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Frankfurter Tatort "Tatort"-Kritik "Die Geschichte vom bösen Friederich"

Von Anne Burgmer 10.04.2016, 19:44
Nicholas Ofczarek hat den Psychopath Alexander Nolte glänzend und facettenreich gespielt.
Nicholas Ofczarek hat den Psychopath Alexander Nolte glänzend und facettenreich gespielt. HR/Pressestelle

Der Fall

Frankfurt - Resozialisierung sieht anders aus. Alexander Nolte (Nicholas Ofczarek) tötete vor 20 Jahren seine Freundin, nun wurde er aus der Haft entlassen. Keine gute Entscheidung, wie der Zuschauer von Beginn an weiß. Schon in der ersten Szene wütet Nolte, beherrscht von Gewaltfantasien, in seiner Wohnung herum, untermalt von Rammsteins „Asche zu Asche“. Hier hat einer viel Hass aufgestaut. Der gilt vor allem Anna Janneke (Margarita Broich). Die Kommissarin aus Frankfurt hatte einst als Polizeipsychologin  das Gutachten geschrieben, das Nolte die lebenslange Haftstrafe einbrachte. Nun kontaktiert Nolte Janneke und sie ahnt, dass hinter der geläuterten Fassade der Wahnsinn tobt. Da gerät der Mord an einem Obdachlosen für sie zunächst zur Nebensache. Darum kümmert sich vor allem Paul Brix (Wolfram Koch), der in diesem Krimi, dem dritten gemeinsamen Fall der beiden, sehr in den Hintergrund tritt.

Die Auflösung

Aufzulösen gibt es hier nicht so viel. Zumindest die Frage, wer der Täter ist, stellt sich dem Zuschauer nicht. Alle Morde gehen auf das Konto von Nolte. Spannend bleibt es aber bis zum Schluss, weil offen ist, ob Janneke und Brix Nolte noch rechtzeitig stoppen können. Das erledigt dann allerdings ausgerechnet die naive Therapeutin. Sie erschießt Nolte, als der sie erwürgen will.

Der Star des „Tatorts“

„Die Geschichte vom bösen Friederich“ heißt eine Erzählung im Struwwelpeter. Darin heißt es: „Der Friederich, der Friederich / Das war ein arger Wüterich  / Er fing die Fliegen in dem Haus / Und riß ihnen die Flügel aus. / Er schlug die Stühl' und Vögel tot, / Die Katzen litten große Not. / Und höre nur, wie bös er war:  / Er peitschte, ach, sein Gretchen gar!“ Das passt natürlich wie die Faust aufs Auge zu dem Bösewicht dieses „Tatorts“. Auch Alexander Nolte quälte schon als Kind Tiere und Mitschüler. Und die Boshaftigkeit hat er sich bewahrt. Wie Burgschauspieler Nicholas Ofczarek diesen von bizarren Gewaltfantasien Getriebenen darstellt, ist bemerkenswert. Zwischen vordergründiger Liebenswürdigkeit, hinter der jedoch immer der Abgrund lauert, und rasender Wut wechselt er mühelos hin und her. Natürlich hatten wir das alles schon mal: der hochintelligente und gefährliche Psychopath ist keine Erfindung dieses „Tatorts“, doch obwohl es manchmal arg klischeehaft wird, gelingt es Ofczarek, der bekannten Figur neue Facetten zu geben.

Die anderen Charaktere

Kommissar Brix bliebt in diesem Fall sehr blass, kommt nur am Rande vor. Alles, was zählt ist das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Nolte und Janneke. Ärgerlich ist die Figur Helene Kaufmann (Ursina Lardi), die Nolte alles abkauft. So naiv kann man eigentlich gar nicht sein. Und auch Noltes Chef Roland Burmeister (Sabin Tambrea) ist eigentlich eine interessante Figur, doch dieser Strang der Handlung verliert sich irgendwann im Nichts.

Die Musik

Musik spielt eine große Rolle in diesem „Tatort“. Es geht los mit Rammsteins „Asche zu Asche“, dort heißt es bedeutungsschwanger: „Ich komm wieder / In zehn Tagen / Als Dein Schatten / Und werd dich jagen.“ Es folgen beim Aufeinandertreffen mit der Kommissarin  Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen und eine eigens von Christine Aufderhaar komponierte und vom hr-Sinfonieorchester eingespielte Filmmusik. Viel Aufwand, der sich aber gelohnt hat.

Fazit

„Die Geschichte vom bösen Friederich“ (Regie: Hermine Huntgeburth, Buch: Volker Einrauch) lebt vom Duell des Mörders mit der Kommissarin. Er ist ihr in einer merkwürdigen Hass-Liebe verbunden, sie beobachtet ihn mit einer Mischung aus Faszination und Ekel. Es gibt einige Ungereimtheiten, Nolte wirkt an der einen oder anderen Stelle wie einem Handbuch für fiese Psychopathen entnommen, aber alles in allem war dieser „Tatort“ sehenswert.