USA USA: Indianer ohne Pferd und Federschmuck
Halle (Saale)/MZ/STK. - Die stolzen Häuptlinge mit den Federhauben, die schnellen Mustangs, die Büffelhauben und Tipi-Zelte - sie haben das Bild geprägt, das Europäer vom Leben der Indianer Nordamerikas haben. Dank Karl May, Liselotte Welskopf-Henrich und anderer beschränken sich die Kenntnisse über die Geschichte der "Native Americans" selbst bei interessierten Menschen auf Klischees aus einer kurzen historischen Phase. Ausgerechnet die Indianerkriege, die am Endpunkt der indianischen Kultur standen, gelten als die typische Zeit des Wilden Westens.
Dabei war zuvor viel mehr, wie der Historiker Alexander Emmerich in seinem Werk "Die Indianer Nordamerikas" (Theiss-Verlag) beschreibt. Gnadenlos räumt er dabei auf mit den Märchen aus tausendundeiner Schlacht. Viel länger als die Periode der kaum 400 Jahre, in denen die Urbevölkerung sich gegen die langsam wachsende Zahl europäischer Einwanderer zu behaupten versuchte, war die mehr als 10 000 Jahre umfassende Zeit zwischen dem Eintreffen der ersten Gruppen von Vorfahren der späteren Urbevölkerung und der Entdeckung des Kontinents durch Kolumbus.
Äonen, die ohne Pferd und Federschmuck vergingen, in denen das Kulturbild der Indianer von sesshaften Pueblo-Indianern wie den Hopi und den in den Wäldern jagenden Algonkin bestimmt wurde. Jahrtausende, über die bis heute kaum etwas bekannt ist, die vergingen, ohne dass die verstreut lebenden Stämme und Großkulturen ihre Lebensweise änderten. Verschiedene Wissenschaftler haben das auf das Fehlen von Großtierarten zurückgeführt, das es unmöglich machte, Wachstum zu erzeugen und Wohlstandsfortschritte zu erreichen. Auch Emmerichs Erzählung setzt richtig ein, als sich im "Zusammenprall der Kulturen" nach dem Eintreffen der ersten Pilgerväter Veränderungen ankündigen.
Die Puritaner, für die wirtschaftlicher Erfolg von der Gnade Gottes kündete, beanspruchten Eigentumsrechte auf Land und vertraten damit ein Prinzip, das die Angehörigen der Indianerstämme einfach nicht verstehen konnten. Im Unverständnis der unterschiedlichen Kulturen, so analysiert Emmerich, liegt auch der Grund für die Welle der Gewalt, die die folgenden zwei Jahrhunderte kaum mehr abriss: "Einem Angriff der Engländer folgte eine Gegenangriff der Indianer, die daraufhin von einer Strafexpedition angegriffen wurden."
Der klassische Westen wurde hier geboren, Stämme wie die Cherokee, die ein Repräsentantenhaus und eine Verfassung hatten und afrikanische Sklaven hielten, kommen darin kaum vor. Doch sie waren da, zumindest bis England nach dem Unabhängigkeitskrieg seine amerikanischen Kolonien freigeben musste. Und sich die neuen Herren bitter dafür rächten, dass die Cherokee die alten auch militärisch unterstützt hatte.