175 Jahre Spielen Singen Basteln 175 Jahre Spielen Singen Basteln: Unsere schönsten Erinnerungen an die Kindergartenzeit

Der Pädagoge Friedrich Fröbel hat für einen der bekanntesten deutschen Exportschlager gesorgt, den Kindergarten. Vor 175 Jahren gegründet, brachten ihne deutsche Auswanderer sogar bis nach Amerika, wo er heute fester Bestandteil des Bildungssystems ist und die deutsche Bezeichnung Kindergarten trägt. „Is your child going to Kindergarten?“, fragt man sich von New York bis San Franscisco. Das Jubiläum ist Anlass genug, die Kollegen aus der Redaktion nach ihren schönsten Kindergartenerinnerungen zu fragen.
Die erste Kindergarten-Liebe
Gesa Schölgens: „Kindergarten, das hieß für mich vor allem: Ganz viel draußen toben – mit coolen Geräten, die es zu Hause nicht gab. Dosenstelzen galten als absolutes Highlight, die „richtigen“ Stelzen aus Holz waren leider eine Nummer zu groß für uns Kurze. Unser Lieblingsspiel war lange Zeit „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ auf der Wiese vor dem Kindergarten – nicht gerade political correct, aber das hat uns Kinder (und die Erzieher) nicht gestört.
Rolf Zuckowskis „Zebrastreifen“ ist mir als Ohrwurm aus dieser Zeit ebenfalls erhalten geblieben. Zwar konnte mein Lieblingserzieher nur drei Akkorde auf der schrammeligen Gitarre greifen, aber für unsere Performance hat es locker gereicht. Hängen geblieben ist auch meine erste „Kindergarten-Liebe“, die genau einen Tag hielt. Nämlich bis Manuel mich vom Klettergerüst schubsen wollte (und dabei selbst auf die Nase fiel und anfing zu heulen, der Doofmann!).“
Geburtstagsfeiern waren der Hit
Ramona Krieger: „Unsere Geburtstage sind mir besonders in Erinnerung geblieben. Es gab ein Krönchen, ein Ständchen und eine kleine Kiste voll mit wunderschönen Geschenken. Das tollste Geschenk war eine Klapperschlange aus Holz. Doch am schönsten war die gemütliche Sonntags-Atmosphäre, mit feierlichem Kerzenlicht und Kuchen.“
Feuer, Süßigkeiten und ein echtes Pferd
René Kohlenberg: „Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, ist der alljährliche St.-Martins-Zug. Draußen war es bereits dunkel, alle Kinder standen mit ihren selbstgebastelten Laternen und ihren Eltern vor dem Kindergarten. Manche Väter – denn Feuer ist eben Männersache – trugen sogar Fackeln. Und das größte – und das im wahrsten Sinne des Wortes – war St. Martin selbst auf seinem Pferd. Dann setzte sich der Zug in Bewegung, das erste Lied wurde von der Kapelle angestimmt und wir zogen singend durch die Straßen.
Das ersehnte Ziel war das große Feuer, das in der Mitte des Dorf-Sportplatzes loderte. Gebannt starten wir auf das Feuer und die Väter warfen ihre brennenden Fackeln in die Flammen, das Holz knackte, Funken sprühten. Nur schwer konnten wir uns davon lösen, nur die Aussicht auf Süßigkeiten, die wir uns an den Türen der Verwandten und Bekannten unserer Eltern ersangen, lockten uns zurück auf die Straße. Müde und mit einer Tüte voller Süßigkeiten ging es schließlich glücklich nach Hause. Was für ein Tag: Feuer, Fackeln, Pferde, Süßigkeiten – ich will zurück.“
Erinnerungen an den DDR-Kindergarten
Ida Krenzlin: „Die tollen Erinnerungen an meine DDR-Kindergartenzeit halten sich etwas in Grenzen: täglich zwei Stunden Mittagsruhe auf den klapprigen Holzpritschen, immer aufessen müssen wegen der armen Kinder, die Hunger leiden und oft in der Ecke stehen wegen Stören der Mittagsruhe.
