Untergangsepos «Der Schwarm» Untergangsepos «Der Schwarm»: Aufstand aus der Unterwelt
Halle/MZ. - Wenige Stunden später nur wird der junge Fischer tot sein, sein Boot abgetrieben und die Welt nicht mehr dieselbe: Vor Peru ist aufgetaucht, was den Leser von Frank Schätzings Weltuntergangs-Opus "Der Schwarm" über knapp 1 000 Seiten in Atem halten wird.
Nein, es ist kein Buch wie jedes andere, das der 47-jährige Kölner abgeliefert hat. Schätzing, Chef einer Werbeagentur, taucht mit seiner Geschichte in den Grenzbereich zwischen Science-Faction und Action-Thriller, um aus wissenschaftlichen Fakten und Fantasie eine atemberaubend spannende Geschichte zu flechten. Die findet ihre Schauplätze und Helden rund um den Globus, an der norwegischen Küste und auf Island, im norwegischen Biologen Sigur Johannson und dem kanadischen Walforscher Leon Anawak. Und macht Schätzings Anspruch, globale Literatur zu schreiben, schnell deutlich. Hier geht es um die Welt, um die Menschheit, um ein Spiel ohne Grenzen.
Ohne Angst davor, mit Großmeistern wie Michael Crichton verglichen zu werden, wagt Frank Schätzing den großen Wurf: Wunderliche Borstenwürmer lässt er auf dem skandinavischen Kontinentalschelf an den Methanhydrat-Bergen nagen, die das Gleichgewicht der Tiefsee bewahren. Während die Wissenschaft rätselt, drehen die Wale durch. Es gibt Angriffe auf Schiffe, Tanker in Seenot, Bohrinseln versinken, Tornados fegen Flugzeuge vom Himmel. Zufall? Zusammenhang?
Ganz allmählich fügen sich die Ereignisse zu einem Bild. Es tobt ein Aufstand in der Tiefsee, eine Rebellion der Krabben, der mit Flugzeugträgern und Raketen so wenig beizukommen ist wie mit Gebeten.
Denn dort unten in dem Land in 5 000 Metern Tiefe, von dem Menschen weniger wissen als von der Rückseite des Mondes, hat der Schwarm beschlossen, dass es genug ist. Genug der Zerstörung der Umwelt, genug der Verseuchung der Meere. Der Mensch, meint die uralte Intelligenz aus Milliarden von Einzellern, ist ein Schädling, dessen Existenz die Existenz des Ökosystems Erde bedroht.
Selten war deutsche Unterhaltungsliteratur so ambitioniert, noch seltener so gelungen. Bei Frank Schätzing fällt der Wille, einen aufklärerischen Thriller zu schreiben, mit dem Vermögen zusammen, die richtigen Ideen in der rechten Art und Weise aneinanderfädeln zu können.
Im Ton der US-Vorbilder, jedoch aufgeladen mit einem Öko-Bewusstsein sehr europäischer Art, spart der Hobbymusiker nicht mit Actionszenen. Er lässt die Apokalypse walten, dass es nur so kracht, und opfert sogar große Teile seines bunten Personaltableaus, seine wenig frohe Botschaft an den Leser zu bringen: Wenn die Welt nicht wäre, was sie uns zu sein scheint, könnten wir nicht länger bleiben, was wir sind.