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Wie lebten die Indianer Nordamerikas wirklich?

Von Carola Große-Wilde 19.12.2008, 15:18

Hamburg/dpa. - Die endlose Weite der Prärie, Bisons und Zelte - so oder so ähnlich sieht das Klischee vom Leben der Indianer im Wilden Westen aus.

Dass es sich dabei nur um einen kleinen Ausschnitt einer enorm vielfältigen Kultur handelt, will das Völkerkundemuseum Hamburg in seiner neuen Dauerausstellung «Indianer Nordamerikas - Eine Spurensuche...» zeigen. Auf 500 Quadratmetern bietet die Schau ein vielschichtiges Bild mit mehr als 500 Exponaten aus den eigenen Beständen.

Von den nachgebauten Lehmhäusern der Pueblo-Indianer in Arizona über die Grizzlybärenkrallen-Kette der Sioux bis zur mythischen Raben-Skulptur «Heelah» des kanadischen Künstlers David Seven Deers, der diese eigens für die Ausstellung geschaffen hat.

«Das ist keine Kunst, das ist Medizin für uns. Man macht das, um anderen zu helfen», sagt der Künstler über seine zwei Meter hohe und 1400 Kilogramm schwere Skulptur aus schwarzem Basalt, die er mit Hammer und Meißel mit der Hand gehauen und geschliffen hat. «Der Rabe ist unser Symbol für Glück», erzählt der Indianer vom Volk der Skwahla in British Columbia im Nordwesten Kanadas. Dort lebt er inmitten der Wildnis umgeben von Bären, Wölfen und Kolkraben. «Ein Rabe ist über den Bergrücken gekommen und hat mir gesagt, ich soll diese Skulptur hierher bringen», sagt der Künstler, der vor einigen Jahren den Totempfahl vor dem Völkerkundemuseum schuf und jetzt erneut nach Hamburg gekommen ist, um das Ausstellungsteam zu beraten.

«Das Thema der Spiritualität zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung», sagt Kuratorin Christine Chavez. So begegnet der Besucher auch dem Raben immer wieder. Gleich am Eingang sitzt der Vogel in einer der beiden Birken, die mit Gebetsstreifen geschmückt sind, die Tabak enthalten. «Der Tabak ist eine spirituelle Pflanze, um Kontakt zu den Ahnen aufzunehmen», erklärt Chavez. In sechs Themenbereichen sollen die unterschiedlichen Facetten indianischen Lebens beleuchtet werden. So können die Besucher am Lagerfeuer im Pueblo-Haus den alten Mythen der Indianer über ihre Herkunft lauschen. Gleich daneben gibt es die wissenschaftlichen Erläuterungen über die Behring-Straßen-Theorie und die Besiedlung per Boot.

«Wir wollten die indianischen und die wissenschaftlichen Erklärungen gleichberechtigt neben einander stellen», sagt Chavez. Im zweiten Stock des Pueblo-Hauses können die Besucher die Rituale der Hopi-Indianer kennenlernen, die seit Jahrhunderten sesshaft waren und Ackerbau betrieben. «Da es im Süden der USA sehr heiß ist, war für diese Kultur der Regen sehr wichtig», erläutert die Kuratorin. Mit Masken und Tänzen wurden die Katsina-Geistwesen angelockt, die in der Unterwelt leben und Regen heraufbeschwören können. Aber auch das Leben der heutigen Indianer in den Reservaten soll in der Ausstellung thematisiert werden. So können die Besucher in einen echten Cadillac steigen und indianisches Radio hören.

Im Themenbereich Medizin und Heilung steht eine Original- Schwitzhütte, die für Reinigungszeremonien benutzt wurde. An der Wand hängen verschiedene Masken der Tlinget-Indianer. «Wenn der Schamane sie aufsetzt, soll die Macht der Geister auf ihn übertragen werden», erläutert Chavez. Aber auch das traurige Kapitel über die grausame Ausrottung der Indianer durch die Weißen wird thematisiert. In einem nachgeahmten Fort zeigen historische Landkarten und Fotografien, wie die Weißen nach und nach Amerika erobert haben. «Im Juni hat sich der kanadische Premierminister bei den Indianern für das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, im Parlament entschuldigt. Das war eine wichtige Geste, die einen gemeinsamen Neuanfang ermöglicht», sagt David Seven Deers.

www.voelkerkundemuseum.com