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Urteil Urteil: Dresden unterliegt in Karlsruhe im Streit um Elb-Brücke

06.06.2007, 08:43

Karlsruhe/Dresden/dpa. - Damit ist ein Urteil desSächsischen Oberverwaltungsgerichts vom März, wonach die Bauaufträgefür die «Waldschlösschenbrücke» vergeben werden müssen, nicht zubeanstanden. Die höchsten deutschen Richter entschieden, dass trotzder drohenden Aberkennung des Welterbestatus für das Dresdner Elbtalein Bürgerentscheid für den Bau der Brücke berücksichtigt werdenmuss.

In der Stadt wird dennoch weiter nach Alternativen für dieumstrittene Elbquerung gesucht. Am Freitag sollen neue Studienrenommierter Architekturbüros vorliegen, über die der Stadtrat am 12.Juni befinden kann. Der amtierende Oberbürgermeister Lutz Vogel(parteilos) und Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) bekräftigtenam Mittwoch: «Wir werden der UNESCO während der Sitzung desWelterbekomitees vom 23. Juni bis 1. Juli in Neuseeland Varianten füreinen Brückenbau vorlegen.»

Das für die Bauaufsicht zuständige Regierungspräsidium betontedagegen erneut, die Zeit für einen Kompromiss sei abgelaufen, unddrohte mit Zwangsmaßnahmen. Die Stadt Dresden müsse bereits an diesemDonnerstag die ersten Bauaufträge für die Brückenanbindung vergeben.Sollte dies nicht geschehen, werde das Regierungspräsidium dieVergabeentscheidung auf Kosten und im Namen der Landeshauptstadttreffen. Auf Grund der eindeutigen Rechtslage erwarte man, dassDresden keine neuen Kosten für alternative Brückenplanungen undTunnelvarianten verursache.

«Das ist ein Sieg für den Bürgerentscheid und die Demokratie»,sagte Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) zur Entscheidung ausKarlsruhe. Andere Politiker plädierten hingegen dafür, die Suche nacheiner Lösung des Konflikts nicht aufzugeben. «Ich unterstützeweiterhin die intensiven Bemühungen der Stadt Dresden, einewelterbeverträgliche Kompromisslösung zu finden», sagteVerkehrsminister Thomas Jurk (SPD). Kunstministerin Eva-Maria Stange(SPD) betonte: «Jetzt ist politische Klugheit gefragt. Es geht darum,sehr verantwortungsvoll alle Möglichkeiten auszuloten, um den Titelzu behalten und dem Bürgerwillen gleichzeitig Rechnung zu tragen.»Sie sehe keinen Grund für einen raschen Baubeginn.

Um das rund 160 Millionen Euro teure Projekt wird seit Monatengestritten. Befürworter erhoffen sich eine Entspannung für denStadtverkehr. Nach Ansicht der UNESCO würde die Brücke das Panoramaan der sensibelsten Stelle der Landschaft verschandeln. Die UN-Kulturorganisation hatte die rund 20 Kilometer lange FlusslandschaftDresdner Elbtal im Sommer 2006 auf die Rote Liste gesetzt und beieinem Bau der Brücke mit Aberkennung des Titels gedroht.

Der Brückenbau war 1996 vom Stadtrat beschlossen worden. Als dasVorhaben nach geänderten Mehrheitsverhältnissen in Frage stand,sprach sich die Mehrheit der Dresdner 2005 in einem Bürgerentscheiddafür aus. Um den Welterbestatus zu erhalten, wollte die Stadtdaraufhin die Baupläne aussetzen; sie verwies auch aufvölkerrechtliche Verpflichtungen. Der Freistaat beharrte indessenunter Hinweis auf den Bürgerentscheid auf dem Bau.

Aus Sicht der 1. Kammer des Zweiten Senats desBundesverfassungsgerichts bietet die Welterbekonvention «keinenabsoluten Schutz gegen jede Veränderung der eingetragenen Stätten desKultur- und Naturerbes». Die Vertragsstaaten des Übereinkommenshätten ausdrücklich die Souveränität der Staaten und bestehendeEigentumsrechte anerkannt. In Anbetracht des völkerrechtlichenRahmens sei es verfassungsrechtlich möglich, dass sich derBürgerwille als authentische Ausdrucksform unmittelbarer Demokratiein einem derartigen Konflikt durchsetze. Dies gelte vor allem dann,wenn zuvor Verhandlungen über eine Kompromisslösung erfolglos waren.Mögliche Nachteile - wie der Verlust des Welterbestatus - müssten inKauf genommen werden, so die Karlsruher Richter.