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Unterhaltung Unterhaltung: Frühlingsträume

Von ELKE RICHTER 17.04.2009, 19:01

Halle/MZ. - In den nächsten Wochen nämlich soll ihre neue Single in den Regalen der Plattengeschäfte stehen.

Es ist ein launiger Sommersong, an dem die grazile Frau mit der starken Stimme gerade arbeitet. Und insgeheim träumt der blonde Schlager-Star aus Sachsen-Anhalt davon, dass der neue Titel genau so ein Ohrwurm wird wie "Sommertraum", "Ich werde wieder lachen" oder "Denk ich an dich" - ihr letzter Erfolg. Und wenn es für das neue Lied einen Preis geben würde, so wie 1995, als Bianca Graf mit "Sommernacht am Lago Maggiore" in Aachen die "Deutsche Schlagertrophäe" einheimste, das fände sie natürlich auch ganz toll.

An einigen Stellen der neuen Single will die Künstlerin noch feilen. Und zwar so lange, bis ihre Interpretation Bestand hat auch vor ihrem schärfsten Kritiker. Das ist Edgar Plepp, Bianca Grafs Ehemann und seit Jahren auch ihr Manager und Tour-Begleiter. Der studierte Musiker und Jazz-Experte hat Anteil an der mehr als 25-jährigen Bühnenkarriere der 1,62 Meter großen Sängerin, die in der DDR zu den erfolgreichsten Interpreten gehörte und die auch in den späten 80er Jahren in der Bundesrepublik, etwa in der ZDF-Hitparade, gefeiert wurde.

Doch so weit in die Vergangenheit mag Bianka Graf eigentlich gar nicht mehr zurückblicken. Die bodenständig gebliebene Pop-Liebhaberin, die sich im jungen Einheitsdeutschland erfolgreich dagegen wehrte, in die Volksmusik-Schublade gesteckt zu werden, spricht lieber über die Gegenwart. Denn die ist für sie wichtig, genau so wie ihre Heimatstadt Wolfen, die die Sängerin im Jahr 2001 mit einer Ehrennadel auszeichnete.

Beim Kaffee in der gemütlichen Veranda schwelgt Bianca Graf allerdings dann doch noch einmal in Erinnerungen. Während sie dem zehn Wochen alten Pudel-Welpen Axel, der im Korbstuhl schläft, die schwarzen Locken krault, erzählt die Königin der Balladen von ihrer Oma Martha. Die schenkte der damals Dreijährigen eine Mundharmonika und amüsierte sich, weil Bianca statt zu spielen, inbrünstig Töne reinsummte. Mit fünf bekam das in Wittenberg geborene Mädchen dann Klavierunterricht, mit neun folgte eine klassische Gesangsausbildung. "Mit 15 stand mein Berufswunsch felsenfest: Ich wollte unbedingt Sängerin werden", erzählt die sympathische Frau mit der frechen Kurz-Haarfrisur. Doch, wohl um die Eltern zu beruhigen, studierte Bianca nach dem Abi erst mal Pädagogik in Köthen. Nebenher jobbte sie in einer Band. Später folgte dann ein Studium der leichten Muse in Berlin. Mit dem Berufsausweis in der Tasche startete die Steinbock-Frau, unterstützt von Edgar Plepp, als "Bianca" ihre Karriere in der damaligen DDR. Sie sang in einer Band, trat an der Trasse am Ural auf und auf dem Traumschiff "Arkona".

Beim Thema Kreuzfahrt, da ist die Interpretin gefühlvoller Songs sofort wieder in der Gegenwart. Während die begeisterte Radfahrerin und geschickte Restauratorin antiker Möbel in der Veranda Kaffee nachschenkt, erzählt sie, dass sie sich inzwischen auf Tourneen auf Ozeanriesen spezialisiert hat. Ein bis zwei Mal im Jahr startet die Sängerin, die seit 2003 auch Rosenbotschafterin des Rosariums in Sangerhausen ist, auf Schiffen wie der "Princess of the Sea" zu mehrwöchigen Touren in alle Welt. Und manchmal passiert es dann auch, dass Bianca Graf in einem fast leeren Konzertsaal auftritt. "Einmal tobte vor der Insel Reunion ein heftiger Sturm. Fast alle an Bord waren seekrank. So sang ich am Abend vor nur drei Gästen. Ich war enttäuscht. Doch am nächsten Morgen kamen viele Passagiere zu mir und schwärmten von meinem Auftritt. Den hatten sie im Bordfernsehen in ihren Kabinen verfolgt", schmunzelt Bianca Graf und betont, dass sie so was gern in Kauf nimmt. Denn mit den Tourneen kann sie ihre beiden Leidenschaften verbinden: das Singen und das Reisen.

Später, auf dem Weg ins kleine Büro in der ersten Etage ihres Wolfener Wohnhauses, bleibt die Entertainerin vor einer großen Weltkarte stehen, die an die Wand gepinnt ist. Eine Vielzahl Punkte markieren, wo sie schon überall gewesen ist: Spitzbergen, Grönland, Malediven, Mauritius, Lima, Peru, Osterinseln, Bora Bora. Und immer wieder Afrika, ein Kontinent, der sie magisch anzieht. Den Bianca Graf ihre zweite Heimat nennt und dem sie ein Lied gewidmet hat: "Einmal in Afrika".

Mittlerweile war sie schon mehr als 20 Mal dort und hat den Titel auch in Englisch aufgenommen. Jetzt hofft sie, das es klappt mit der Einladung einer afrikanischen Firma zur Fußball-WM. Wenn nicht, gibt es einen anderen Grund, wieder gen Süden aufzubrechen. Denn auf Madagaskar wartet Anita, ihr 16 Jahre altes Patenkind.

"Vor zehn Jahren, als unser Schiff im Hafen festmachte, habe ich das Mädchen kennen gelernt. Und etwas Geld geschenkt für die Schulausbildung. Jedes Jahr, wenn unser Schiff anlegte, wartete Anita schon. Manchmal mit kleinen Zeichnungen oder beschriebenen Zetteln", erzählt Bianca Graf, die auf ein überaus erfolgreiches Jahrzehnt zurückblicken kann. So wurde sie zur "Künstlerin des Jahres 2005" gewählt. Fünf Alben hat sie aufgenommen, zwei DVDs und mehr als 30 Maxi-CDs. Und auf rund 180 Samplern sind ihre tanzbaren wie gefühlvollen Titel zu finden.

Doch die Frau mit den grünen Augen ist nicht nur musikalisch aktiv. Sie hat eine eigene Schmuck-Kollektion. "Zusammen mit einem Designer aus Ulm habe ich meine Vorstellungen von modernem Schmuck aus Titan mit Zirkonia verwirklicht", erzählt Bianca Graf, die sich zudem für soziale Projekte einsetzt. Kürzlich trat sie als einer der Stargäste auf einer Benefizgala in Homburg auf und spendete ihre Gage für die Aktion SOS-Kinderdörfer. Im Sommer wird die Künstlerin bei einem Fest in einer Bitterfelder Behindertenschule dabei sein. Bis dahin ist auch ihre neue Single fertig. Bianca Graf streift sich im Tonstudio unterm Dach die fetzige Biker-Jacke übers schwarze, tief dekolletierte Kleid und legt eine Musik-Kassette ein. Dann singt sie mit viel Gefühl ihren Sommersong. Während draußen, vor dem Verandafenster, der Frühling seine bunten Blüten zeigt.