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Vicky Leandros Vicky Leandros: «Eine gewisse Melancholie»

22.10.2010, 18:16
Vicky Leandros schätzt, Chansons, Schlager und Balladen. (FOTO: DPA)
Vicky Leandros schätzt, Chansons, Schlager und Balladen. (FOTO: DPA) ANA-MPA

Halle (Saale)/MZ. - Die Sängerin VickyLeandros, 1952 in Griechenland geboren, feiertihr 35-jähriges Bühnenjubiläum. In diesenTagen erscheint ihr Album "Zeitlos", das auchBearbeitungen französischer Chanson-Klassikerenthält. Am Samstagabend ist die Künstlerin inder ARD-Show "Verstehen Sie Spaß?" zu Gast,am 8. März tritt sie im Leipziger Gewandhausauf. Mit Vicky Leandros sprach unser RedakteurAndreas Montag.

Frau Leandros, können Sie sich an Ihrenersten Auftritt erinnern?

Vicky Leandros: Nicht sehr genau.Es war 1965, ich sang "Messer, Gabel, Schere"in der NDR-Show "Aktuelle Schaubude".

Waren Sie aufgeregt?

Leandros: Nein. Das Lampenfieber kamerst mit den Jahren, als ich mir meiner Verantwortungbewusst wurde.

Mit Ihrer Karriere ging es schnell bergaufnach dem ersten Auftritt?

Leandros: Nun, ein paar Jahre dauertees schon. Aber mit der ersten Grand Prix-Teilnahme,wo ich mit dem Lied "L' amour est bleu" den4. Platz erreichte, fing meine Karriere inEuropa, Kanada und Japan richtig an. Dannkam erst der Erfolg in Deutschland.

Dem Prinzip, Platten auch im Ausland zuveröffentlichen, sind Sie treu geblieben.Aber Deutschland war immer wichtig für Sie?

Leandros: Natürlich, Deutschland warund ist mein wichtigstes Land, weil ich hierlebe und meine Familie und Freunde hier sind.

Sie fühlen sich im Chanson zu Hause, inDeutschland rechnet man Sie eher dem Schlagerzu. Das wäre in Frankreich nicht passiert.

Leandros: Ja, das stimmt, aber ichmag und singe Schlager, Chansons, Balladenund Folklore. Das behalte ich auch bei. EinChanson wie "Überall blühen Rosen" von GilbertBecaud auf meiner neuen CD ist ein Chansonund ein Schlager, ich mache da keine Unterschiede.

Die Schnittmenge ist das große Gefühl.Vielleicht auch Traurigkeit?

Leandros: Das ist nicht Traurigkeit,es ist Melancholie. Als Griechin hat man einegewisse Melancholie in sich.

Fühlen Sie sich immer verstanden?

Leandros: Ich glaube, dass die Menschendas sehr gut verstehen. Melancholie heißtja nicht, depressiv zu sein. Melancholie gehörtzum menschlichen Dasein. Wir laufen nichtimmer fröhlich durch die Welt. Ich mischedie Emotionen in meinem Programm, ich singeauch fröhliche und freche Lieder.

Gab es Momente in Ihrer Karriere, in denensie zweifelten?

Leandros: Ich zweifle oft an mir:Ob es gut genug ist, was ich tue.

Und haben Sie sich jemals einen anderenBeruf gewünscht?

Leandros: Nein. Das Singen ist fürmich ja Leidenschaft und Beruf zugleich. Ichbin dankbar dafür, dass ich das verbindendarf.

Es gab eine lange Pause für die Kinderin Ihrer Karriere. War das nicht auch einRisiko?

Leandros: Ich habe fast zehn Jahrelang nicht auf der Bühne gestanden. Aber Angstist ein schlechter Ratgeber. Man darf nichtvor sich selbst davonlaufen. Manchmal hatman mehr Erfolg, manchmal weniger. Wenn mandas verinnerlicht hat, spielt Angst keineRolle mehr.

Das setzt große innere Kraft voraus.

Leandros: Das haben Sie gesagt. Ichhabe immer Phasen, in denen ich über michund meine Arbeit nachdenke. Wenn man dreiKinder zur Welt bringt, hat man eine großeVerantwortung. Ich wollte sie selbst aufwachsensehen, sie selbst erziehen und ihnen nahesein.

Und wie fanden es Ihre Kinder, als Sieauf die Bühne zurückkehrten?

Leandros: Sie haben mich sehr bestärktdarin.

Ein Wort zu Griechenland und Deutschland:Ist es ein Problem gewesen, die Heimat zuwechseln?

Leandros: Ich war gerade fünf Jahrealt und Deutschland wurde für mich sehr schnellzur Heimat. Wir leben in Europa, im Abendland.Die Unterschiede sind minimal. Ich bin mitbeiden Mentalitäten ganz selbstverständlichaufgewachsen, es gab nie Probleme.

Erstaunlich, denn die Integration-Problemewerden stark diskutiert.

Leandros: Da fällt es jetzt Leutennach 20 Jahren ein, einmal darüber zu reden!In meiner Familie wurden viele Sprachen gesprochen,auch Englisch natürlich, die Weltsprache.Da ist man sofort integriert. Mir hat es immersehr geholfen, mich in anderen Sprachen verständlichmachen zu können.

Haben Sie sich über die Schelte aus Deutschlandwegen der griechischen Schulden geärgert?

Leandros: Ich habe mehrere Artikeldarüber geschrieben: Dass es in GriechenlandMisswirtschaft und Bestechlichkeit gibt, trifftzu. Aber Korruption ist nicht das Mentalitätsmerkmaleines Volkes, sondern das Interesse Einzelnerund Gruppen. Die Misswirtschaft blieb demgriechischem Bürger lange genau so verborgenwie den Experten in Brüssel.

Wie ist die Situation der Menschen inGriechenland?

Leandros: Die Stimmung ist gedrückt.Wir haben in Griechenland nicht das sozialeNetzwerk wie in Deutschland. Die Gehältersind niedrig und es gibt viele Griechen, diezwei Jobs haben, um ihren Kindern eine Zukunftzu sichern. Natürlich haben die Griechen manchmalauch die Augen verschlossen und nicht protestiertgegen Wahlgeschenke und Korruption. Da hätteich sie lieber auf der Straße gesehen alsjetzt, wenn es gegen Sparmaßnahmen geht. Nunwünsche ich mir, dass sie sich für das Gemeinwohlso einsetzen wie für ihre Familien.

Abschließend zu Ihrer bevorstehenden Jubiläumstour:Sie werden auch nach Leipzig kommen?

Leandros: Am 8. März. Darauf freueich mich schon sehr. Wir hatten schon ganzaußergewöhnliche Konzerte im Leipziger Gewandhaus.Es ist eine besondere Atmosphäre dort.

Vicky Leandros ist am Samstag in "VerstehenSie Spaß?" zu Gast. Die Show beginnt um 20.15Uhr im Programm der ARD. Vicky Leandros singtam 8. März um 20 Uhr im Gewandhaus zu Leipzig.