Wer versteht die Welt? Wer versteht die Welt?: Vier Miniaturen und ein kunstbewusstes Stück über das Scheitern

Halle (Saale) - Solch ein Bühnen-Spektakel wie in Halle hält einen gut in Gang. Am 28. September wird es noch einmal komplett angeboten. Bevor man „Nathan der Weise“ oder „Der Tempelherr“ von Ferdinand Schmalz, das zweite „Hauptgericht“, sieht, gibt es ein komödiantisches Vorspiel im Hof des neuen theaters, an dem Matthias Brenner, Hilmar Eichhorn Axel Gärtner und Jörg Simonides mitwirken.
Danach hat man die Wahl zwischen einem von vier kurzen Appetit-Machern, drei davon hat der Autor dieses Textes sehen können: Brenner lädt mit Gästen im Hof zu einem freundlichen „Sängerwettstreit der Kulturen“, während Martin Reik auf der Probebühne 1 zur „Stiftung Religionstest“ bittet. Dabei werden ein paar der Affenkostüme aus dem Verdi-Requiem im Opernhaus zweitgenutzt, vorbildlich! Mitwirkende neben Reik, dem Inspirator, sind Lena Gehrke, Jennifer Krannich, Beate Rothmann, Nora Schulte, Lucas Leybold und Enrico Petters. Zu sehen und zu hören gibt es in 20 Minuten eine kurze Geschichte der Menschheit inklusive Religionskritik, dazu tolle Sounds. Spaßfaktor: hoch. Im Schaufenster hingegen hat es am Samstagabend, nach der Aufführung von „Der Tempelherr“ noch eine klug arrangierte Lesung von Clemens Meyers Erzählung „Stille Trabanten“ gegeben.
Ein Deutscher liebt eine Deutsche, die eine Muslima geworden ist und mit einem Mann aus dem Nahen Osten zusammenlebt. Das haben Naemi Feitisch, Tristan Becker und Jan Wenglarz (alle aus dem neuen Schauspielstudio) sehr gut gemacht.
Und „Der Tempelherr“, ein „Erbauungsstück“, wie der Autor es ironisch nennt? Es erzählt von der Sinnsuche des abwesenden Heinar aus Sicht seiner Frau Petra (Marie Ulbricht), deren Vaters (Andreas Range) sowie der Freunde Markus (Harald Horvath), Christina (Sybille Kreß) und Thomas (Till Schmidt).
Ingo Kerhof hat das kurze, philosophisch gemeinte und gut gespielte Stück schlüssig inszeniert, Jessica Rockstroh hat ein Getreidefeld auf die Bühne gebaut. Der Staub kribbelt in der Nase, die kunstbewusste Sprache steigt zu Kopf. Heinar, der sein Glück auf dem Lande suchte, scheitert. Falsch abgebogen, Aufklärung gescheitert. Wenigstens hier. (mz)