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Urteil Urteil: «Filmförderabgabe ist verfassungswidrig»

26.02.2009, 08:34

Leipzig/Berlin/dpa. - Die Abgabe derKinos, der Videowirtschaft und des Fernsehens an dieFilmförderungsanstalt (FFA) sei in ihrer derzeitigen Formverfassungswidrig, entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht inLeipzig und rief das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. Damitwird der Streit jetzt höchstrichterlich ausgetragen in einerZeit, da der deutsche Film boomt wie selten zuvor.

Die Kinobetreiber fühlten sich im Vergleich zu anderen Zahlernbenachteiligt. Sie monierten, dass etwa Fernsehsender die Höhe ihrerAbgabe in Verträgen frei aushandeln dürften, während sie selbstAbgabebescheide auf Basis ihres Umsatzes erhielten. Die oberstendeutschen Verwaltungsrichter sehen darin einen Verstoß gegen diegrundgesetzlich garantierte Abgabengerechtigkeit. Bis zum Nachmittaggab es dazu noch keine Stellungnahmen der FFA und vonKulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), der sich zurzeit in den USAaufhält.

Die Filmtheater-Branche zeigte sich nach der Bekanntgabe derEntscheidung am Donnerstag zufrieden. «Das ist ein Erfolg», sagteRechtsanwalt Eckhard von Voigt, der die Multiplex-Kette UCI Kinoweltvertritt. In erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Berlin warendie Kinobetreiber noch gescheitert. Allerdings folgten dieBundesrichter bei weitem nicht allen Argumenten der Kinobesitzer. Siehatten auch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Zweifel gezogen.Die Filmabgabe ist im Filmförderungsgesetz geregelt. Darin wirddeutlich auf die künstlerische Qualität der geförderten StreifenBezug genommen. Für kulturpolitische Maßnahmen sind aber die Länderzuständig. Auch ob die Sonderabgabe überhaupt erhoben werden darf,hatten die Kinobetreiber bezweifelt.

Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts geht davon aus, dass esgrundsätzlich in Ordnung ist, Kinobetreiber, Videowirtschaft undFernsehanstalten an der Förderung des deutschen Films zu beteiligen.Schließlich profitierten sie alle davon, wenn die geförderten Filmeden Geschmack des Publikums träfen. Was übrigens die Kinobetreiberetwas anders sehen: «Viele kulturell wertvolle, FFA-geförderte Filmebringen an den Kinokassen wenig wirtschaftliche Erfolge.»

Die Leipziger Richter meinten aber, es müssten alle -Kinobetreiber, Videowirtschaft, Fernsehanstalten - gleich behandeltwerden. Es sei zur Wahrung der Abgabengerechtigkeit erforderlich,«dass die Fernsehveranstalter vom Gesetzgeber in die Abgabenpflichteinbezogen werden und für sie überdies auch der Maßstab ihrerKostenbeteiligung gesetzlich festgelegt wird», betonte dasBundesverwaltungsgericht.

Sollen die Fernsehsender weiterhin auf vertraglicher Grundlageherangezogen werden, müssten auch dafür die Kriterien für den Umfangder Kostenbeteiligung gesetzlich festgelegt werden. «Hier fehlt es imGesetz an jeglicher Festlegung solcher Kriterien», bemängelten dieLeipziger Richter.

Nach Ansicht der FDP-Bundestagfraktion macht die Entscheidung desBundesverwaltungsgerichts den politischen Handlungsbedarf bei derFilmförderung deutlich. Der seit Jahren andauernde Streit erschweredie Arbeit der Filmförderungsanstalt, meinte die filmpolitischeSprecherin ihrer Fraktion, Claudia Winterstein. Die Bundesregierunghabe diese Frage leider auch bei der jüngsten Novellierung desFilmförderungsgesetzes ausgespart. Dabei sei die Reform des Systemsüberfällig.

Die FDP fordert ein einheitliches Abgabesystem, «das alle Branchender Filmwirtschaft gemäß ihrer Leistungsfähigkeit in die Finanzierungder FFA mit einbindet». Angesichts der Umsatzrückgänge dervergangenen Jahre in den deutschen Kinos gingen auch derenFilmabgaben zurück - von rund 20 Millionen Euro 2002 auf zuletzt nurnoch zehn Millionen Euro - und teilweise nur noch unter Vorbehalt,wegen des Rechtsstreits.

(Az.: 6 C 47.07 - 50.07 und 6 C 5.08 bis 9.08 - Beschlüsse vom 25.Februar 2009)