Trotzdem: Eine eindrucksvolle Erinnerung war der Ausflug zur Nationalen Volksarmee. Jährlich am 1. März wurde der Tag der NVA gefeiert. Wochenlang haben wir Bilder für „unser Freunde, die unser Heimatland schützen“ gemalt und Lieder wie „Soldaten sind vorbeimarschiert“ gesungen. Und dann sind wir tatsächlich an einem 1. März in eine NVA-Kaserne gefahren, haben unsere Bilder übergeben, Lieder vorgesungen und mit den Soldaten aus der Gulaschkanone gegessen – und mussten an diesem Tag keinen Mittagsschlaf machen.“
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Polizeialarm im Kindergarten
Jenny Meyszner: „Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als die Polizei vorbeikam, um uns eine kleine Lektion in Verkehrserziehung zu erteilen. Auf einem alten Filmprojektor sahen wir zuerst einem Comic-Männchen dabei zu, wie es erfolglos versucht, eine Fußgängerampel zu überqueren. Danach erklärte uns der Polizist, wie es richtig geht und DANN, dann kam der eindrücklichste Teil des Besuches: Wir durften alle mit nach draußen und im Polizeiauto das Blaulicht und die Sirene anmachen - ein herrlicher Krach!“
Kettenkarussel und Kuchen auf dem Sommerfest
Katharina Klöber: „Kettenkarussell fahren, „Heißer Draht“ spielen, Kuchen essen: Das Sommerfest war der Höhepunkt des ganzen Kindergartenjahres. Ich habe es als Moment der vollkommenen Unbeschwertheit in Erinnerung – denn ich war Kind und musste nichts tun außer Spaß haben und die Zeit genießen.“
Mit Bobbycar & Co. im Verkehrskindergarten
Lino Hermes: „Ein besonderes Highlight in meinem Kindergarten war der so genannte „Verkehrskindergarten“. Das ausgebaute Dachgeschoss umfasste ein Miniatur-Straßensystem mit einem Rundkurs, einer Kreuzung, Zebrastreifen und Ampeln. Mit verschiedenen Fahrzeugen – unter anderem Kettcars, Bobbycars, verschiedene Roller und Pedalos – sollten wir dort die grundlegenden Regeln im Straßenverkehr auf spielerische Weise erlenen. Die Betonung liegt dabei auf „sollten“. Es zeichnete sich schnell ab, dass einige von uns schon im zarten Kindergarten-Alter zu ausgeprägtem „Verkehrsrowdytum“ neigten, während andere sich als überkorrekte Verkehrsteilnehmer und „Kindergartencops“ in Szene setzten. Zu welcher der beiden Gruppen ich gezählt habe, soll an dieser Stelle offen bleiben.“
Malen, kleben, schneiden, weben
Julia Todorinc: „Woran ich mich besonders gerne erinnere: Meine ersten und letzten Erfolge als Künstlerin. Malen, kleben, schneiden, weben. Es verging keine Woche, in der ich nicht irgendetwas gebastelt habe. Die selbstbemalten Ostereier holen meine Eltern heute noch jedes Jahr aus dem Schrank. Von meinen Martinslaternen hat sich mein Vater erst vor fünf Jahren schweren Herzens trennen müssen – meine Mutter wollte endlich Ordnung im Keller. Ich war eben ein sehr produktives Kind. Dass es um meine künstlerischen Fähigkeiten gar nicht so gut bestellt ist, erfuhr ich ja erst Jahre später von meiner schlecht gelaunten Kunstlehrerin. Im Kindergarten hat nie jemand an meinen Bildern und Papierdrachen herumkritisiert.
Besonders stolz war ich übrigens auf meine erste selbstgewebte Handtasche. Meine Erzieherin hat ein Samtfutter mit Entenmotiv hineingenäht. Von diesem Tag an ging ich natürlich nicht mehr ohne meine Handtasche aus dem Haus. Soll nochmal jemand behaupten, die Kindergartenzeit prägt nicht fürs Leben.“






