USA USA: Jazz-Klarinettist und Big-Band-Leader Artie Shaw ist tot
New York/dpa. - Shaws Version von «Begin the Beguine» gehört zu denmeistgespielten Jazzaufnahmen. Zu seinen besten Stücken zählen auch«Dancing in the Dark», «Traffic Jam», «Moonglow» und «Stardust».Bereits 1954 zog sich Shaw, der das Rampenlicht nie gemocht hatte,aus dem öffentlichen Musikleben zurück - da war er 44 Jahre alt. 2004erhielt er den Lifetime Achievement Grammy Award für sein Lebenswerk
Sein nuanciertes Spiel hatte ihm den Ruf eines der größtenJazzmusiker seiner Zeit eingebracht. In den 1930er und 1940er Jahrenwurde er in einem Atemzug mit Glenn Miller und Benny Goodman, seinemErzrivalen, genannt. «Der Unterschied zwischen Benny und mir ist,dass ich versucht habe, eine Musik zu spielen, und Benny aufs Swingenbedacht war», sagte Shaw einmal. «Benny war unheimlich geschickt mitseinen Fingern (...), aber wenn man unser beider Versionen von 'StarDust' hört, gibt es nur einen Schluss: Ich habe gespielt, er hatgeswingt».
Acht Mal war Shaw verheiratet, zu seinen Frauen gehörten dieHollywoodstars Lana Turner und Ava Gardner. «Die Leute reden dauerndüber diese Ehen», sagte er im Alter: «Dabei sind die Frauen, die ichgeliebt und nicht geheiratet habe, viel zahlreicher als die, die ichgeheiratet habe.» Über seine Abneigung gegen öffentliche Auftrittemeinte er, «auch Glenn Gould und Puccini hassten es, vor Publikum zuspielen». 1954, nach einem Auftritt im New Yorker Embers Club, legteer die Klarinette weg und fasste sie nie wieder an. «Es war, als obman einen brandigen Arm abschneidet - schlimm, aber besser, weil mannoch einen Arm und ein Leben hat.»
Der Musiker, der immer als «der Intellektuelle unter den Big-Band-Maestros» gegolten hatte, fing an zu schreiben. Zu seinenPublikationen gehören die Autobiografie «The Trouble with Cinderella»und einige Bände mit Kurzgeschichten.
Als Shaw mit 44 Jahren in den «Ruhestand» wechselte, war er schon30 Jahre lang Berufsmusiker gewesen, hatte neun von ihm aufgebauteOrchester geleitet, unglaublich viel Geld verdient und es verjubelt -«ich wollte leben, wie noch kein König gelebt hatte», sagte er. Erversuchte immer wieder, neue Wege in seiner Musik zu gehen, undscheiterte weitgehend damit. «Alles, was sie hören wollten, war,Begin the Beguine'», sagte er noch Jahrzehnte später erbittert.
Für den Sohn armer Eltern aus der Lower East Side in New York(«ich war so eine seltsame Kreatur, die man, Jude' nannte») war derAufstieg eigentlich unvorstellbar. Aufgewachsen in New Haven,Connecticut, begann er als Klarinettist und Saxophonist in derörtlichen High School Band. 1936 machte er Aufnahmen mit BillieHoliday und Bunny Berigan. Seine 1937 gegründete Big Band wurde einesder erfolgreichsten Orchester der Swing Ära. Im Zweiten Weltkriegspielte er mit seiner Army-Band in vielen Fronttheatern. Deshalbwurde er vor dem «Komitee für unamerikanische Aktivitäten» alsPatriot gelobt und konnte sich unbehelligt der linken Szene inAmerika zuwenden. Er war stolz darauf, dass einige der bedeutendstenSchriftsteller Amerikas seine Freunde wurden.