1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. "West Side Story" an der Oper Leipzig: "West Side Story" an der Oper Leipzig: Jubel für den Musical-Klassiker

"West Side Story" an der Oper Leipzig "West Side Story" an der Oper Leipzig: Jubel für den Musical-Klassiker

Von Joachim Lange 25.06.2015, 10:12
Tanz-Szene in der „West Side Story“ an der Oper Leipzig
Tanz-Szene in der „West Side Story“ an der Oper Leipzig Ida Zenna Lizenz

Leipzig - Leonard Bernsteins Romeo-und-Julia-Adaption, die West Side Story, hat eine ungebrochene Kraft. Weil die Geschichte so treffsicher ist wie am ersten Tag. Die Gruppendynamik ererbter Feindschaft, der Versuch von Einzelnen aus dem Teufelskreis von Hass und Rache in die Liebe auszubrechen, der Sieg verhängnisvoller Umstände - all das trifft. Vor allem natürlich auch wegen der Musik. Was Bernstein da komponiert hat, ist einfach ein bis heute unübertroffener Musicalwurf. Das geht ein, hakt sich fest, bleibt haften.

In der Oper Leipzig ist es jetzt im Graben Chefsache. Kann gut sein, dass es für das Gewandhausorchester und Ulf Schirmer ein willkommener „Ring“-Ausgleich ist. Was aus dem Graben kommt, zündet, hat durchweg Esprit, es trägt den Abend, wenn gesungen wird, hält aber auch die Spannung, wenn (ohne Peinlichkeit) gesprochen wird. Die Dialoge sind mit so viel Gegenwart aufpoliert, dass der jüngere Teil des Publikums das Ganze nicht für Museum halten muss. Gesprochen wird deutsch, gesungen englisch - meistens passt das gut. Dass die neue Verstärkeranlage mehr auf sich aufmerksam macht, als sie sollte, lässt sich sicher korrigieren.

Mario Schröder füllt mit seiner Truppe und den dazu gecasteten Musicalprofis nicht nur die große Bühne, sondern schafft es, der bekannten Melange aus Liebesgeschichte und sozial verbindlicher Gegenwart gerecht zu werden.

Atmosphäre ohne Kitschverdacht

Dafür haben ihm Andreas Auerbach und Paul Zoller einen Raum geschaffen, dem Atmosphäre ohne Kitschverdacht gelingt. Wenn Tony und Maria in den imaginären Himmel der Liebe abheben wollen, dann geschieht das auf einem von drei riesigen, frei schwebenden T-Trägern wie aus dem berühmten Foto aus den Dreißigern. Docs Drugstore gibt es als Hintergrundkulisse und den atemberaubenden Blick aus der Tiefe der Straßenschluchten auf Pfeiler im Brooklynbridge-Format auch. Das zu Hause der Gangs ist die Straße. Mit kalten Peitschenleuchten links und rechts. Nur zum Wunschtraum des „I Like To Be In America!“ gibt es zum Stars-and-Stripes-Banner eine bunte Comic-Starparade: von Mickey Mouse bis zu Superman. Bei den prügelnden Cops vergeht einem das Lachen dann wieder.

Das reicht an Drumherum und hat eine enorme Imaginationskraft. Den Rest, also den Hauptteil, besorgen der Tanz und die Musik. Bei seiner Choreographie setzt Schröder vor allem auf körperbetonte Dynamik. Sein Augenmerk gilt dabei weniger der Illustration von Macho-Gesten, als vielmehr der Verdeutlichung von Emotion, Ängsten, Verletzungen oder angestauten Aggressionen jedes einzelnen durch tänzerische Mittel. In einem Stilmix von Klassisch bis Modern. Da gehen sie dann aufeinander los die weißen, einheimischen Jets (mit Andreas Wolfram als Riff an der Spitze) und die aus Puerto Rico zugewanderten Sharks, die Rupert Markthaler als Bernardo anführt, nicht immer auf Synchronität versessen, aber auf ihre „Ehre“ bedacht.

Choreografierte Prügeleien

Imponierend, wie präzise die Prügeleien durchchoreografiert sind. Und auch wie gut gesungen wird: Myrthes Monteiro ist eine Bilderbuch-Maria, Gero Wendorff überzeugt als ausstiegswilliger Tony, Erdmuthe Kriener als handfest präsente Anita. Sie führen ein in jeder Hinsicht überzeugendes Ensemble an. Am Ende Jubel für den Musical-Klassiker. (mz)

Nächste Vorstellungen der „West Side Story“ in der Oper Leipzig: 26. Juni, 19.30 Uhr; 27. Juni, 19 Uhr; 28. Juni, 18 Uhr