Apfelwein Apfelwein: Trinken gegen das Vergessen
Frankfurt/Main/dpa. - Während die Großen mit Cola- und Limonade-Mischungen ihr Stöffchen versüßen, versuchen die kleinen Keltereien mit Spezialitäten wie Apfelchampagner und sortenreinen Weinen das Image des hessischen Nationalgetränks aufzupolieren.
Nach Angaben des Verbandes der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-Keltereien ist der Pro-Kopf-Verbrauch Äppler in Hessen von 12,1 Liter im Jahr 1997 auf 10,2 Liter in 2002 gefallen. Deutschlandweit trinkt der Bundesbürger im Schnitt nur einen Liter Apfelwein im Jahr (Stand 2002). «Wir haben seit Jahren mit einem Umsatzrückgang beim Apfelwein zu kämpfen, der nur schwer durch die Produktion und Vermarktung von Apfelsaft und anderen Säften ausgeglichen werden kann», sagte der Ehrenvorsitzende des Verbandes, Walfried Heil, während des Apfelwein-Anstichs 2004 in Freigericht.
Neue Trend-Getränke wie sie so genannten Alcopops sind aus seiner Sicht ebenso wie die Gesundheitswelle und die Wirtschaftslage Schuld an der schwindenden Popularität des Schoppens. Auch die Trinkgewohnheiten haben sich geändert: «Der Apfelwein wird heute fast ausschließlich mit Wasser oder Limonade gespritzt getrunken.» Nur wahre Kenner und alte Leute griffen noch zum puren Stöffchen.
«Wir müssen in Hessen eine neue Apfelwein-Kultur entwickeln», forderte der Besitzer der kleinsten gewerblichen Apfelwein-Kelterei in Hessen, Jürgen Krenzer. Der 38-Jährige betreibt in Ehrenberg- Seiferts in der Rhön eine Schaukelterei, ein Restaurant mit Apfelspezialitäten und gibt Keltermeister-Seminare. Das alles tue er, um den Menschen zu vermitteln, dass Apfelwein mehr ist als «ein Arme-Leute-Getränk». Von seinen 15 000 Litern Wein im Jahr ist nur ein kleiner Teil der gewöhnliche Äppler aus gemischten Äpfeln. Krenzer keltert auch sortenreine Apfelweine, die sich im Geschmack erheblich unterscheiden: «Ein Wein aus Gold-Parmäne schmeckt wie ein guter Silvaner: neutral, gefällig, ein Wein für jede Gelegenheit. Ein reiner Boskop-Wein ist dagegen mit viel Zucker und Säure wirklich etwas Besonderes.»
So etwas kommt dann auch nicht im Gerippten, sondern im Wein- Ballon auf den Tisch - denn auch ein Äppler muss atmen. Krenzer ist davon überzeugt, dass sich das Traditions- zum Trendgetränk wandeln kann: «Mit dem gleichen Alkoholgehalt wie Bier aber nur einem Drittel der Kalorien passt der Äppler perfekt in die heutige Zeit.» Beim Imagewechsel des Getränks könne sich Hessen viel von Bayern abschauen. «In München sitzen viele junge Leute in den Kneipen, die stolz ihre Maß trinken - diese Identifikation mit dem Nationalgetränk fehlt mir in Hessen.»
«Jede Kelterei - egal ob groß oder klein - ist gefordert, etwas dafür zu tun, damit der Apfelwein im Gespräch bleibt», sagte der Maintaler Kelterer Jörg Stier. Er selbst setzt auf Spezialitäten wie Apfelwein-Champagner, hat 40 verschieden Weinsorten im Programm. «Wenn der Kellner in einer Gaststätte bei der Apfelwein-Bestellung fragt "Welchen wollen sie denn", ist schon viel gewonnen», sagte Stier, der bis zu 200 000 Liter im Jahr herstellt. Doch auch die süßen Wein-Limonade-Mischungen der Großkeltereien trügen dazu bei, den Schoppen vor allem bei jungen Leuten wieder beliebter zu machen. Allzu pessimistisch sieht Stier die Zukunft des hessischen Nationalgetränkes nicht: «Wir werden schon gegen das Vergessen des "Ebbelwois" antrinken.»