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Zirkus Zirkus: Berühmt ohne «Sternenkrankheit»

Von Klaus Tscharnke 25.07.2005, 06:42
Der russische Clown Oleg Popow (Foto: dpa)
Der russische Clown Oleg Popow (Foto: dpa) dpa

Egloffstein/dpa. - «Sein Humor ist naiv, sanft und verträumt. Bosheit oderGrausamkeit kennt er nicht», urteilt etwa der Pantomime MarcelMarceau über Popows Auftritte. Auch für den russischen Autor WladimirKaminer war der einstige Star des Moskauer Staatszirkus vonKindesbeinen an die Verkörperung des Guten: «Für uns war Popow dergute Geist, der alles Gute auf der Welt symbolisiert», erinnert ersich.

Popow kommt bis heute ohne Klamauk aus. Er setzt stattdessen aufSituationskomik und lässt das Publikum mit sich statt über sichlachen - etwa, wenn er in der Zirkus-Arena Sonnenstrahlen «einfängt»,um sie anschließend im Publikum «auszuschütten».

Heute tritt er allerdings nur noch gelegentlich auf. Die ganzgroßen Zirkus-Tourneen will er sich in seinem Alter nicht mehr antun.Die Ära der großen Clowns sei keineswegs zu Ende, ist er überzeugt.Aber die talentierten jungen Leute müssten wieder lernen zu arbeiten.«Viele kriegen zu früh die Sternenkrankheit. Sie fühlen sich alsgroße Stars, weil das Publikum über sie lacht, und denken dann, dasssie alles erreicht haben, was zu erreichen ist. Das ist dumm. So wirdman kein guter Clown, sondern höchstens ein Narr», warnte er unlängstin einem Zeitungsinterview.

Popow selbst kam über Umwege zur Clown-Karriere. Der 1930 inWitrubowo bei Moskau geborene Russe hatte zunächst eine Ausbildungals Setzer bei der Zeitung «Prawda» begonnen. Bei einer sportlichenJungarbeiter-Vorführung wurden Lehrer der staatlichen Zirkusschuleauf ihn aufmerksam und empfahlen ihm eine Artisten-Ausbildung. Dieersten Jahre trat er als Seiltänzer und Jongleur auf, bis er für denberühmten sowjetischen Clown Karrandasch einspringen musste - seinimprovisierter Auftritt wurde zum überraschenden Publikumserfolg.

Der Ruf an den weltberühmten Moskauer Staatszirkus, den er späterüber viele Jahre lang selbst leitete, folgte umgehend. Ein Gastspielin Brüssel weckte schließlich auch das Interesse des Westens anPopow. Im politischen System der früheren Sowjetunion spielte Popoweine zwiespältige Rolle: Einerseits wurde er als hoch dekorierterVolkskünstler gefeiert, andererseits leistete er sich bei seinenAuftritten immer auch Parodien auf ordensbehängte Sowjet-Politiker.Nach dem Fall der Mauer trat er fast nur noch im Westen auf. 1992heiratete er seine Mitarbeiterin Gabrielle rpt Gabrielle Lehmann undzog mit ihr nach Franken.