Walter Janka Walter Janka: Deutsche Theater feiert die Wahrheit eines Lebens
Halle/MZ. - Voller Saal, knisternde Stille, donnernder Applaus am Ende - der DDR-Rundfunk übertrug live. Die Stimme des Schauspielers Ulrich Mühe und die fühlbare Betroffenheit des Publikums, in dessen erster Reihe der 75-jährige Walter Janka aus Kleinmachnow mit seiner Ehefrau Charlotte saß, links von Dieter Mann, dem Theater-Chef.
Walter Janka also: Jahrgang 1914, Sohn eines Werkzeugschlossers aus Chemnitz, Kommunist von früher Jugend an. Von 1933 bis 1935 KZ- und Zuchthaushaft (u. a. in Bautzen), dann abgeschoben in die Tschechoslowakei, Rückkehr als Illegaler, von 1936 an im Spanienkrieg, erstes Zusammentreffen mit Erich Mielke, der hinter der Front den Säuberungs-Terror verantwortet. Exil in Mexiko, 1947 Übersiedlung nach Ostberlin, 1952 Chef des Aufbau-Verlages. Im Dezember 1956 Verhaftung unter dem Vorwurf "konterrevolutionärer Verschwörung", Verurteilung zu fünf Jahren Zuchthaus - in Bautzen.
Den Anlass zur Verurteilung bot Jankas - auf Betreiben von DDR-Kulturminister Johannes R. Becher - unternommener Versuch, den ungarischen Philosophen und Regimegegner Georg Lukács im Verlauf des Aufstandes von 1956 aus Budapest zu holen. Mit dem Scheitern des Aufstandes wurde Lukács selbst als "Konterrevolutionär" verhaftet - Becher opferte Janka sofort, wovon letzterer in seinem im Oktober 1989 bei Rowohlt verlegten Buch "Schwierigkeiten mit der Wahrheit" erzählte.
Dieses Buch war es, aus dem Ulrich Mühe vor 15 Jahren in Berlin vorlas. Eine Chronik in drei Teilen: "Der Minister", "Die Verhaftung", "Der Prozeß". Vor allem die Verhandlung beeindruckte, geführt vom Generalstaatsanwalt Ernst Melsheimer, NS-Kammergerichtsrat bis 1945. Jankas Kollegen saßen im Saal: Anna Seghers darunter, die Becher mehrfach zu dieser Lukács-Janka-Aktion gedrängt hatte.
"Die anwesenden Schriftsteller, Anna Seghers, Willi Bredel bis Bodo Uhse, hatten sich an der Schreierei nicht beteiligt. Sie blieben stumm. Ihre Gesichter wurden fahl." Heute wissen wir, dass Anna Seghers zwei Mal bei Ulbricht für Janka interveniert hatte. Doch die Verliererin des Abends vor 15 Jahren hieß Seghers, der Sieger im historischen Moment Janka. Indes die Kritik am Stalinismus konnte die Krenz-DDR nicht verlängern. Janka wurde, bevor er 1994 starb, von der Ranküne seines Mithäftlings Wolfgang Harich eingeholt; der bezichtigte ihn in Details der Lüge.
Janka und Harich, zwei alte Kommunisten - unlösbar ineinander verkeilt. Da zeigte sich eine biografische Verletzung, die äußerlich gern beschrieben, aber nicht analytisch erhellt werden durfte. Jankas Erfolgsbuch von gestern ist heute nicht mehr lieferbar.