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Alternative Alternative: Ersatzdienst im Ausland

Von Sascha Reimann 05.03.2007, 08:59
Der «Andere Dienst» im Ausland: Dieser junge Mann betreut Flüchtlingskinder in Frankreich. (Foto: dpa)
Der «Andere Dienst» im Ausland: Dieser junge Mann betreut Flüchtlingskinder in Frankreich. (Foto: dpa) Aktion Sühnezeichen Friedensdien

Köln/Berlin/dpa. - Für junge Männer steht mit der ersehntenVolljährigkeit auch ein gefürchteter Termin ins Haus: die Musterung.Auch wenn längst nicht mehr alle 18-Jährigen eingezogen werden, heißtdie Alternative für viele immer noch: zum Bund gehen oder Zivildienstleisten. Eine andere Möglichkeit dagegen ist weniger bekannt: der sogenannte Andere Dienst im Ausland (ADiA).

Ging es nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem um Versöhnung, soverschiebt sich laut Heinz-Günter Dickel vom Bundesamt für denZivildienst (BAZ) in Köln der Schwerpunkt des ADiA zunehmend inRichtung der «Schwellen- oder Drittweltländer». So sorgt zum Beispielein ADiA-Projekt in Kenia für sauberes Trinkwasser. Ob alsKindergärtner im israelischen Kibbuz, als Streetworker in Mosambikoder bei der Arbeit auf einem peruanischen Schulbauernhof: ImIdealfall bietet der freiwillige Auslandsdienst den Teilnehmern dieChance, fremde Sprachen und Kulturen kennen zu lernen.

«Für mich hat dieser Dienst mein Leben verändert», sagt OliverGräf, einer der Autoren des Buches «Zivi weltweit». AlsSozialarbeiter in einer amerikanischen Waldorf-Schule habe er nichtnur ein besseres Englisch, sondern auch eine neue Perspektivegewonnen.

«In Zeiten der Globalisierung sind Erfahrungen, die der ADiAbieten kann, ein großer Schatz», meint Johannes Zerger von der AktionSühnezeichen Friedensdienste (ASF) in Berlin. Die von evangelischenChristen gegründete Organisation entsendet schon seit 1958Freiwillige in 13 Länder, um mit sozialen Projekten die Folgen desNationalsozialismus durch Versöhnung zu mildern.

Die Begegnung mit fremden Kulturen oder mit Opfern von Weltkriegund Holocaust verlangt den Teilnehmern jedoch auch viel ab - ebensowie die Arbeit in sozialen Brennpunkten oder Einrichtungen fürBehinderte. Wer sich für den ADiA entscheidet, müsse sich darüber imKlaren sein, dass es «hart» werden könne, sagt Heinz-Günter Dickelvom BAZ. «Urlaub ist das mitnichten.» So arbeiteten die Teilnehmer inGebieten mit bisweilen erheblichen sozialen oder politischenSpannungen. Die Freiwilligen sollten aber auch lernen, nicht bei derersten Schwierigkeit aufzugeben, sagt ASF-Sprecher Zerger.

Dickel betont, dass der ADiA kein Zivildienst sei, sondern einefreiwillige Leistung. Diese befreie zwar von der Pflicht, einenDienst im Inland zu absolvieren - aber nur, wenn bestimmteBedingungen erfüllt sind. Dazu gehöre, dass der anerkannteKriegsdienstverweigerer noch vor seiner Einberufung zum Zivildienstbeim BAZ nachweisen kann, dass er in ein ADiA-Projekt aufgenommenwurde. Dazu hat er allerdings nicht lange Zeit: Nicht nur, dass erbei Dienstantritt höchstens 22 Jahre alt sein darf, manche Projektehaben auch auf Grund der hohen Nachfrage zum Teil jahrelangeBewerbungsfristen.

Eine weitere Voraussetzung für den Auslandsdienst ist laut Dickel,dass sowohl das jeweilige Projekt als auch die Trägerorganisation vomBAZ anerkannt sind. Derzeit gelte das für 263 Organisationen, eineentsprechende Liste sei beim BAZ erhältlich. Wer sich für einen ADiAinteressiert, muss zwei Monate länger dienen als ein Zivi - alsomindestens elf Monate. Außerdem ist der ADiA in der Regelunentgeltlich. Manche Organisationen erwarten laut Dickel sogar, dassdie Teilnehmer Spender anwerben, die sie unterstützen.

Orte, Tätigkeiten und Rahmenbedingen der einzelnen Projekte sindsehr verschieden. Manche anspruchsvollen Projekte erfordern auchVorwissen, etwa Kenntnisse der jeweiligen Landessprache. Dickel rätdaher, sich im Vorfeld genau zu informieren. Interessierte solltensich in jedem Fall bemühen, rechtzeitig eine gute Bewerbung zuschreiben, empfiehlt Rabea Karthoff vom Verein «AFS InterkulturelleBegegnungen», der ADiA-Projekte in sechs Ländern anbietet. Auch Gräfrät Interessierten, sich ein Jahr im Vorfeld intensiv mit dem Themaauseinander zu setzen. Zwar kämen auf jede Stelle etwa zehn Bewerber,aber bei rechtzeitigem Engagement sei «alles möglich».

Informationen und Liste mit den zugelassenen Organisationen beimBundesamt für den Zivildienst (Tel.:0221/36 73 40 60).

Literatur: Oliver Gräf, Jörn Fischer: Zivi weltweit, ISBN3-86040-079-7, 15,90 Euro.