Arbeitsrecht Arbeitsrecht: Urlaubs-Irrtümer
Halle/MZ. - 1. Irrtum: Geringfügig Beschäf- tigten steht kein Urlaub zu.
Die Rechtslage: Das ist falsch. Anspruch auf Erholungsurlaub haben laut Bundesurlaubsgesetz alle Arbeitnehmer und die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Auch in Teilzeit, zur Aushilfe, in Ferienarbeit und in Nebentätigkeit Beschäftigte zählen zu den Arbeitnehmern. Zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten gehören ebenso Lernschwestern, Umschüler, Volontäre und Praktikanten.
2. Irrtum: Es steht so viel Urlaub zu, wie im Arbeitsvertrag ver- einbart wurde.
Die Rechtslage: Dies ist nur bedingt richtig. Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers beträgt laut Gesetz 24 Werktage. Als Werktage zählen die Tage von Montag bis Sonnabend. Dieser Urlaubsanspruch darf arbeitsvertraglich nicht unterschritten werden. Sind in einem Arbeitsvertrag dennoch weniger Urlaubstage festgeschrieben, ist das unwirksam. Der Arbeitnehmer kann in dem Fall den ihm gesetzlich zustehenden Urlaub gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen.
3. Irrtum: Bei einem Arbeitsverhältnis, das vom 1. Januar bis zum 30. Juli des Jahres dauert, besteht nur ein Urlaubsanspruch von 7 / 12.
Die Rechtslage: Das ist nicht der Fall. Bei einem Arbeitsverhältnis, das länger als sechs Monate gedauert hat und in der zweiten Jahreshälfte beendet wird, besteht ein voller Urlaubsanspruch (12 / 12). Teilurlaubsansprüche entstehen nur, wenn das Arbeitsverhältnis vor erfüllter Wartezeit (es besteht weniger als sechs Monate) beendet wird oder das Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der ersten Jahreshälfte endet, also bis zum 30. Juni.
4. Irrtum: Eine Erkrankung im Urlaubsjahr führt zur Reduzierung der Urlaubsansprüche.
Die Rechtslage: Das stimmt nicht. Grundsätzlich führt Krankheit nicht zu einer Reduzierung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs. Allerdings ist der gesetzliche Urlaubsanspruch für die Dauer des Urlaubsjahres befristet. Das heißt, grundsätzlich muss der Urlaub im Kalenderjahr geltend gemacht werden. Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise für den Fall der Krankheit, darf der Urlaubsanspruch auch noch in das Folgejahr übertragen werden.
Ist ein Arbeitnehmer seit dem 1. Januar bis zum 31. Dezember des Jahres krank, aber bis zum 31. März des Folgejahres wieder gesund, wird sein voller Urlaubsanspruch übertragen und kann genommen werden. Wird der Arbeitnehmer auch bis zum 31. März des Folgejahres nicht gesund, erlischt sein Urlaubsanspruch.
5. Irrtum: Gewährt der Arbeitgeber keinen Urlaub, kann sich ein Arbeitnehmer selbst beurlauben.
Die Rechtslage: Diese Annahme ist ein verbreiteter und folgenschwerer Irrtum. Tritt ein Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Ein solches Verhalten kann einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.
Lehnt dagegen ein Arbeitgeber zu Unrecht einen Urlaubsantrag des Arbeitnehmers ab, kann der Arbeitnehmer die Festlegung des Urlaubs gerichtlich erstreiten. Sollte ein gerichtliches Verfahren für die Klärung dieser Frage zu lange dauern, kann auch eine einstweilige Verfügung beantragt werden.
6. Irrtum: Bei Kündigung steht Arbeitnehmern auf jeden Fall ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu.
Die Rechtslage: Dies ist nicht ganz richtig. Im Fall einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses soll der verbleibende Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers laut Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich als Freizeit gewährt werden. Reicht die Kündigungsfrist aber nicht mehr zur Inanspruchnahme des gesamten zustehenden Urlaubs aus, besteht für den Rest ein Urlaubsabgeltungsanspruch.
Anders ist die Situation, wenn die Kündigung für den Arbeitnehmer überraschend kommt und er bereits feste Urlaubspläne außerhalb der Kündigungsfrist durch Buchung verbindlich gemacht hat. In dem Fall kann er die Festlegung seiner Urlaubsansprüche in der Kündigungsfrist ablehnen und ausnahmsweise Urlaubsabgeltung verlangen. Voraussetzung ist jedoch, dass der festgelegte Urlaub für den Arbeitnehmer in der Kündigungszeit unzumutbar ist und er ein besonderes Interesse am Urlaub außerhalb der Kündigungsfrist nachweisen kann.
7. Irrtum: In meinem Urlaub darf ich tun und lassen, was ich will, also auch arbeiten.
Die Rechtslage: Das ist falsch. Während des Urlaubs darf ein Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Das besagt Paragraph 8 Bundesurlaubsgesetz. Verboten ist danach jede selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit, durch die Geld verdient werden soll und die die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt. Unberührt von dem Erwerbstätigkeitsverbot bleibt eine Nebentätigkeit, die der Arbeitnehmer auch ohne Urlaub verrichtet oder verrichten könnte. Eine verbotene Urlaubstätigkeit kann eine ordentliche Kündigung zur Folge haben.
8. Irrtum: Auch bei einem kürzer als einen Monat dauernden Arbeitsverhältnis steht anteilig Urlaub zu.
Die Rechtslage: Nein, Teilurlaub wird nur für jeden vollen geleisteten Beschäftigungsmonat in Höhe von einem Zwölftel gewährt. Angefangene Teilmonate bleiben außer Betracht. Der Beschäftigungsmonat ist nicht mit dem Kalendermonat identisch. Demnach entsteht ein Urlaubsanspruch von einem Zwölftel, wenn das Arbeitsverhältnis vom 12. des Monats bis zum 12. des Folgemonats dauert.
9. Irrtum: Zu viel gewährter Urlaub kann vom Arbeitgeber zurückgefordert werden.
Die Rechtslage: Hat der Arbeitnehmer bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden. Ebenso wenig darf die Freistellung von der Arbeit rückwirkend aufgehoben werden. Dieses Rückforderungsverbot ist gesetzlich im Bundesurlaubsgesetz verankert.
10. Irrtum: Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach seinem Belieben festlegen.
Die Rechtslage: Nein, das ist so nicht richtig. Das Urlaubsrecht geht davon aus, dass der Arbeitnehmer innerhalb des Kalenderjahres seinen Urlaubswunsch gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht. Der Arbeitgeber wiederum muss binnen angemessener Frist den Urlaubsanspruch bewilligen beziehungsweise mit seinen Arbeitgeberinteressen und den Interessen der übrigen Kollegen in Einklang bringen.
Soweit der Arbeitgeber dringende betriebliche Belange geltend machen kann, darf er Betriebsferien anordnen. Beispiel: Notwendige Anwesenheit des Arbeitgebers bei Arzt und Helferin.
Ein einmal erteilter Urlaub darf vom Arbeitgeber nicht einseitig widerrufen werden. Ausnahme: In unvorhergesehenen Notfällen kann aufgrund vertraglicher Rücksichtspflicht des Arbeitnehmers ein Widerruf- oder Rückrufrecht entstehen. Dann hat jedoch der Arbeitgeber die dem Arbeitnehmer entstehenden Mehrkosten zu ersetzen.