorerkrankung am Auge vorlag. Das kann Ihnen nur Ihr Arzt bescheinigen. Dass er sich nun weigert, ist nur schwer nachzuvollziehen. Suchen Sie daher am besten noch einmal das Gespräch mit Ihrem Arzt. Möglicherweise wird er Ihnen für das Ausstellen des Attestes eine Rechnung stellen. Wenden Sie sich parallel auch noch einmal schriftlich an Ihren Versicherer und schildern Sie die Situation. Vielleicht kann dieser den Kontakt zu Ihrem Arzt suchen.

Ulf D., Aschersleben: Ich habe eine Kreditkarte, die mit einer Auslandskrankenversicherung gekoppelt ist, bin aber unsicher, ob das ausreicht. Was halten Sie davon?

Antwort: Hier hilft nur ein Blick in die Versicherungsbedingungen, die Sie genau lesen sollten. Tatsächlich sind heutzutage Policen einzelner Versicherer - ob in Verbindung mit einer Kreditkarte oder nicht - ziemlich standardisiert. Für sehr wichtig halten wir jedoch die Bedingungen hinsichtlich des Krankenrücktransportes. Achten Sie auf die Formulierung „medizinisch sinnvoller Rücktransport“ statt „medizinisch notwendiger Rücktransport“. Augenmerk sollten Sie auch auf die Restkostenerstattung im Zusammenhang mit einer Notfallbehandlung und die Kostenübernahme im Todesfall achten. Unterschiede gibt es auch bei der maximalen Höchstdauer pro Kalenderjahr. Grundsätzlich kann man objektiv betrachtet sagen, dass Versicherungen in Verbindung mit einer Kreditkarte oftmals sehr teuer sind im Vergleich zu einer Auslandsreise-Krankenversicherung, die sie bei einem privaten Anbieter abschließen.

Frank D., Anhalt-Bitterfeld: Wir wollen in die USA reisen. Unsere Auslandskrankenversicherung haben wir über unsere Kreditkarte abgeschlossen. Reicht das aus? Haben Sie weitere Tipps für uns?

Antwort: Lesen Sie ganz genau Ihre Versicherungsbedingungen! Achten Sie hier darauf, dass darin mit Blick auf den Krankenrücktransport statt „medizinisch notwendiger Rücktransport“ der „medizinisch sinnvolle Rücktransport“ geschrieben steht. Letztere Formulierung beinhaltet keinerlei Einschränkungen. In den USA ist es zudem üblich, alle Kosten sofort vor Ort zu begleichen, als Zahlungsmittel wird in der Regel auch die Kreditkarte akzeptiert. Im Anschluss an Ihre Reise können Sie die Rechnungen bei Ihrem privaten Versicherer einreichen. Dabei ist es sehr wichtig, dass auf der Arztrechnung Name, Angaben über die Diagnose, Therapie und Arzneimittel stehen. Bei Zweifeln klären Sie direkt mit dem Versicherer, was auf den Belegen stehen muss. Kleinere Beträge können Sie selbst sofort auslegen. Bei größeren Behandlungen wie einer Operation sollten Sie über die jeweilige 24-Stunden-Hotline mit Blick auf die Kostenfrage Kontakt mit der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung aufnehmen.

Anna C., Halle: Können Sie mir sagen, was eine gute private Auslandskrankenversicherung für eine Familie im Jahr kostet? Können Sie einen günstigen Anbieter nennen?

Antwort: Für eine Familien-Jahrespolice der privaten Auslandsreise-Krankenversicherung müssen je nach Versicherungsgesellschaft zwischen 10 und 20 Euro veranschlagt werden. Einzelreisende bezahlen ab 7,50 Euro. Die Stiftung Warentest hat in ihrer Zeitschrift „Finanztest“, Heft Juni 2015, eine entsprechende Tabelle veröffentlicht. Hier können Sie die für Sie günstige private Auslandsreise-Krankenversicherung mit guten Leistungen finden.

Lena F., Sangerhausen: Wie lange vor dem Urlaub muss ich die Auslandsreise- Krankenversicherung abschließen?

Antwort: Die Auslandsreise-Krankenversicherung kann bis kurz vor

der Abreise völlig unkompliziert abgeschlossen werden. Das funktioniert auf dem schnellsten Weg telefonisch bei dem Versicherer Ihrer Wahl oder online auf dessen Internetseite.

Renate Sch., Saalekreis: Ich habe im Juni eine Reise für November gebucht und sollte gleich die Jahres-Police für den Auslandskrankenschutz abschließen. War das glücklich?

Antwort: Wenn Sie bis November nicht ins Ausland reisen, eher nicht. Denn das Jahr beginnt mit dem Vertragsabschluss. Das heißt, Sie sind jetzt von Juni 2015 bis Juni 2016 versichert. Hätten Sie erst im November den Vertrag geschlossen, hätten Sie bis November 2016 etwas davon gehabt.

Jan I., Halle: Warum sollte ich beim Krankenrücktransport auf den Zusatz „medizinisch sinnvoll“ achten?

Antwort: Wenn Sie eine Versicherung haben, die Sie nur im „medizinisch notwendigen“ Fall nach Hause bringt, müssen Sie davon ausgehen, dass dies äußerst selten passieren wird. Denn in fast allen Ländern der Welt ist es heutzutage möglich, Sie ordentlich medizinisch zu versorgen. Selbst nach einer Herzattacke, durch die Sie vielleicht vier Wochen fernab der Heimat ans Bett gefesselt sind, würden Sie nicht nach Hause transportiert, weil Sie ja auch im Urlaubsland versorgt werden könnten. „Medizinisch sinnvoll“ dagegen könnte die Behandlung zu Hause sein, weil Sie in Ihrem privaten Umfeld vielleicht besser genesen.

Ralf S., Halle: Beim Vertragsabschluss war ich 55 Jahre alt. Mittlerweile bin ich 72, und der Krankenschutz-Vertrag läuft noch. Ich bezahle aber immer noch den Beitrag für jüngere Menschen. Sollte ich mich wegen einer Erhöhung melden?

Antwort: Das müssen Sie nicht von sich aus tun. Spätestens aber, wenn ein Versicherungsfall eintritt, wenn Sie im Ausland also einmal krank geworden sind, wird die Versicherung auf Sie zukommen und möglicherweise einen höheren Beitrag verlangen.

Kerstin Metze und Kornelia Noack

notierten Fragen und Antworten.

Ralph Jürgen Sombetzki, Geschäftsstellenleiter der Huk Coburg Halle
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 Kerstin Metze Lizenz
Simone Meisel von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt in Halle
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