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Verleger Verleger: Lexikon-Begründer Joseph Meyer starb vor 150 Jahren

Von Roland Böhm 21.06.2006, 06:14
Joseph Meyer, Verlagsbuchhändler und Gründer des «Bibliographischen Instituts», der u.a. ab 1839 das «Große Conversations-Lexicon» verlegte (Foto: dpa)
Joseph Meyer, Verlagsbuchhändler und Gründer des «Bibliographischen Instituts», der u.a. ab 1839 das «Große Conversations-Lexicon» verlegte (Foto: dpa) dpa A0009

Hildburghausen/dpa. - Als 16 Jahre später der 52. Band erschien, hatte Meyer das umfangreichste vollendete allgemeine deutsche Lexikon des 19. Jahrhunderts geschaffen. Ein Jahr später, am27. Juni vor 150 Jahren, starb Meyer im südthüringischenHildburghausen. Sein Erbe lebt heute im Mannheimer VerlagBibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG weiter.

Selbst bezeichnete der umtriebige Verleger sein Mammutwerk damalsals «tüchtiges Werk zur intellektuellen Emanzipation», mit demer dem Bildungsmonopol der Oberschicht zu Leibe rücken wollte. 120Redakteure in vier Redaktionen arbeiteten in Meyers Verlag«Bibliographisches Institut» in Hildburghausen an der Enzyklopädie.90 Millionen Worte fassten den Wissenstand jener Zeit zusammen. Meyerselbst schrieb 120 Seiten über die Eisenbahn. Die Sammlung erschienHeftchenweise. Wohl um für einen schnellen Geldfluss in dieVerlagskassen zu sorgen.

In Meyers Bibliographischen Institut, das seine Erben 1874 nachLeipzig verlegten, erschienen später zudem die Klassiker «BrehmsTierleben» und der «Duden». 1880 veröffentlichte Konrad Duden seinerstes Rechtschreiblexikon im Bibliographischen Institut. Die Duden-Redaktion des Verlages war geboren. Heute ist das Institut Teil desBrockhaus-Verlags in Mannheim. Meyers Nachfahren zogen sich 1988zurück. Ihre Anteile übernahm der Langenscheidt-Verlag München.

Zwar spielt im Verlag heute der prestigeträchtigere Brockhaus dieerste Geige, doch steht der Name Meyer weiter für innovativeWissensvermittlung in Form von jugendlichen Taschenlexika. «Neben demBrockhaus hätte eine zweite Großenzyklopädie keinen Sinn», sagtBrockhaus-Sprecher Klaus Holoch. Das Taschenlexikon habe im Verlagaber derzeit etwas Nachholbedarf, was aber demnächst mit einer vonUdo Lindenberg gestalteten neuen Ausgabe von Meyers Taschenlexikonsbehoben werde. «Ich denke, das hätte Meyer gut gefallen.»

Meyer war das Verlegertum nicht in die Wiege gelegt. 1796 als Sohneines Schuhmachers in Gotha geboren, verließ er mit 14 die Schule,lernte bei einem Kolonialwarenhändler und ging mit 21 Jahren alsVolontär in ein Londoner Exporthaus. Er begann auf eigene Faust zuspekulieren, was schief ging. 1824 kehrt er bettelarm nach Gothazurück. Dort gründete er seinen Verlag. Schon bei seinem erstengroßen Projekt, der «Cabinets-Bibliothek der deutschen Classiker»setzte er auf «Bildung für alle». 150 Bändchen mit Werken derdeutschen Nationaldichtung brachte Meyer mit seinem Verlag heraus.Die Auflage stieg auf bis zu 40 000 Exemplare je Titel.

Meyer verärgerte die Branche mit einer sehr großzügigen Auslegungverlegerischer Rechte, betrieb gegen alle damaligen Handelsbräucheumfangreiche Werbung und narrte den Buchhandel als erster mitRatenzahlungen und Direktbelieferungen. Bis heute gilt Meyer als dererfindungsreichste Verleger der damaligen Zeit. Er starb am 27. Juni1856. Hildburghausen wird ihm zum 150. Todestag ein Denkmal setzen,im Stadtmuseum gibt es eine Sonderausstellung. Auch sein GeburtsortGotha zeigt in Schloss Friedenstein eine Sonderschau.