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Ab ins Wasser Ab ins Wasser: Wie bringe ich meinem Kind das Schwimmen bei

Von Ida Luise Krenzlin 14.07.2015, 13:53
Nicht alle Schulen bieten Schwimmunterricht an.
Nicht alle Schulen bieten Schwimmunterricht an. DPA Lizenz

Einmal im Jahr gibt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) eine der traurigsten Statistiken Deutschlands heraus, die aktuelle Ertrinkungsstatistik. 2014 sind knapp 400 Menschen ertrunken. Viele von ihnen haben ihre mangelnden Schwimmfähigkeiten mit dem Leben bezahlt.

Auch Kinder ertrinken immer wieder. Die DLRG ruft deshalb dazu auf, ihre Schwimmkenntnisse zu stärken. Wie man das macht, erzählen die Vize-Präsidentin Ute Vogt und DLRG-Sprecher Achim Wiese im Interview.

Welchen Stellenwert hat das Schwimmen bei uns in Deutschland?

Achim Wiese: Stellen Sie sich vor, jedes zweite zehnjährige Kind kann nicht mehr sicher schwimmen. Auch bei den Erwachsenen gibt es immer mehr unsichere Schwimmer, viele sind sogar Nichtschwimmer. Eine katastrophale Entwicklung.

Ute Vogt: Schwimmen ist eine Kulturtechnik wie Laufen und Radfahren. Diese Fähigkeit geht aber langsam verloren.

Warum können denn so viele Kinder nicht mehr richtig schwimmen? Fast alle Familien fahren doch gerne ans Meer oder an Seen.

Wiese: Schwimmbadschließungen sind ein Grund. Ohne Wasserfläche habe ich auch keine Möglichkeit auszubilden.

Vogt: Ja, das liegt eindeutig an den Schwimmbadschließungen. Wir haben eine Umfrage gemacht. Ein Viertel aller Grundschulen bieten keinen Schwimmunterricht mehr an! Da müssen dann die Eltern einspringen. Und wenn die ihren Kindern das Schwimmen nicht beibringen, dann lernen es die Kinder einfach nicht.

In welchem Alter sollen Kinder Schwimmen lernen?

Wiese: Ab etwa vier Jahren sollte man damit beginnen. Dann beherrschen Kinder die Motorik und begreifen auch, was sich da im Wasser abspielt.

Und wer bringt den Kindern das Schwimmen am besten bei?

Wiese: Es macht auf jeden Fall Sinn, den eigenen Kindern das Schwimmen von externen Lehrern beibringen zu lassen. Die DLRG ist Schwimmausbilder und fast flächendeckend vor Ort. Es macht zwar Spaß, mit Mama oder Papa im Wasser zu planschen, aber mit denen etwas lernen, das macht den meisten Kindern keinen Spaß. Deshalb sagen wir: Kinder lernen von gut ausgebildeten Lehrern am besten Schwimmen.

Vogt: Ja, die Schwimmlehrer werden einfach ernster genommen. Die dürfen auch mal streng sein und auf die richtige Arm- und Beintechnik achten. Da haben es Eltern erfahrungsgemäß einfach schwerer. Deshalb sagen wir: Schickt die Kinder zu uns. Die DLRG-Kurse sind auch sehr erschwinglich. Jeder kann sich leisten, bei uns Schwimmen zu lernen.

Warum Schwimmhallenschließungen dramatische Folgen haben, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Gibt es denn keinen verpflichtenden Schwimmunterricht?

Ute Vogt: Nein. Schwimmen ist im Lehrplan nicht vorgeschrieben. Das ist auch eine Forderung von mir. Schwimmen müsste Pflicht sein in der Grundschule. Außerdem müssen die Kommunen dafür sorgen, dass die Schwimmhallen und Bäder nicht geschlossen werden.

Aber die Kommunen klagen drüber, dass sie kein Geld haben, die Hallen und Bäder zu unterhalten.

Vogt: Können Sie sich vorstellen, dass irgendwo ein Fußballplatz geschlossen wird? Nein. Aber Schwimmhallen werden geschlossen. Die Kommunen müssen sich alternative Trägerkonzepte ausdenken. Schwimmhallen sind wichtig! Und die Folgen, wenn sie fehlen, sind viel schlimmer.

Achim Wiese: Über 700 Menschen wurden im letzten Jahr durch DLRG-Rettungsschimmer vor dem Ertrinken gerettet. Das sind die Folgen.

Vogt: 392 Menschen sind im vergangen Jahr aber auch ertrunken. Die meisten in den Sommermonaten. Allein im Juli 2014 sind 95 Menschen ertrunken. Viele im Sommerurlaub an der Ostsee.

20 Todesfälle durch Ertrinken gab es bei Kindern bis zum 15. Lebensjahr. Unterschätzen Eltern das Ertrinkungsrisiko?

Wiese: Eindeutig. Bei Kleinkindern muss immer ein Erwachsener in Armweite dabei sein. Die darf man noch nicht einmal für ein paar Sekunden aus den Augen lassen. Wirklich nie. Die plumpsen in einer Pfütze um und ertrinken sofort. Da gelten unsere Baderegeln.

Vogt: Aber auch bei größeren Kinder beobachten wir, dass die Eltern zum Beispiel das Schwimmabzeichen Seepferdchen überschätzen. Die Eltern denken, mein Kind hat das Seepferdchen, es kann schwimmen. "Seepferdchen" bedeutet aber nur, dass ein Kind 25 Meter am Stück schwimmen kann und mit dem Kopf einmal unter Wasser taucht. Das hat wirklich nichts mit sicherem Schwimmen zu tun. Da sollten sich Eltern nicht in falscher Sicherheit wiegen.

Was können Eltern dafür tun, dass ihre Kinder ein positives Verhältnis zum Wasser entwickeln?

Wiese: Früh an das Element Wasser heranführen und das Gefühl vermitteln, dass Wasser auch ganz viel Spaß bereiten kann. Damit kann man bereits im Säuglingsalter anfangen.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt ist Vize-Präsidentin der DLRG
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt ist Vize-Präsidentin der DLRG
privat / Ute Vogt Lizenz
Achtung! Immer weniger Schulkinder können richtig schwimmen.
Achtung! Immer weniger Schulkinder können richtig schwimmen.
dpa Lizenz