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Uraufführung von «In Nomine Patris» in München

23.10.2008, 12:59

München/dpa. - Es sollte ein Aufreger werden, der die Verlogenheit der Kirche bloßlegt: Ein Papst hat eine Tochter, wird zwischen Sehnsucht, Verleugnung und Pflichterfüllung zerrieben.

Das Musical «In Nomine Patris - Die Beichte der Päpste», das im Deutschen Theater in München seine Uraufführung feierte, will kirchenkritisch sein. Doch der österreichische Autor und Komponist Bernd Stromberger verheddert sich in einer immer abstruseren Handlung. Nach drei Stunden bleibt als Ausweg nur der Tod der beiden Hauptprotagonisten, Papst und Tochter müssen sterben. Das Premierenpublikum würdigte das Stück am neuen Spielort in Fröttmaning dennoch mit viel Applaus. Das Zelt mit rund 1700 Plätzen direkt neben der Allianz Arena ist Ersatz-Theaterspielstätte während der Sanierung des Hauses in der Innenstadt.

Der fiktive Papst Anastasius Christus (Dean Welterlen), angesichts von Kirchenaustritten vom Konklave auch wegen seiner Ausstrahlung auf die Frauen gewählt, erfährt als Pontifex erstmals von seiner 21 Jahre alten Tochter Margarethe (Jasmina Sakr). Sie stammt aus einer Jugendliebe mit Eva Klein (Conny Zenz), wegen derer er beinahe das Priesterseminar verlassen hätte. Doch nach einer Jesus-Vision kehrt er sich vom weltlichen Leben ab, ignoriert Evas Briefe. Zurück bleibt eine Frau, die von nun an die Kirche verabscheut, hat sie ihr doch den Geliebten genommen.

Die Tochter, wie der Vater auf der Suche nach Gott und streng gläubige Novizin, verliebt sich ausgerechnet in den Wissenschaftler und Nobelpreisträger Heinrich Sand (Patrick Stanke), der mit einer Formel die Nicht-Existenz Gottes bewiesen haben will. Hätte Stromberger doch an dieser Stelle, zur Pause, Schluss gemacht. Mit der romantischen Hochzeit der nun dem Klosterleben entsagenden Tochter und des in seiner Forschung zuvor priestergleich vereinsamten Sand hätte es ein schönes und plausibles Happy End geben können, wie es oft gerne gezeigt wird.

Die Darstellung der Schauspieler, die Inszenierung von Hansjörg Hack, die starken Bilder der Bühne und ihre mit Licht und Farbe erzeugte Tiefe, die Choreografie, in Purpurrot gewandete, rockig tanzende Kardinäle - all das ist gut gelungen. Auch die Musik- Mischung aus Rap, Rock, Pop, teils lateinischen Chorälen und den Klängen von Kirchenorgeln ist eingängig und harmonisch zusammengefügt.

Doch Stromberger bringt immer neue, immer unglaublichere Ideen. Er beschränkt sich nicht auf die Kritik an der Kirche, sondern holt in einem Rundumschlag aus zum Angriff auf sensationslüsterne Journalisten und skrupellose Forscher. Margarethe, die Edle, opfert sich als Ärztin in Afrika in einem Krankenhaus auf und erkrankt an einer gefährlichen Tropenkrankheit. Nach ihrer Genesung ist sie überraschend schwanger - aber nicht von ihrem Geliebten. Der Papst, angetrieben von der Wahnvorstellung eines in weißem Hemdchen und Dornenkrone seine Wiedergeburt fordernden Jesus (Marc Liebisch), hat mit dem unsympathischen Forscher Dr. Spin (Craig Lemont Walters) einen diabolischen Plan ausgeheckt: Seine Tochter soll, mit einem Klon aus Erbgut von Jesus Christus, eine neue Mutter Gottes werden.

Als Margarethe die Wahrheit über ihre Schwangerschaft erfährt, stürzt sie sich aus einem Fenster des Vatikans. Der Papst folgt endlich seinem Herzen, übrigens zeitgleich mit dem Sensationsjournalisten (Thomas Jutzler), der angesichts von Margarethes Tod seinen scheußlichen Job hinschmeißt. Anastasius Christus legt den Talar ab, zerbricht den Hirtenstab, fällt endlich seiner Eva in die Arme - da stößt der Kurienkardinal Cairoli (Ulrich Popp) mit dem halben Hirtenstab wie mit einem Dolch zu, der Papst stirbt in den Armen der Geliebten.

Schwarz und weiß ist die Darstellung des Vatikan auf der Bühne gehalten, schwarz-weiß die ganze Geschichte: Die hehren Ziele, die Forderungen nach einer besseren Welt ohne Armut, Gleichheit für alle und die Liebe als höchste Macht - all das verfocht bereits die 68-er, spätestens die Flower-Power-Generation. Etwas kläglich verhallt die revolutionäre Botschaft am Schluss: «Auch ein Papst hat ein Recht auf Liebe!» Im Namen des Vaters.