1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Wolfgang Menge: Wolfgang Menge: Der Schöpfer von ist tot

Wolfgang Menge Wolfgang Menge: Der Schöpfer von ist tot

Von Maria Böhme 18.10.2012, 08:23

Halle (Saale)/MZ. - Mit der Figur des „Ekels Alfred“ schuf er einen der unangenehmsten und trotzdem beliebtesten Zeitgenossen der deutschen Fernsehgeschichte. Mit Filmen wie dem legendären „Millionenspiel“ warf er bereits 1970 einen Blick in unsere sensations- und authentizitätssgeile TV-Gegenwart; mit der Serie „Stahlnetz“ schrieb er den Vorgänger der ARD-Krimireihe „Tatort“. Die Rede ist von dem Film- und Fernsehautor Wolfgang Menge. Im Alter von 88 Jahren ist er am Mittwoch in einem Berliner Krankenhaus gestorben, wie seine Familie am Donnerstag bestätigte. Der Autor war mit der Journalistin Marlies Menge verheiratet und hatte drei Söhne. Der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat den verstorbenen Autor Wolfgang Menge als „ganz Großen des deutschen Fernsehens“ gewürdigt. In einer am Donnerstag veröffentlichten Presseerklärung schreibt der 74-Jährige: „Mit Esprit und Biss hat er unserer Gesellschaft den Spiegel vorgehalten und zu unserer Befreiung vom Obrigkeitsdenken beigetragen. Seine Werke behalten Ewigkeitswert.“

Menges erfolgreichster Beitrag zur deutschen Fernsehgeschichte ist wohl die vom Westdeutschen Rundfunk produzierte Serie „Ein Herz und eine Seele“. Die politische Satire um den spießigen, ignoranten „Sozi“-Hasser Alfred Tetzlaff (gespielt von Heinz Schubert) lief zunächst nur in den Dritten Programmen, Ende 1973 schaffte es die Reihe aber in das Programm der ARD. Bis heute wird die Serie regelmäßig wiederholt und bietet noch immer Stoff für Bühnenadaptionen. Doch Wolfgang Menge ist mehr als der geistige Vater vom „Ekel Alfred“.

Die ersten Schritte auf seinem Berufsweg ging der TV-Autor als Journalist. Nachdem der am 10. April 1924 in Berlin geborene Menge während des Krieges sein Abitur abgelegt und nach dem Kriegsdienst volontiert hatte, arbeitete er als Reporter beim „Hamburger Abendblatt“.

Ab 1954 war er als Korrespondent der „Welt“ in Tokio und Hongkong. Bereits als Journalist gelang es ihm, in seinen ersten Arbeiten für den Rundfunk politische Probleme als spannende Unterhaltung aufzubereiten.

Regelrechte Straßenfeger schuf der unermüdliche Kreative zusammen mit dem Regisseur Jürgen Roland: Nach dem Vorbild der US-amerikanischen Serie „Dragnet“ entwickelten die Beiden die Reihe „Stahlnetz“. Die Zuschauer liebten die fernsehgerecht aufbreiteten authentischen Kriminalfälle. Später schrieb er auch Drehbücher für die Nachfolge-Produktion: den „Tatort“. Zudem war Menge Mitbegründer der erfolgreichen Bremer Talkshow „3 nach 9“ und gehörte von 1974 bis 1982 (und dann noch einmal 1988) zum Moderatorenteam.

Erfolge bei den Kritikern feierten insbesondere die Fernsehspiele „Die Dubrow-Krise“ (1969), in dem ein Ort in der DDR der Bundesrepublik Deutschland beitritt, und „Das Millionenspiel“ (1970). In dem Spielfilm setzt sich der Kandidat einer TV-Spielshow (Jörg Pleva) eine Woche lang der Verfolgung eines Killerkommandos aus, um eine Million zu gewinnen.

Die „Dubrow-Krise“ nahm Probleme vorweg, die Jahre später bei der Wiedervereinigung auftraten. Das „Millionenspiel“ zeichnete die Entwicklung des „Reality TV“ vor. Nur zwei von unzähligen Beispielen, die von dem seltenen Weitblick Menges zeugen. Mit seinem Tod hat das deutsche Fernsehen einen Visionär verloren. „Ein Herz und eine Seele“: zwei Folgen, Samstag, ab 12.03 Uhr, ARD