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Martin Schulz bei "Anne Will" SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bei "Anne Will": "Ich bin faktisch der bessere Kandidat"

Von Melanie Reinsch 29.01.2017, 23:00

Berlin - Es gab erst einmal Lob. Lob für „meinen Freund Sigmar“, so der designierte Parteivorsitzende Martin Schulz (SPD), der als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf ziehen soll. Sigmar Gabriel (SPD) habe entschieden, sich zurückzuziehen, weil er erkannt habe, dass er nicht der beste Kandidat sei. „Eine große charakterliche Leistung, vorbildlich“, schwärmte Schulz am Sonntagabend in der ARD-Talkshow Anne Will, die Schulz als alleinigen Gast zu sich ins Studio geladen hatte. Und: „Ich bin gefühlt und faktisch der bessere Kandidat“, erklärte Schulz selbstbewusst.

„Können Sie Kanzler, Herr Schulz?“, hieß die Sendung. Und man kann sagen: Zumindest will Schulz es. So ihm denn die Wähler helfen. Denn sie sind es, die Schulz in den kommenden acht Monaten von sich und seiner Partei überzeugen muss. „Wir haben eine realistische Chance. Wie können Wähler aus allen Lagern für uns gewinnen“, machte Schulz während Sendung immer wieder deutlich.

Schulz und der Kampf für die Gerechtigkeit

Doch deutlich liegt auch auf der Hand, wo das Problem liegen könnte, das nun auf ihn zukommt. Denn laut Umfragen des ARD-Trends wissen 65 Prozent der Befragten nicht, wofür Schulz als jahrelanger Präsident des Europäischen Parlaments in Brüssel eigentlich steht – in Deutschland.

Soziale Gerechtigkeit, das sei es wofür er stehe. Faire Mietenpolitik. Dass Menschen, die hart arbeiteten, davon auch leben könnten, dass sie mit einem normalen Einkommen keine Angst vor Altersarmut haben bräuchten. „Wer sich in diesem Land nicht an die Regeln hält, der muss daran erinnert werden. Egal ob es um Steuerflucht geht oder Menschen, die unsere Frauen begrapschen“, sagte Schulz. Jeder Einzelne  müsse ein würdiges Leben führen können. „Das müssen wir  glaubwürdig machen und dann auch liefern“, sagte er.

Vertrauensvorschuss für die SPD

Wie schwer das jedoch ist, zeigte die Verkäuferin Maurike Maaßen, die auch im Publikum saß. Sie ist enttäuscht aus der SPD ausgetreten und zu den Linken gewechselt, weil sie das Gefühl hat, dass die SPD nicht mehr ihre Interessen vertritt. Überzeugen konnte er sie nicht davon, Ende September wieder ihr Kreuz bei der SPD zu machen. Schulz bat um Vertrauensvorschuss, damit er zeigen könne, dass er etwas bewirken könne.

Dass Schulz im Kreuzverhör auch härter agieren kann, als man denkt, wurde bei der Debatte zum Mindestlohn deutlich. „Keine Unterbrechung, Frau Will“, sagte er plötzlich bestimmt und  gereizt, als Will ihn mehrmals unterbrach, weil er sich nicht festlegen wollte, ob und wie der Mindestlohn  sich entwickeln wird.

Zurück zu den SPD-Wurzeln

Für einen Sieg brauche er die SPD keinesfalls „kernsanieren“, sondern wolle wiederum verstärkt auf die traditionellen Werte der Sozialdemokraten setzen. Dazu gehöre auch, dass die SPD als demokratisches Bollwerk gegen rechte Kräfte eingesetzt werde. „Gegen Menschen, die in den Bundestag einziehen und das Holocaust-Mahnmal als Schande empfinden und gegen Menschen, die den Front National verehren“, machte er klar.

Falls Martin Schulz die SPD zur stärksten Partei in Deutschland machen kann, schließe er eine Koalition mit rechtsradikalen Kräften aus. Ob er sich ein rot-rot-grünes Bündnis vorstellen könne, ließ er offen. „Wer mit uns koalieren will muss auf uns zukommen“, erklärter er. Er habe auch Angst davor, zu scheitern, aber: „Wenn man in so einen Höllenritt startet, dann will man gewinnen. Ich bin zuversichtlich, dass ich das schaffe.“