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Holmes auf Japanisch Vor Staffelstart in der ARD: Britische TV-Serie "Sherlock" erscheint als Manga

Von Kai Agthe 02.06.2017, 08:00
Holmes (Benedict Cumberbatch, l.) und Watson (Martin Freeman)
Holmes (Benedict Cumberbatch, l.) und Watson (Martin Freeman) ard

Halle (Saale) - „Ich bin kein Psychopath, sondern ein hochfunktionaler Soziopath“, ruft Sherlock Holmes entnervt einem Kriminalbeamten während der Ermittlungen zu einem Tötungsverbrechen entgegen, das den Anfang einer ganzen Mordserie bildet.

„Ein Fall von Pink“ ist keine Sherlock-Holmes-Geschichte aus der Feder von Arthur Conan Doyle (1859-1930), sondern stammt von Steven Moffat und Mark Gatiss. Beide Autoren schrieben das Drehbuch zur ersten Episode der britischen TV-Serie „Sherlock“, die bereits nach Ausstrahlung der ersten, drei Folgen umfassenden Staffel zu einem internationalen Quoten-Erfolg wurde.

In dem Serien-Hit der BBC ermittelt der wohl berühmteste Privatdetektiv der Krimi-Literatur nicht im späten 19. Jahrhundert, sondern im London der Gegenwart. Verkörpert wird er von Benedict Cumberbatch (40, „Doctor Strange“). Ihm zur Seite steht Martin Freeman (45, „Der Hobbit“) als Doktor James Watson. Sherlock wichtigstes Handwerkszeug ist, neben seinen faszinierenden kombinatorischen Fähigkeiten, das Smartphone. Der neue Sherlock hat auch das Rauchen aufgegeben und auf Nikotinpflaster umgestellt. Watson wiederum hält die Abenteuer nicht mehr mit Stift und Papier für die Welt fest, sondern berichtet darüber in einem Blog.

Es handelt sich bei „Sherlock“, unter lockerer Bezugnahme auf die Originale, gleichsam um die Fortschreibung jener 56 Kurzgeschichten und vier Romane, die Conan Doyle hinterlassen hat.

Sherlock Holmes und Doktor Watson: Comic aus Fernost

Sherlocks und Watsons Fernsehdebüt „Ein Fall von Pink“, das im Jahr 2010 in Großbritannien und im Jahr darauf erstmals hierzulande zu sehen war, ist jetzt auch als Manga, als japanische Form des Comics erhältlich. Gezeichnet hat die Bildgeschichte, dem Serien-Drehbuch detailliert folgend, ein gewisser Jay. Auch die deutsche Übersetzung hält sich streng an die Vorlage aus Fernost. Das heißt, das Comicbuch ist von hinten nach vorn, von rechts oben nach links unten zu lesen.

Es beginnt nicht sofort mit dem Kriminalfall, sondern mit dem Kennenlernen von Holmes und Watson. Ersterer sucht für seine Wohnung in der Bakerstreet 221b einen Mitbewohner, letzterer Anschluss an das Leben. Seit seiner Rückkehr aus Afghanistan, wo bereits Conan Doyles Watson im Einsatz war, leidet der Militärarzt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Dass Sherlock den seelisch versehrten Mediziner in die Ermittlungen zu einer Giftmordserie einbindet, führt zu einer sichtlichen Verbesserung von Watsons Verfassung. Aufgrund von Holmes’ rasantem Ermittlungstempo kommt Watson gar nicht dazu, über seine psychische Konstitution nachzudenken. Als der Doktor eines Tages seinen Gehstock vergisst, bemerkt der Kriegsinvalide den Verlust gar nicht. Ohne darüber ein Wort zu verlieren, erlöst Sherlock seinen „Eckermann“ von dessen psychosomatischem Leiden.

Orientiert an Film-Ästhetik

Ähnlich wie als TV-Zuschauer wird auch der Leser sofort von dem schwarz-weißen Geschehen mitgerissen, da die Bildgestaltung des Mangas sich noch stärker an der Film-Ästhetik orientiert als der traditionelle Comicstrip. Parallel zur Aufklärung des Falls hat Sherlocks älterer Bruder Mycroft einen ersten Auftritt, der ein wichtiges, aber nicht näher bestimmbares Amt in der britischen Regierung ausfüllt.

Am Ende des ersten Teils fällt auch der Name jenes Mannes, der zum zentralen Widersacher Sherlocks wird: Professor James Moriarty, der hochbegabt wie Holmes ist, aber seine Intelligenz für Verbrechen aller Art einsetzt.

Mögen Sherlock und Watson auch den TV-Darstellern ziemlich nahe kommen, so werden doch gewisse Manga-Eigenheiten übernommen: Watson hat die für den japanischen Comic so typischen Kulleraugen und eine Knubbelnase, Sherlock mandelförmige Augen und eine kecke Stupsnase. Wer die TV-Serie mit dem ungleichen Duo mag, wird auch die Manga-Adaption lieben.

Die anderen beiden Folgen der ersten „Sherlock“-Staffel sollen laut Verlag noch in diesem Jahr als Manga erscheinen: Der Band „Der blinde Banker“ ist für den 1. August angekündigt, „Das große Spiel“ für den 28. November.

Die neuen Folgen der vierten „Sherlock“-Staffel sind am Pfingstsonntag und Pfingstmontag sowie am 11. Juni jeweils um 21.45 Uhr in der ARD zu sehen. (mz)

››Jay: „Sherlock 1: Ein Fall von Pink“, Carlsen-Verlag, 210 S., 12,99 Euro