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Kritik zum Kieler "Tatort" "Tatort" aus Kiel: Krimi voller schräger Figuren - muss man mögen

Von Anne Burgmer 19.03.2017, 20:54
Kommissar Borowski und Sarah Brandt stoßen in "Borowski und das dunkle Netz" auf einen grausamen Fund.
Kommissar Borowski und Sarah Brandt stoßen in "Borowski und das dunkle Netz" auf einen grausamen Fund. NDR

Die Anfangssequenz erinnerte an ein Ego-Shooter-Spiel. Ein Auftragskiller mit einer fiesen Wolfsmaske (ziemlich irre: Maximilian Brauer) betrat ein Fitnessstudio, auf der Suche nach seinem Opfer. Der Zuschauer erlebte die Szene aus der Perspektive des Mörders. Als dieser den Leiter der Spezialabteilung Cyber-Crime des Landeskriminalamtes Kiel, Jürgen Sternow, fand, erschoss er ihn. Der Verdacht lag nahe, dass der Mord mit den Ermittlungen Sternows zu tun hatte.

Während Sarah Brandt (Sibel Kekilli) als ehemalige Hackerin bestens vorbereitet war, um sich in den Untiefen des Darknet herumzutreiben, hatte Klaus Borowski (Axel Milberg) doch so seine Probleme, den Erklärungen der Internet-Experten zu folgen. Die Ermittlungen gestalteten sich schwierig, denn der Auftragsmörder, der im „dunklen Netz“ angeheuert worden war, hatte keine persönliche Verbindung zu Sternow. Wer im Hintergrund die Fäden zog, war zunächst völlig unklar.

Die Auflösung

Staatsanwalt Tom Austerlitz (Jochen Hägele) war von Anfang an ein bisschen zu freundlich, so was macht verdächtig. Am Ende stellte sich heraus, dass er sich ein wahres Bitcoin-Vermögen unter den Nagel reißen wollte, das die Experten der Cyber-Crime-Abteilung entdeckt hatten. Dafür räumte er erst eigenhändig einen pensionierten Ermittler aus dem Weg und gab dann den Mord an Sternow in Auftrag. Am Ende hätte dann auch noch fast Sarah Brandt dran glauben müssen, doch die wusste sich zu wehren – und breitete Austerlitz ein sehr unschönes Ende in einer Tierfalle.

Die Nebenrollen

Borowski und Brandt ermittelten in diesem „Tatort“ in gewohnter Rollenverteilung und gut eingespielt, da wurde deutlich, dass es ein echter Verlust ist, dass Sibel Kekilli aussteigt. Doch die Kommissare waren in diesem „Tatort“ beinahe Nebenfiguren. Denn dieser Krimi war voll von äußerst abseitigen Figuren. Ob Sternows Kollegen (Yung Ngo und Mirco Kreibich), die genau die Nerds waren, die man in einem solchen Umfeld erwartet oder der Chef des LKA – so richtig normale Leute suchte man vergeblich.

Besonders auffällig waren jedoch Maximilian Brauer als völlig durchgeknallter Auftragskiller, der sich die Hand mit Klebeband umwickelte, nachdem er sich den Finger versehentlich abgetrennt hatte und Svenja Hermuth als Rezeptionistin Rosi. Die spülte den abgetrennten Finger in der Toilette runter, und legte sich dann nackt zu dem völlig weggetretenen Killer ins Bett. Wer schräge Figuren liebt, war bei diesem „Tatort“ auf jeden Fall goldrichtig.

Fazit

Cyberkriminalität haben sich auch schon andere Krimis gewidmet – mit unterschiedlichem Erfolg. Nun wagte sich David Wnendt an das Thema. Er wurde bekannt durch Kinofilme wie „Feuchtgebiete“ und „Er ist wieder da“, bei „Borowski und das dunkle Netz“ führte er zum ersten Mal Regie bei einem „Tatort“. Und hat auch gleich noch das Drehbuch (mit Thomas Wendrich) geschrieben.

Die Darstellung der virtuellen Welten gelang Wnendt gut, er erzählte zudem mit Tempo, hatte viele schräge Einfälle, doch waren seine Charaktere arg überzeichnet. Das muss man mögen. Das größte Problem war jedoch, dass Wnendt sich anscheinend nicht so richtig entscheiden konnte, was dieser Film denn nun eigentlich sein sollte. Ein Thriller, der sich ernsthaft mit Cyberkriminalität auseinandersetzt? Oder vielleicht doch eher eine Satire auf Krimis, die genau das versuchen? Eins ist sicher: Dieser „Tatort“ polarisierte.